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SiPs zu Standardprodukten

28. April 2023, 9:30 Uhr | Heinz Arnold
Der Aufbau der »OSDZU3«-Familie von Octavo auf Basis des »Zynq UltraScale+ MPSoC« von AMD/Xilinx als Bare Die.
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Systems in Package machen laut Octavo aus Systems on Module Standardprodukte, die die Entwicklung auf Prozessoren und FPGAs basierender Subsysteme vereinfachen und dramatisch beschleunigen können.

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Kleine Bauform, günstige Kosten, anwendungsfreundlich – Systems in Package (SiPs) zu entwickeln und als Standardprodukte auf den Markt zu bringen ist das Ziel von Octavo. Wer vor der Aufgabe steht, die neusten Prozessoren und FPGAs plus der dazu erforderlichen Speichersysteme (DRAM, Flash, EEPROM), Power-Management-Einheiten, Oszillatoren sowie der erforderlichen passiven Komponenten zu einem leistungsfähigen System integrieren zu müssen, weiß, wie komplex die Aufgabe ist.

Häufig entstehen dann Systems on Module (SoMs), die sich durch eine relativ kleine Bauformen und einen hohen Integrationsgrad auszeichnen. »Doch das ist aufwendig und dauert lange, denn die Firmen, die diese SoMs entwickeln, müssen sich mit vielen Aufgaben herumschlagen, die nicht zu ihrem Kern-Know-how gehören und ihnen schlussendlich auch keine Differenzierung bringen. Diese Aufgaben können wir übernehmen – im Gegenzug erhalten die Firmen, die die hohe Rechenleistung benötigen, schnell die erforderlichen Produkte in Form von kleinen SiPs«, erklärt Greg Sheridan, VP Strategy and Marketing von Octavo, im Gespräch mit Markt&Technik.

Was er damit meint, erklärt er am Beispiel der »OSDZU3«-Familie. Auf diesen SiPs sind ein »Zynq UltraScale+ MPSoC« von AMD/Xilinx als Bare Die, LPDDR4-DRAMs mit einer Speicherkapazität bis zu 2 GB, QSPI-Flash, EEPROMs, zwei PMICs von Infineon (IRPS5401), zwei Oszillatoren und die passiven Komponenten integriert – alles zusammen in einem 400 mm × 20,5 mm großen BGA-Gehäuse. »Das ersetzt ein 6-Layer-SoM plus eine 6-Layer-Carrier-Card, die bisher dafür erforderlich waren«, sagt Erik Welsh, CTO von Octavo. »Das spart neben Aufwand und Entwicklungszeit mehr als die Hälfte des bisher benötigten Platzes.«

Um die kleine Bauform realisieren zu können, hat Octavo eine Leiterplatte mit 14 Lagen entwickelt, auf der die Komponenten aufgebracht werden. Gefertigt wird das Ganze bei den OSAT-Partnern von Octavo in Asien. Das BGA-Gehäuse ist mit 600 Balls versehen, die einen relativ großzügigen Pitch von 1 mm aufweisen, sodass sie einfach zu verabeiten sind – auf einer kostengünstigen vierlagigen Leiterplatte. »Ende des zweiten Quartals startet die Produktion in Stückzahlen, ein Reference-Board dazu bieten wir ebenfalls an«, so Welsh.

Ganz neu auf der embedded world 2023 hat Octavo ihre SiP-Familie »OSD62x« vorgestellt. Das Herz bildet der AM62x-Prozessor von TI, der wiederum aus einem Quad-Arm-Cortex-A53 (bis 1,4 GHz) plus Cortex M4F (400 MHz) besteht. Zusammen mit den Speichern (LPDDR4), 4 kB EEPROM, den Oszillatoren und dem PMIC 65219 von TI bildet das SiP einen Hochleistungs-Baustein für den Einsatz in einer Vielzahl von Einsatzgebieten. Dazu zählen Automatisierungstechnik und Industriesteuerungen, IoT-Gateways, KI an der Edge und viele weitere Low-Power-Systeme, bei denen es auf eine hohe Leistungsfähigkeit ankommt. Dabei haben die Kunden nicht zuletzt viele spezifische Anpassungsmöglichkeiten auf Basis der zusätzlich integrierbaren programmierbaren Logik (FPGAs/CPLDs), Real-Time-Clocks und A/D-Wandler. Dieses SiP hat Octavo in einem 22 mm × 22 mm großen BGA untergebracht, das einen Ball-Pitch von 1 mm aufweist.

Wem es vor allem auf eine kleine Bauform ankommt, für den stellt Octavo den AM62x plus LPDDR4-DRAMs sowie die erforderlichen passiven Komponenten auch in einer abgespeckten Version an, die in einem BGA mit einer Fläche von 14 mm × 9 mm steckt. Der Pitch zwischen den Balls liegt hier bei 0,5 mm. Muster der »OSD62x«-Familie werden Ende des Jahres erhältlich sein.

»Die Stärke unserer Methode besteht nicht nur darin, dass wir die Baugröße um mindestens 60 Prozent reduzieren können, sondern die Zeit bis zur Markteinführung neuer Produkte um bis zu neun Monate!«, sagt Sheridian. »Und das bei einer Kostenstruktur, die der von diskreten ICs entspricht, nicht der von SoMs.«

In der Zeit der Knappheit hat sich laut Sheridian ein zweiter Vorteil der SiP-Methode von Octavo sehr deutlich gezeigt: »Weil wir gute Beziehungen zu den Zulieferern haben, können wir die Supply-Chain besser managen als die meisten Hersteller von SoMs, die nur relativ geringe Stückzahlen abnehmen. Immerhin sitzen auf einem »OSDZU3« rund 120 verschiedene Komponenten.« Ergebnis über die vergangenen Jahre: Gegenüber den Herstellern von SoMs hätten die Lieferzeiten um die Hälfte kürzer gelegen. Deshalb habe Corona und die empfindlichen Störungen in der Lieferkette Octavo nicht geschadet, sondern im Gegenteil geholfen: »Von 2021 auf 2022 konnten wir unseren Gewinn verdreifachen, dieses Jahr liegen wir auf ähnlichem Kurs«, so Sheridian.

Umso mehr ist er überzeugt davon, die SiPs jetzt in die Masse bringen zu können. Damit das klappt, arbeitet Octavo an der Standardisierung der SiPs kräftig mit. Die Gründer des Unternehmens, die von TI kommen, hätten ein besonders Interesse daran, die SiPs auf ein ähnliches Standard-Niveau wie die ICs zu heben. »Wir arbeiten in den entsprechenden Standardisierungsorganisationen mit«, erklärt Walsh. »Wir wollen im Grunde Mikroprozessoren verkaufen und vereinfachen den Anwendern den Umgang mit ihnen. Dazu ist die Methode, sie als SiPs zu konfigurieren, genau richtig. Die Anwender können sich darauf konzentrieren, ihre Produkte zu differenzieren, wir übernehmen das, was nicht zu ihrem Kern-Know-how gehört – und das zu einem interessanten Preis.«

Eine wichtige Rolle spielt dabei die Distribution, die heute bereits zu 50 Prozent zum Umsatz beiträgt. »Das ist auch deshalb wichtig, weil die Distribution entscheidend dazu beiträgt, den SiP-Ansatz in der Industrie voranzutreiben und den potenziellen Anwendern die Vorteile von der kleinen Bauform über die geringeren Kosten bis zur schnelleren Markteinführung bewusst zu machen.« 

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