Computermodule

Standardisiert oder firmenspezifisch?

19. April 2017, 13:05 Uhr |
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Warum gelingt es SMARC nicht, Software zu standardisieren?

Elektronik: Bei der Gründung von SMARC war auch die Rede davon, dass auch Software standardisiert werden sollte. Davon hört man jetzt nichts mehr. Woran liegt’s?

Christian Eder: Es gibt durchaus Aktivitäten: Zum einen existiert ja das Embedded API (EAPI), das von der PICMG standardisiert wurde, aber nicht auf COM Express festgeschrieben ist. Dieses EAPI definiert den Zugriff z.B. auf Watchdog Timer oder den I2C-Bus, also Dinge, die vom Software Interface nicht standardisiert sind. Die Qseven-Spezifikation referenziert das EAPI und empfiehlt ausdrücklich seine Verwendung.

Der nächste Schritt ist eine API-Standardisierung für IoT-Anwendungen. Das hat sich aber als etwas komplizierter herausgestellt, als man ursprünglich gedacht hat. In einem ersten Ansatz ist die betreffende Arbeitsgruppe leider ohne Ergebnis wieder auseinander gegangen. Das Ziel ist, dass ein Board-Anbieter seinem Kunden ein API anbieten kann, über das er in einer sicheren und standardisierten Form auf die Cloud zugreifen kann. Leider gibt es ja nicht so viele Sicherheitsspezialisten, wie die Welt derzeit bräuchte. Wenn man also auf vorgefertigte Bausteine zurückgreifen könnte, hätte man ein höheres Maß von Daten- und Angriffssicherheit.

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Christian Eder sagt: "Das ist doch der Zweck eines Moduls, dass man nicht von meinem einzigen Hersteller abhängig ist"
Christian Eder sagt: "Das ist doch der Zweck eines Moduls, dass man nicht von einem einzigen Hersteller abhängig ist."
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Elektronik: Beeinflussen die Maker Boards das Geschäft mit Computermodulen?

Christian Eder: Die meisten Maker-Plattformen sind nicht wirklich industrietauglich: Langzeitverfügbarkeit, Robustheit etc. sind nicht gegeben. Auf der anderen Seite führen die Maker-Plattformen dazu, dass endlich wieder viele junge Menschen zum Lötkolben greifen und dass Ideen in Prototypen umgesetzt werden. Wie aus so einem Protoyp dann ein Serienprodukt wird, ist wieder eine andere Frage, das muss sich dann in weiteren Schritten herausstellen und da kommen dann auch Computermodule ins Spiel.

Elektronik: Verursachen die Maker Boards nicht einen großen Preisdruck durch die ganzen preiswerten Boards, die es gibt?

Christian Eder: Das kann man gut mit dem Auto-Markt vergleichen. Natürlich kann man ein neues Auto auch für unter 10.000 Euro bekommen, aber wenn Sie sehen, was auf der Straße so unterwegs ist, dann hat dieser Fahrzeugtyp doch eher Seltenheitswert. Da spielt dann eben nicht nur der Preis eine Rolle, sondern auch, wie zuverlässig das Gerät ist, wie sicher, wie lange es hält. Die „Total Cost of Ownership“, also die Kosten über einen längeren Zeitraum, schauen dann mit einer langlebigen Plattform oft deutlich besser aus als die vermeintlich günstige Lösung. Und den Preisdruck haben wir schon immer. Wir sehen auf dem Consumer-Markt Mini-ITX-Boards zu Preisen, zu denen wir nicht einmal die CPUs einkaufen können. Industrielle Anwendungen sind eben meistens auch mit kleineren Stückzahlen verbunden, die zwangsläufig höhere Preise nach sich ziehen. Aber der Preis ist bei diesen Anwendungen zwar auch sehr wichtig, muss aber immer auch in Bezug auf Qualität, Langlebigkeit und Support bewertet werden.

Elektronik: Haben die Maker-Boards auch einen Einfluss auf die professionellen Entwickler?

Christian Eder: Was bei den Maker-Plattformen wirklich gut ist, ist der Software Support. Man muss vieles nicht mehr selbst entwickeln, weil es irgend jemand schon mal gemacht hat. Wir haben das für einige Anwendungsbeispiele als „Application Ready Platform“ aufgegriffen und auch bei vielen anderen Anbietern sehen Sie es in Form von Referenzdesigns, die die Kunden als Grundlage für eigene Entwicklungen nutzen können. Auch von der Hardware-Seite her gehen wir so vor, mit den Evaluation Boards für unsere Module. Da geben wir alle Designunterlagen und -dateien mit, sodass der Kunde gleich ein funktionierendes Carrier Board hat, das er dann nach seinen Vorstellungen modifizieren kann.

Elektronik: Congatec hat sein Angebotsspek¬trum in letzter Zeit von Computermodulen auf Single-Board-Computer erweitert. Wo sehen Sie weiteres Wachstumspotenzial?

Christian Eder: Ja, wir sind bekannt als Hersteller von Computermodulen und sind in diesem Segment sogar die Nummer Eins in Europa und Nummer Zwei weltweit. Aber wir machen mehr. Natürlich wollen wir als wachstumsverwöhnte Firma weiter wachsen, aber sehr zielgerichtet. Neben den Single-Board-Computern haben wir schon immer kundenspezifische Designs gemacht. Wir nennen das EDMS, Embedded Design and Manufacturing Services. Das kann von einer kundenspezifischen Board- oder Modulentwicklung bis zum kompletten Produktdesign einschließlich der Fertigung reichen.

Ansonsten haben wir auch regional noch einiges an Wachstumspotenzial. Erst kürzlich haben wir Niederlassungen in England, Frankreich und Skandinavien gegründet, um dort auch präsenter zu sein. Wir waren dort zwar durch Repräsentanten vertreten, aber für größere Projekte muss man selbst vor Ort sein.

Die Fragen stellte Joachim Kroll.


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