Bausteine mit Überspannungsschutz (OVP: Over-Voltage Protection)
Ein weiteres Problem tritt auf, wenn Stromversorgungsleitungen im gleichen Kabelkanal verlegt werden wie die Datenleitungen. Verdrahtungsfehler, Wackelkontakte oder sogar Lötreste können einen Kontakt zwischen Stromleitung und Datenverbindung auf der Leiterplatte oder im Stecker verursachen. Da industrielle Stromversorgungen meist mehr als 20 V bereitstellen, würde ein ungeschützter Standard-RS-485-Transceiver bei einem Kontakt mit einer Datenleitung zerstört. Ein überspannungs- oder fehlergeschützter Transceiver sorgt dafür, dass RS-485-Busanschlüsse Spannungen überstehen, die wesentlich höher sind als im RS-485-Standard vorgegeben.
OVP-Bausteine wie der ISL3243XE und ISL3249XE bieten Überspannungsschutz von ±40 bis ±60 V und einen weiten Gleichtaktbereich (CMR), der im Vergleich zum RS-485-Standard doppelt so groß ist. Ein größerer CMR ist immun gegen hohe Gleichtaktspannungen, die in langen Netzwerken oder rauschbehafteten Umgebungen regelmäßig auftreten.
Intersils OVP-Bausteine sind mit CMR-Werten von ±15 bis ±25 V ausgewiesen. Das heißt, dass Treiber und Empfänger selbst bei großen Gleichtaktspannungen noch miteinander kommunizieren können.
Ein wesentlicher Vorteil von Busanschlüssen, die höhere Spannungen vertragen, besteht im einfachen Design der Schutznetzwerke. Wenn DC- oder transiente Überspannungen die Nennspannung eines Transceiver-Busanschlusses überschreiten, müssen externe Schutzbausteine wie TVS-Dioden (TVS; Transient Voltage Suppressor) in das Transceiver-Design eingefügt werden.
Der asymmetrische Spannungsbereich des Standard-CMR (-7 bis +12 V) erschwert den Einsatz bidirektionaler TVS-Komponenten. Mit einer ±12V-TVS-Diode sind negative Spannungen möglich, die die -7V-Grenze des Transceivers überschreiten, während eine ±7V-TVS-Diode den standardmäßigen +CMR-Wert um 40 Prozent verringert. Umgekehrt passen die symmetrischen Busanschluss-Spannungen der OVP-Transceiver zu bidirektionalem TVS-Dioden. Durch den zusätzlichen Spielraum zwischen der TVS-Klemmspannung und der Spannung, die den Busanschluss beschädigt, ist der Schutz zudem robuster. Um einen OVP-Baustein mit einem CMR von ±25 V zu schützen, sollte ein bidirektionaler TVS mit Klemmspannungen ausserhalb ±25 V und innerhalb des OVP-Bereichs gewählt werden.
Zu beachten ist, dass die TVS-Klemm-Spannungen oft 50 Prozent höher als ihre Stand-Off Sperrspannungen sind. Also sollte die niedrigste TVS-Spannung gewählt werden, die den erforderlichen CMR ermöglicht. TVS-Spannungen im Bereich ±25 bis ±40 V bieten im Allgemeinen einen guten Schutz für ±60V OVP ICs.
Zusammen mit dem ±16,5 kV HBM ESD machen der Überspannungsschutz und der weite CMR die Bausteine zu den robustesten RS-485-Transceivern am Markt. Sie bieten sämtliche neue Funktionen, sind also FFS und stellen nur 1/4 der Einheitslast (UL) am Bus dar.