Als einer der ersten Hersteller präsentierte MSC Tuttlingen industrietaugliche Panel-Systeme mit Multitouch-Unterstützung. Dabei setzt das Unternehmen auf zwei unterschiedliche Technologien, um den Kunden die für ihre Applikation beste Multitouch-Lösung anzubieten: MFO-Touch (Multi Finger Operation) und Projective Capacitive Touch (PCT).
Vor drei Jahren war Touch-Bedienung nichts anderes als ein simpler »Ein-Finger-Mausersatz«. Erst das iPhone hat ein breites Bewusstsein dafür geschaffen, dass Touchscreens auch mit mehreren Fingern gleichzeitig und mit Gesten bedient werden können - mittlerweile zum Kultobjekt avanciert, hat es die Vorstellung vom Handy als mobilem Tausendsassa sehr stark mitgeprägt - besser als es der Begriff Smartphone bislang konnte.
Heute erwarten auch Maschinenhersteller und -bediener immer häufiger vergleichbare Bedienoberflächen und -konzepte. Multitouch ist dabei kein kurzfristiger Trend, sondern eine Selbstverständlichkeit, die jetzt auch die Fabrikhalle erreicht. Im Vergleich zu den konventionellen Singletouch-Anwendungen eröffnet die erweiterte Funktionalität dabei neue und einfachere Bedienkonzepte.
Neben der reinen, multitouch-fähigen Hardware müssen auch Betriebssystem und Anwendersoftware, zum Beispiel das SCADA-System, die Funktionen unterstützen. Windows 7 bietet jetzt als erstes Windows-Betriebssystem den vollen Multitouch-Support. Dieser umfasst sowohl die gleichzeitigen Erfassung mehrerer Touch-Punkte als auch Gestensteuerungen, zum Beispiel das Vergrößern von Bildern mit einer Spreizbewegung von zwei Fingern oder das Drehen von Objekten mit einer entsprechenden Rotationsbewegung.
Der MFO-Touch basiert auf analog-resistiver Technik. Diese ist ausgereift und arbeitet zuverlässig in unzähligen industriellen Anwendungen. Konstruktionsbedingt war an diesen Bildschirmen bisher die Mehrfingerbedienung nicht möglich, da bei gleichzeitiger Betätigung von zwei Positionen der Touch-Controller lediglich den Mittelwert der Positionsspannungen berechnet. Daher teilt MSC beim MFO-Touch die gesamte Bildschirmfläche in bis zu zwölf Zonen ein, die jede für sich einem analog-resistiven Singletouch entsprechen. Dieser Aufbau macht den Touch zum Beispiel geeignet für Anwendungen, die eine Aktionsbestätigung erfordern um Fehlbedienungen zu verhindern.
Weitere für den MFO-Touch besonders geeignete Einsatzfelder sind Schieberegler oder die Bedienung von Soft-Keys. MFO ist somit die richtige Technik für Embedded-Systeme mit positionsmäßig durchgängig gleich aufgebauten Prozessbildern. Neben der gleichmäßigen Aufteilung des Touchscreens sind für kundenspezifisch entwickelte Systeme auch gänzlich individuelle Touch-Zonen möglich. So kann ein Hersteller mit angepassten MFO-Touchscreens sein ganz eigenes, wiedererkennbares und vor allem sicheres Bedienkonzept aufsetzen.
Die Integration gestaltet sich bei Systemen, die bereits für einen analog-resistiven Touchscreen vorbereitet sind, denkbar einfach: Der MFO wird an Stelle des Singletouchscreens montiert. Lediglich ein anderer Touch-Controller und das breitere Anschlusskabel machen mechanische Anpassungen erforderlich.
Die volle Bewegungsfreiheit und Bedienung über Gesten ist bei der Mehrfeld-Unterteilung möglich, aber eventuell mit Einschränkungen verbunden, da immer mindestens zwei Felder involviert sein müssen. Für Anwendungen, die eher auf Gestensteuerung ausgerichtet sind, ist für MSC ein Touchscreen in Projective-Capacitive-Technologie die beste Lösung.
Mechanisch weist ein PCT gegenüber einem analog-resistiven Touch Vorteile auf. So benötigt er keine verschleißbehaftete Folie vor dem Display und die Glasoberfläche ist gut und einfach zu reinigen, was ihn zur idealen Lösung für hygienisch anspruchsvolle Anwendungen macht. Da ein PCT selbst hinter dickem (bis 10 mm), vandalensicherem Glas noch einwandfrei funktioniert und eine extrem lange Lebensdauer aufweist, eignet er sich auch besonders für alle Anwendungen, in denen eine analog-resistive Touchfolie nicht geeignet ist, z.B. in Umgebungen mit abrasiven Stäuben.
Die Integration eines kapazitiven Touchscreens ist allerdings mit größeren technischen Herausforderungen verbunden. Prinzipbedingt sind leitende Materialien wie der menschliche Finger notwendig, um die Touch-Position zu ermitteln. Im Gegensatz zu einem Smartphone besteht das Gehäuse eines industriellen Computersystems meist jedoch nicht aus Kunststoff, sondern aus Metall. Dadurch besteht also die Möglichkeit, dass die Funktionsfähigkeit eines PCT durch das Gehäuse beeinträchtigt werden kann.
Diesen Herausforderungen schenkt MSC daher von Anfang an konstruktiv Beachtung, um den Touchscreen funktionssicher zu integrieren. Als Partner für »Customized Computer Systems« begleitet das Unternehmen den Kunden frühzeitig bei der Einführung der Technologie. Der MFO-Touch wird als Option im Frühjahr verfügbar sein. Für kundenspezifische Lösungen im »Mixed Design« erarbeitet MSC momentan die ersten Umsetzungen mit Projective Capacitive Touch. Auf Grund der komplexeren Integration plant das Unternehmen die breite Serieneinführung innerhalb des Systembaukastens im Sommer 2011 - in kundenspezifischen Projekten wird die Technik jedoch schon früher integriert.
Wie auch immer in Zukunft die Maschinenbedienung mit Hilfe von Multitouch aussehen wird – die Bedienkonzepte werden tendenziell einfacher sein und neue Bedienmöglichkeiten entstehen, zum Beispiel der schnelle und intuitive Zoom von der Hallenübersicht bis in den einzelnen Schaltschrank oder das Abbilden realer Befehlsgeräte als Soft-Keys für eine sichere Zweihandbedienung.