Akquisition für 3 Mrd. Dollar

Infineon kauft International Rectifier

20. August 2014, 18:51 Uhr | Frank Riemenschneider
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Kommentar: Ein Wagnis mit großen Chancen

Frank Riemenschneider, Elektronik
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Mit dem Angebot an die Anteilseigner des US-Konkurrenten International Rectifier am Mittwochabend kann Infineon sich in eine neue Sphäre katapultieren: Die Neubiberger werden zu einer 5-Mrd.-Euro-Company.

Inhaltlich macht der Kauf Sinn: Die Produktpaletten ergänzen sich nicht nur tatsächlich gut, zudem werden die zwei größten Problemfelder von Infineon beseitigt: Das immer noch in ungesundem Masstab überrepräsentierte Direktkundengeschäft mit Großkonzernen und das Verschlafen der Galliumnitrid-Technologie. Bei GaN ist IRF führend, der Verkauf über die Distribution an kleine und mittlere Firmen dominiert das Geschäft der Amerikaner.

Außerdem garantiert der Zukauf dort regionalen Rückenwind, wo Infineon unterrepräsentiert ist: im Technologie-Mekka an der US-Westküste, auch im wichtigsten Markt China, den CEO Ploss ja dieses Jahr schon zweimal mit Wirtschaftsminister Gabriel und Kanzlerin Merkel bereist hat, verspricht IRF weiteres Wachstum.

Positiv ist auch, dass Infineon mit dem Cash-Eigenanteil von nur 800 Mill. Euro ausreichend Polster bleibt, um aktionsfähig zu sein.

Der Kaufpreis - und dies ist die andere Seite der Medaille - ist allerdings mehr als  ambitioniert. Selbst für US-Verhältnisse ist der Aufschlag auf den Rectifier-Aktienkurs von 50 % hoch. Dieses Geld muss erst einmal verdient werden, zudem gibt es für Infineon keine Erfahrungswerte.

Blick in Infineons 300-mm-Fab

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Ein noch größeres Risiko steckt allerdings in IRFs derzeitiger Restrukturierung. In dieser Lage kann man wunderbare bunte Powerpoint-Folien mit Gewinnsteigerungspotenzialen malen, doch Papier ist bekanntlich geduldig. Für Vorstandschef Ploss kommt es jetzt darauf an, aus den Fehlern von Wettbewerber Renesas, den zwei missgemanagte Merger ohne Staatshilfe fast in den Ruin getrieben hätten, zu lernen und ein konsequentes Kostenmanagement zu betreiben.

Dies heißt konkret, IRF zeitnah in die bestehende Infineon-Organisation zu integrieren, Doppelfunktionen zu eliminieren und vor allen Dingen IRF-Produkte so schnell wie möglich aus den vergleichsweise ineffizienten Fabs auf Infineons 300-mm-Linie nach Dresden zu bringen, um zumindest einige der 8 derzeitigen IRF-Fabs schließen und die diesbezüglichen Fixkosten eliminieren zu können.

Das Wagnis ist offensichtlich - aber die Chancen sind mindestens so gut. Wie sich der Kauf auszahlt, hängt im Wesentlichen davon ab, wie gut die Integration gelingt. Der Vorstand wird sich in für ihn neuem Terrain beweisen müssen. Die Anleger gaben Ploss und seinen Kollegen keinen Vertrauensvorschuss: Nach Bekanntgabe der Akquisition gab der Aktienkurs nach. Es liegt nun an ihnen, die Skeptiker an der Börse eines Besseren zu belehren.


  1. Infineon kauft International Rectifier
  2. Kommentar: Ein Wagnis mit großen Chancen
  3. Statement des ehemaligen IRF-CEOs und Sohn des Firmengründers

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