Das Embedded-Unternehmen DFI entwickelt, produziert und vertreibt Embedded-Systeme nach aktuellen Anforderungen. Gerade das Thema der Nachhaltigkeit liegt dem Unternehmen sehr am Herzen. Im Interview erklärt Alexander Su, President von DFI, wie der Konzern interne und externe Maßgaben umsetzt.
Markt&Technik: Die Trends auf der diesjährigen embedded world waren Nachhaltigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Ressourceneffizienz. Wie definieren Sie diese Begriffe?
Alexander Su: Nachhaltigkeit heißt, die Bedürfnisse der Gegenwart zu befriedigen, ohne die Zukunft künftiger Generationen zu gefährden. Hierbei ist es erforderlich, Entscheidungen langfristig auf ihre ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen zu prüfen. Verantwortung bedeutet, dass Unternehmen sich für ihr eigenes Handeln verantwortlich fühlen und nachhaltig handeln. Man könnte sogar noch einen Schritt weiter gehen und Entscheidungen so gestalten, dass ökologische, soziale und wirtschaftliche Auswirkungen positiv ausfallen. Für das Unternehmen sorgt das für ein stabiles Arbeitsumfeld und erfüllt die soziale Verantwortung.
Was Ressourceneffizienz betrifft, so versuchen wir vor dem Hintergrund begrenzter globaler Ressourcen, unsere Folgen für die Umwelt zu minimieren und mit weniger Ressourcen mehr möglich zu machen. So führen wir beispielsweise über einen externen Prüfer eine Kohlenstoffbilanz durch. Von 2019 bis 2022 haben wir die Kohlenstoffemissionen unserer Zentrale real um 5 Prozent gesenkt und wurden für die Bemühungen von der Regierung von Taiwan ausgezeichnet.
Welchen Trends folgt DFI im Jahr 2023 und darüber hinaus?
Als Anbieter von Embedded-Motherboards und Industriecomputern entwickeln wir bei DFI Embedded-Produkte und integrieren sie in sogenannte AIoT-Applikationen, die KI, IoT und 5G verbinden. Hiermit möchten wir unsere Dienstleistungen optimieren und uns auf Edge-KI-Geschäftsfelder fokussieren. Zudem möchten wir bei Projekten mit verlässlichen Partnern zusammenarbeiten, um Embedded-Produkte für viele verschiedene Applikationen anbieten zu können.
Darüber hinaus bewegen wir uns weiter auf Sustainable-Development-Goals (SDGs) – also Ziele für nachhaltige Entwicklung – zu und untersuchen und verbessern Elemente des Managementsystems. Hierzu zählen das Beschaffen von Rohstoffen, Abläufe innerhalb der Lieferkette, die eigene Produktion, Abläufe im Unternehmen bis hin zu Vertrieb, Nutzen und Entsorgen eines Produktes. Intern haben wir fünf Hauptkonzepte entwickelt, die auf den drei Elementen einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung basieren: »grüne Produkte«, »grüner Betrieb«, »grüne Lieferkette«, »soziale Verantwortung« und »finanzielle Leistung«.
Welche Ziele verfolgen Sie technologisch sowie politisch?
Angetrieben von der weltweiten Nachfrage nach neuer Infrastruktur, der Automation von Anlagen sowie dem Aufstieg von generativem KI-Computing wie ChatGPT, ist die Nachfrage nach Software und Hardware weiter gestiegen. Hinzu kommen Trends wie Hochleistungs-Edge-Computing und -Server, schnelle Netzwerke und deren Sicherheit sowie GPU-Computing.
Wir konzentrieren uns weiterhin auf Applikationen wie Industrieautomation, Energiemanagement oder Rechenzentren. Gleichzeitig reagieren wir vorsichtig auf globale wirtschaftliche Herausforderungen, internationale Kriegssituationen und Lieferkettenunsicherheiten. Insgesamt blicken wir vorsichtig optimistisch in die Zukunft und sind bestrebt, unseren Kunden innovative und qualitativ hochwertige Produkte zu bieten.
Die Lieferkettenproblematik ist noch nicht ganz ausgestanden, verbessert sich jedoch zunehmends. Wie ist die Situation bei DFI – konnten Sie Ihre Produktion wieder hochfahren?
DFI hat den Produktionsstandort 2021 nach Taoyuan (Taiwan) verlagert. Wir haben jetzt insgesamt sechs Produktionslinien und konnten hiermit eine Kapazitätssteigerung von 30 Prozent erreichen. Zudem ist die neue Fabrik eine Smart Factory mit intelligenten Lagersystemen und fahrerlosen Fördersystemen. So verfügt die neue Produktionshalle über 773 einstellbare Regale mit 28 unbemannten Fahrzeugen. Hiermit kann der Bediener an einem festen Ort Material be- und entladen. Das unbemannte Fahrzeug transportiert das entsprechende Regal zum Bediener. So konnten wir die Effizienz des Materialflusses um 20 Prozent steigern (Bild 1).
Welche Punkte setzt DFI in Bezug auf nachhaltige Energieerzeugung in der Produktion und Logistikkette um?
Einerseits planen wir die Installation von Photovoltaikanlagen auf dem Dach des neuen Werkes in Taoyuan. Zudem möchten wir energieeffiziente Produkte und Geräte im Werk einsetzen, um einen Großteil des Energiebedarfs aus eigener Erzeugung decken zu können.
In der Produktion haben wir für jede Produktlinie Richtlinien für »grünes« Design formuliert, die sich an vier Designmerkmalen orientieren: Volumenreduzierung, Gefahrstoffmanagement, Energieeinsparung und Recycling. Hiermit möchten wir den während des Produktionsprozesses entstehenden Abfall reduzieren und die Energieeffizienz der Geräte verbessern. Für unsere Bestrebungen im Sinne der Nachhaltigkeit wurden wir von der Regierung von Taiwan mit einem Preis ausgezeichnet (Bild 2). Das betrifft vor allem die folgenden Punkte:
Mehr und mehr Applikationen müssen für 5G vorbereitet sein. Wie setzt DFI das um?
Wir haben uns in den letzten Jahren auf das Entwickeln von Edge-Computing-Produkten konzentriert, um die Chancen bei KI, IIoT und 5G zu nutzen. Sie müssen in der Lage sein, Daten in hoher Geschwindigkeit zu übertragen, und die Anforderungen and die Bandbreiten von 5G-Netzen erfüllen. Unser »EC70A-TGU« zum Beispiel, ein lüfterloses System für Mikrosysteme in der Chemieindustrie, wird von der energiesparenden 11. Generation des Intel-Core-Prozessors und einer internen GPU mit Xe-Architektur angetrieben. Er ist für KI-Aufgaben vorbereitet und unterstützt zeitkritische Applikationen mit geringer Latenz.
5G-Applikationen sind weltweit im Zuge neuer Infrastrukturprojekte nötig, um den Anforderungen intelligenter Städte gerecht zu werden. Zum Verbessern der öffentlichen Sicherheit und Lösen von Verkehrsproblemen bietet DFI nicht nur Embedded-Applikationen für 5G an, sondern arbeitet ebenso mit Partnern zusammen, um Technologien für die Netzwerksicherheit einzuführen.
Ein weiterer Trend ist KI. Entwickelt DFI eigene KI-Applikationen und, falls ja, für welche Anwendungsfelder?
KI und deren Anwendung in verschiedenen Bereichen wird immer bedeutender. Als ein globaler Anbieter von Embedded-Produkten erforschen und entwickeln wir ständig Technologien, die mit KI integrierbar sind. Unser neuestes »PCSF51«-1,8-Zoll-Industrie-Motherboard zum Beispiel verfügt über einen kompakten Industrial-Pi-Rahmen mit Maßen von lediglich 84 mm × 55 mm und basiert auf dem AMD-Ryzen-R2000-Hochleistungsprozessor. Es ist hiermit platzsparend und bietet Rechenfunktionen für visuelle Grafiken, KI-Edge-Computing und mehr. Außerdem verfügt das PCSF51 über Multi-Core-Prozessoren, die KI-Applikationen für Industrieautomation, Robotik, Edge-Computing und visuelle Systeme ermöglichen.
Der Raspberry Pi kommt immer mehr in der Industrie zum Einsatz. Haben Sie ein Produkt auf Raspberry-Pi-Basis im Angebot?
Unsere Industrial-Pi-Produkte besitzen die gleichen Maße wie ein Raspberry Pi, verfügen jedoch über eine höhere Rechenleistung, eine geringere Leistungsaufnahme, proprietäre Kühlarchitektur und sind lüfterlos ausgeführt. Sie bieten eine hohe Rechenleistung und Stabilität für industrielle Endgeräte und können Anwendern beim Entwickeln verschiedener Edge-Vision- und KI-Applikationen helfen.
Benutzerfreundlichkeit, Vielseitigkeit und kompakte Maße haben dem Raspberry Pi zum Erfolg für kommerzielle Anwendungen verholfen, jedoch fehlt es ihm meiner Ansicht nach an für industrielle Applikationen erforderlicher Leistungsfähigkeit, Haltbarkeit und Langzeitunterstützung. Deshalb hat DFI den Single-Board-Computer »GHF51« mit AMDs Ryzen-R1000-Prozessor auf den Markt gebracht. Er bietet industrielle Rechenleistung bei geringer Leistungsaufnahme für eine große Bandbreite an Applikationen.