Kontron forciert das Thema »I/O« für Industriecomputer und Embedded-Systeme: Zwei neue Baugruppen nutzen FPGAs für eine größere Flexibilität und eine neue Middleware vereinfacht den Hardware-Zugriff.
»Flexibilität braucht Standards« ist Kontrons Maxime, die zur parallelen Einführung einer standardisierten API für den I/O-Zugriff bei gleichzeitiger Ausdehnung der I/O-Funktionalität durch FPGAs auf x86-Plattformen führte. Doch das eine habe ursächlich nicht direkt etwas mit dem anderen zu tun. Zum einen will Kontron den Kunden mehr Komfort bei der Implementierung von Standardbaugruppen bieten und die Migrationen von einem Board zum nächsten - oder gar über Formfaktoren hinweg - erleichtern. Zum anderen will das Unternehmen auch den Trend zu flexibel programmierbaren FPGAs unterstützen, die es ermöglichen, sowohl ältere Schnittstellen als auch ganz spezielle industrielle I/O-Anforderungen effizient umzusetzen.
Dennoch ist das Zusammentreffen beider Maßnahmen besonders passend, denn es unterstreicht eindrucksvoll, wie bedeutend eine standardisierte Middleware ist: Zumeist erfahren Hardware-Spezialisten erst bei der Entwicklung, ob Boards - trotz identischer Funktionen gemäß Datenblatt - komplizierter oder einfacher zu implementieren sind. Beim Thema FPGA erkennt aber selbst ein Laie ohne Probleme, dass es bei identischer Hardware auf die FPGA-Programmierung des Hardwarelieferanten ankommt, denn alleine dieses bestimmt am Ende, ob die Schnittstelle beispielsweise ein Standard-Ethernet-Port oder aber eine Profinet-Schnittstelle ist. Ist hierbei - ganz gleich welche Schnittstelle es nun wirklich ist - die Implementierung besonders komfortabel zu handhaben, sparen Entwickler viel Zeit und damit F&E-Aufwand. Ist die Implementierung zudem bei allen Standardformfaktoren und Prozessorimplementierungen identisch ausgelegt, kann man sehr komfortabel auch über Technologieplattformen hinweg migrieren. Insofern sind beide Schnittstellen-Tunings vom zu erwartenden Nutzwert für Kunden sehr beachtlich.
Technisch besonders interessant ist die FPGA-Implementierung, da sich hieraus viele neue Optionen ergeben. Attraktiv ist zudem die Tatsache, dass der FPGA-Chip bei Kontrons neuem PCIe/104-Board »Microspace MSMST« zusammen mit dem Atom-Prozessor auf einem Multi-Chip-Modul von Intel implementiert ist, sodass diese Implementierung vollen Intel-Support mit entsprechender Roadmap bietet und damit zu einer Mainstream-Lösung im Low-Power-Segment werden kann. Der Single Board Computer (SBC) nutzt so mit Intels »E600C«-Serie eine Atom-CPU, die intern über PCI-Express mit Alteras »Arria II« verbunden ist. Der PC/104-Formfaktor wurde dabei von Kontron gezielt ausgewählt, da die Spezifikation die Nutzung von Steckverbindern kaum einschränkt. So findet dann auch die von Altera entwickelte High-Speed-Mezzanine-Card-Schnittstelle (HSMC) Platz, die für kundenspezifischen I/Os zuständig ist. Bereits validierte Konfigurations-Bitstreams sind beispielsweise für industrielle I/O wie CAN-Bus, serielle Schnittstellen (SPI Master, UART) sowie PCI-Express, I2C und GPIO verfügbar. Weitere industrielle FPGA-Konfigurationen befinden sich laut Kontron in der Entwicklung und werden im Laufe der Zeit bereitgestellt. Für noch dediziertere I/Os bietet Kontron zudem FPGA-IP-Erstellung, Validierung und Verifikation als Softwaredienstleistung an.
Damit wird der Weg frei hin zu noch kompakteren und kosteneffizienteren dedizierten Applikationen, die lediglich durch geänderte FPGA-Programmierung einen neuen Funktionsumfang bekommen können. Für Kunden bedeutet das aber auch schnellere Upgrades, mehr Flexibilität bei der Auslegung und zudem auch langzeitgesicherte IP-Verfügbarkeit über Lebenszyklen mehrerer Prozessorgenerationen hinweg. Gleichzeitig bietet sich für Kunden mit hohem Individualisierungsbedarf die Option, solche Differenzierungen auf multifunktionalen Standardplattformen lediglich über Software umzusetzen und so den Einsatz dieser IP langfristig zu sichern. In der Summe bietet eine solche Plattform mehr Flexibilität beispielsweise für Industrial-Ethernet-Implementierungen, Legacy-I/Os oder proprietäre Designs. Der HSMC-Steckplatz ist dabei interessant für die Evaluierung ganz individueller Designoptionen. Insofern positioniert sich der PCIe/104-SBC primär als Evaluierungs-Board für kundenspezifische OEM-Designs, die Kontron auch auf Basis von Intels konfigurierbaren Atom-Prozessor umsetzt. Es ist zudem aber auch als COTS-Lösung für kleine und mittlere Serien sinnvoll einsetzbar, da die Basis-I/O-Funktionen bereits implementiert wurden.