Als einer der ersten Hersteller von Leitungshalbleitern, wird Panasonic in diesem Jahr mit der Serienproduktion von 600 V GaN-on-Silicon-Transistoren beginnen.
Zu den Zielapplikationen des GaN-on-Silicion-Pioniers, zählen vor allem Stromversorgungslösungen für den IT-Sektor. In den nächsten Jahren sollen dann vor allem Applikationen im Solar-, sowie im Automobilbereich folgen. Läuft alles nach Plan, dann, so Francois Perraud, Technical Marketing & Product Manager Semiconductors bei Panasonic Industrial Europe, »werden wir im Laufe der nächsten Monate die Serienfertigung von 600 V GaN-on-Silicon Leistungshalbleitern auf 6-Zoll-Wafern in unserem Werk Hokuriku starten«.
Bereits zum Jahresbeginn 2010 hatte das Unternehmen die Entwicklung eines 600 V Gate Injection Transistors (GITs) bekannt gegeben. »Wenn man so will«, erläutert Perraud, »handelt es sich bei unserem GaN-Leistungshalbleiter um eine Mischung aus Biploar- und Feldeffekttransistor«. Auf ein Silizium-Substrat wird mittels Metal Organic Chemical Vapor Depostion (MOCVD) eine Buffer-Struktur und darüber die GaN-Schicht aufgebracht. Die Super-Lattice-Buffer-Struktur sorgt dabei zum einen dafür, dass es den Entwicklern gelungen ist, den Current Collapse Effekt in Regionen über 800 V zu »verschieben«, und gleichzeitig für eine sehr spannungsfreie Verbindung der unterschiedlichen Kristallisationsformen von GaN und Silizium zu sorgen.
Panasonic liefert seit etwa einem Jahr Samples seines Normally-Off-Transistors an Key-Kunden und Partner, die den Einsatz der 600 V GaN-Leistungshalbleiter in den unterschiedlichsten Applikationen erproben. Die Entwickler profitieren bei ihren Versuchen dabei nicht nur von den hohen Schaltfrequenzen, der hohen Elektronenmobilität, den geringen parasitären Effekten, oder der niedrigen Gate-Ladung von nur 11 nC, und der Tatsache, dass sie auf den Einsatz einer Reverse-Recovery-Diode verzichten können, sie profitieren auch davon, dass Panasonic diese Bausteine mit einer Durchlassspannung von 1,2 V in einem Standard-TO-220-Gehäuse anbietet und damit einen pinkompatiblen Ersatz klassischen MOSFET-Lösungen ermöglicht.
Kann ich das Bauteil problemlos in meine MOSFET-Schaltung einbauen? Das sei, so Perraud, sei die am häufigsten gestellte Frage, »und die erste Hürde ist bereits genommen, wenn wir versichern, dass sich unsere GITs mit den üblichen MOSFET-Treibern einsetzen lassen«. Die Testphase bei den Key-Kunden und Partnern, lieferte auch die Bestätigung, für das, was Experten bereits zuvor prognostiziert hatten: 600 V GaN-on-Silicon-Leistungshalbleiter eignen sich hervorragend zur Realisierung resonant arbeitender Schaltungen, seien es nun Totem-Pole-PFC-Schaltungen, oder LLC-Schaltungen, wie sie in der Vergangenheit vor allem im Konsumerelektronikbereich, inzwischen aber immer häufiger auch im Bereich von Industriestromversorgungen zum Einsatz kommen.
Nach dem Start der Serienproduktion in den nächsten Monaten will Panasonic sein GaN-on-Silicon Portfolio zügig ausbauen. So wird es in absehbarer Zeit 600 V Ausführungen mit Schaltströmen von 10 bis 50 A geben. Parallel dazu soll der Sperrspannungsbereich erweitert werden, im Gespräch sind vorerst Schalter mit 750 V. »Ob wir hier noch höher gehen können hängt vor allem davon ab, ob es den Entwicklern gelingt, den Current Collapse Effekt in noch höhere Spannungsregionen zu schieben«, erläutert Perraud.
Bei der Entwicklung der verschiedenen Anwendungsmärkte folgt Panasonic einer klaren Roadmap. »Unser primäres Ziel ist der Einsatz dieser Schalter im Stromversorgungsbereich«, präzisiert Perraud, »als erstes gehen wir in diesem Zusammenhang den Server-Bereich in IT-Anwendungen an«. In etwa drei Jahren hält der Panasonic-Manager dann den Markteintritt im Solarinverter-Bereich für realistisch. Noch im Laufe dieses Jahrzehnts strebt Panasonic dann den Einsatz im Automobilbereich an, als konkrete Applikation nennt Perraud dabei Onboard-Charger für Elektro- und Hybridfahrzeuge.
Der Argumentationspfad zum Einsatz von GaN-on-Silicon-Schalter verläuft zweigleisig. In einer klassischen Stromversorgung eingesetzt, können die neuen Schalter gegenüber einer Silizium-basierten Lösung zu einer Halbierung des Gerätevolumen beitragen, gleichzeitig wird die Verlustleistung gegenüber einer Silizium-basierten Lösung aufgrund der niedrigeren On-Widerstände und der geringeren Schaltungsverluste halbiert. »Wenn ich mich als Entwickler für den Einsatz von GaN-on-Silicon-Leistungshalbleitern entscheide«, so Perraud, »kann ich mein Design einerseits dadurch optimieren, dass ich die hohe Schaltfrequenz, bei in etwa gleichbleibendem Wirkungsgrad dazu nutze, die umgebenden passiven Bauelemente zu verkleinern, und so Volumen und Gewicht zu sparen, oder indem ich die hohe Schalteffizienz dieser Bausteine dazu nutze, die Schaltverluste und damit verbunden die notwendige Kühltechnik zu minimieren und so zu einer Verkleinerung des Endproduktes beitrage«.
Fazit: Überall dort, wo geringes Gewicht oder kompakte Bauweise zwingend nötig sind, können hochfrequente Schaltungen mit GaN-on-Silicon-Transistoren ihre Vorteile ausspielen.