»Wir verfolgen einen Cloud-first-Ansatz«

Trends bei der Entwicklung software-definierter Systeme

25. Juni 2025, 14:19 Uhr | Andreas Knoll
João Pereira, QNX: »Die Entwicklung software-definierter Systeme hat einen tiefgreifenden Wandel durchlaufen.«
© QNX

Sowohl Fahrzeuge als auch Geräte und Maschinen sind zunehmend von der Software bestimmt – die Rede ist von »Software-Defined Vehicle« oder »Software-Defined X«. Doch was folgt daraus für den Entwicklungsprozess? João Pereira, Director EMEA, General Embedded Markets bei QNX, informiert.

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Markt&Technik: Wie läuft der Entwicklungsprozess für die Hardware- und Software-Entwicklung von Software-Defined Vehicles oder Software-Defined X ab?

João Pereira: Die Entwicklung software-definierter Systeme hat einen tiefgreifenden Wandel in verschiedenen Bereichen durchlaufen – besonders bei Fahrzeugen, industrieller Automatisierung und Medizingeräten. Traditionell wurden Hardware und Software parallel entwickelt, weitgehend geschah dies aber isoliert voneinander. Dabei wurde die Software eng an spezifische Hardware-Konfigurationen gekoppelt. Heutzutage konzentrieren sich diese Prozesse jedoch immer mehr auf die Software. Bei QNX sehen wir diesen Wandel als natürliche Evolution, die durch den Bedarf an Flexibilität, Skalierbarkeit und schneller Innovation vorangetrieben wird.


Welche Software-Tools sind dafür notwendig?

Die Bandbreite an Tools ist inzwischen überaus umfangreich geworden. Entwickler nutzen etwa integrierte Entwicklungsumgebungen, Simulationstools, statische und dynamische Code-Analyzer sowie CI/CD-Pipelines, die Tests und Deployment automatisieren. Sämtliche Tools müssen strenge Safety- und Security-Standards unterstützen, besonders in der Automotive-Branche oder bei industriellen Steuerungen, wo keine Ausfälle passieren dürfen.


Was sind die Hardware-Voraussetzungen?

Mittlerweile sind die Grenzen zwischen Software und Hardware fließend. In der Praxis beginnt die Entwicklung zunehmend mit einer robusten Software-Architektur, die von der zugrundeliegenden Hardware abstrahiert. Hier spielen Echtzeit-Betriebssysteme eine entscheidende Rolle, weil sie deterministische Performance, Sicherheitszertifizierung und Hardware-Abstraktion bieten. Entwickler können damit beginnen, Anwendungen zu erstellen und zu testen, lange bevor die finale Hardware verfügbar ist – mithilfe virtueller Umgebungen und digitaler Zwillinge, die reale Bedingungen simulieren.


Welche Herausforderungen bestehen für den Entwicklungsprozess und die Entwickler der Software-Tools jetzt und in absehbarer Zukunft?

Üblicherweise bestehen sie darin, komplexe Systeme zu verwalten und verschiedene Software-Stacks zu integrieren. Zusätzlich sollte darauf geachtet werden, die Performance in Echtzeit zu gewährleisten und die sich ständig verändernden Standards zu Safety und Cybersecurity einzuhalten. Zu beachten ist auch, dass sich Branchen kontinuierlich weiterentwickeln. Daher wird die Nachfrage nach qualifizierten Entwicklern steigen, die sowohl Embedded-Systeme als auch moderne Software-Praktiken verstehen.


Welche Möglichkeiten bietet die Hardware- und Software-Entwicklung von Software-Defined Vehicles und Software-Defined X in der Cloud jetzt und in absehbarer Zukunft?

Die cloudbasierte Entwicklung hat neue Möglichkeiten für die Embedded-Industrie eröffnet. Bei QNX sehen wir die Cloud beispielsweise als Speicherort für Code. Aber sie unterstützt ebenso als dynamische Umgebung für Zusammenarbeit, Simulation und kontinuierliche Verbesserung. Entwickler können jetzt überall arbeiten und auf gemeinsame Umgebungen zugreifen. Damit hilft die Cloud bei der Versionskontrolle, bei automatisierten Tests und sogar bei Software-in-the-Loop-Simulationen. So lassen sich großskalierte Simulationen sowie Validierungen umsetzen und zahlreiche Szenarien testen.


Wie geht der Entwicklungsprozess in der Cloud vor sich?

Wichtig ist, dass die Cloud mehrere Schlüsselanforderungen der Entwicklung erfüllt: Sie benötigt etwa Low-Latency-Netzwerke für Echtzeit-Co-Simulation. Auch hohe Verfügbarkeit von Rechenressourcen sowie robuste Sicherheits- und Compliance-Frameworks sind meist notwendig. Die Integration mit Embedded-Toolchains ist essenziell, ebenso wie die Unterstützung von Datensouveränität und regulatorischer Compliance. Das ist besonders wichtig in hochregulierten Branchen mit strengen Datenanforderungen.


Welche Voraussetzungen muss die Cloud dafür erfüllen?

Für die Zukunft erwarten wir zwischen Cloud und Embedded-Entwicklung eine noch tiefgreifendere Integration. Cloud-native Entwicklungsumgebungen und Echtzeit-Kollaborationstools werden zum Standard. Sie sollten Innovationen beschleunigen und jene Sicherheit und Zuverlässigkeit gewährleisten, die für Embedded-Systeme erforderlich sind.


Inwieweit ist es möglich, die Hardware- und Software-Entwicklung sowie die Embedded-Software-/Embedded-KI-Anwendungen selbst von der Cloud an die Edge zu verlagern?

Bei der Beziehung zwischen Cloud- und Edge-Computing geht es nicht darum, etwas zu ersetzen. Vielmehr steht die richtige Balance im Vordergrund. In der Embedded-Welt sind Echtzeit-Performance und Zuverlässigkeit von großer Bedeutung. Das gilt vor allem bei sicherheitskritischen Anwendungen. Deshalb muss ein Großteil der Ausführung auch an der Edge stattfinden. Die Cloud spielt jedoch weiterhin eine wichtige Rolle. Einmal trainierte Modelle lassen sich an Edge-Geräte ausliefern, wo sie mit niedriger Latenz und ohne Abhängigkeit von ständiger Connectivity arbeiten. Dieser hybride Ansatz ermöglicht kontinuierliche Verbesserung: An der Edge gesammelte Daten lassen sich zur Verfeinerung von Modellen in der Cloud verwenden, die dann durch sichere Over-the-Air-Updates zurück an die Edge übertragen werden.


Welche Vorteile hat eine lokale Embedded-Software-/Embedded-KI-Infrastruktur im Vergleich zu cloudbasierten Lösungen?

Eine lokale Embedded-Infrastruktur bietet mehrere Vorteile: Sie gewährleistet deterministische Performance, schützt sensible Daten und ermöglicht den Betrieb in Umgebungen, in denen die Connectivity begrenzt oder unzuverlässig ist. Eine Cloud-Infrastruktur punktet hingegen mit Skalierbarkeit und Flexibilität, wie sie für Entwicklung, Training und Analytik benötigt wird.


Wie lässt sich die Embedded-Software-/Embedded-KI-Infrastruktur auf Cloud und Edge verteilen?

Hierfür ist eine sorgfältige Orchestrierung notwendig. Das umfasst Containerisierung, sichere Kommunikationsprotokolle und robuste Update-Mechanismen. Bei QNX konzentrieren wir uns darauf, dieses hybride Modell zu ermöglichen. Ebenso stellen wir sicher, dass unsere RTOS- und Hypervisor-Technologien sowohl cloudverbundene als auch vollständig autonome Edge-Deployments unterstützen können.


QNX ist hauptsächlich als Echtzeit-Betriebssystem bekannt. Welche (Entwicklungs-)Tools bietet das Unternehmen darüber hinaus an? Welche Roadmap verfolgt das Unternehmen diesbezüglich?

Wir bieten High-Performance-Betriebssysteme, -Hypervisoren und -Middleware an. Unsere Lösungen und Entwicklungstools stellen sich komplexen Herausforderungen in den unterschiedlichsten Branchen und vereinfachen sie. Dazu zählen Automotive, Medizingeräte, industrielle Steuerungen, Robotik, Nutzfahrzeuge, Schienenverkehr sowie Luft- und Raumfahrt und Verteidigung. Bei QNX konzentrieren wir uns darauf, einen Cloud-first-Ansatz zu verfolgen. Unser Ziel ist es, Hardware-Abhängigkeiten zu reduzieren und die Effizienz zu steigern. Das gelingt uns durch Innovationen wie High-Performance-Computing an der Edge, standardbasierte Virtualisierungstechniken und Cloud-Enablement.

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