Modulare Systeme wie CompactPCI Serial oder VPX sowie Test- und Prüftechnikstandards wie PXI oder AXI machen etwa ein Drittel des Gesamtmarktes für Embedded-Boards aus. Allerdings nutzen nur wenige Systeme CoMs für ein modulares Design. Ein Paradigmenwechsel ist hier aus vielen Gründen nötig.
Modulare Backplane-Systeme eignen sich perfekt für Embedded-Systemdesigns auf Basis von etablierten Standards – und das nicht nur auf Board-Level, sondern auch auf System- und Rackmount-Ebene. Dadurch brauchen nur noch die zu den Kundenanforderungen passenden CPU-Boards, Netzteile, Erweiterungskarten und Chassis ausgewählt werden. Natürlich gibt es auch noch einen Markt für kundenspezifische Backplanes, Gehäuse und Racks. Auf Systemebene sind kundenspezifische Anpassungen also durchaus üblich. Aber auf Board-Level müssen Entwickler von Backplane-Systemen oft mit dem auskommen, was verfügbar ist, weil sich kundenspezifische Boards bei den oft kleinen Stückzahlen nicht lohnen. Die Konsequenz daraus ist, dass Entwickler häufig auf überdimensionierte CPU-Boards für ihre Anwendungen angewiesen sind.
Aber auch die Anpassung von bereits verfügbaren Boards ist relativ teuer. Es gibt allerdings eine sehr attraktive Alternative, die preislich zwischen einem fertigen CPU-Board und einem hundertprozentigen Full-Custom-Design angesiedelt ist: Der Ansatz über Computer-on-Modules (COMs).
COMs sind applikationsfertig, werden mit einem eigenen Board-Support-Package geliefert, das alle spezifizierten Treiber integriert, und sie sind von verschiedenen Anbietern erhältlich. Mit ihnen lassen sich kundenspezifische Trägerboards im Formfaktor des benötigten Slot-CPU-Boards entwickeln. Das Boarddesign solcher Trägerboards ist weniger komplex, hat weniger Layer und ist folglich preiswerter. Auch ist es häufig kompakter, als die meist sehr funktionsreichen und oft überdimensionierten Standard-Boards, die möglichst viele Applikationsanforderungen erfüllen müssen.
Darüber hinaus kann ein und dasselbe Carrierboard auch für andere Applikationen weiterverwendet werden, da sich die Performance über die Module leicht skalieren lässt – beispielsweise um im Edge-Computing-Bereich unterschiedliche Anforderungen einfach nur dadurch erfüllen zu können, indem man über die Computer-on-Modules die Anzahl der Cores skaliert, um je nach Bedarf mehr oder weniger virtuelle Maschinen implementieren zu können. Auch lässt sich die Performance mit Modulen besser ausbalancieren, da sie in der Regel mit allen relevanten Prozessoren einer Generation verfügbar sind, während die etablierten Anbieter die Prozessorauswahl bei ihren CPU-Boards für Backplane-Systeme oft einschränken müssen, da ansonsten die Stückzahlen zu gering werden.
Ein weiterer Vorteil von Single-Board-Computern auf COM-Basis ist der langfristig bessere Return on Investment (ROI): Ist ein Carrier nämlich einmal auf die Applikationsanforderungen zugeschnitten, kann er über viele Jahre hinweg genutzt werden, da er nicht nur innerhalb einer Prozessorgeneration, sondern über verschiedene Prozessorgenerationen hinweg eingesetzt werden kann. Es ist sogar möglich, zwischen verschiedenen Prozessorherstellern und Prozessorarchitekturen zu wechseln. Soll bei konventionellen Slot-CPU-Boards ein neuer Prozessor integriert werden, müssen OEMs beim Slot-Board-Anbieter jedes Mal ein vollständig neues kundenspezifisches Design anfragen.
Auch Endanwender profitieren bei einem solchen modularen Ansatz vom besseren ROI. Wird ein Performance-Upgrade benötigt oder ein Prozessor obsolet, muss nur das Computer-on-Module ausgetauscht werden; alles andere kann ohne jedwede Designänderung weiterverwendet werden. Entwickler von Carrier-Grade-Edge-Systemen für den Telekommunikationsmarkt schätzen, dass für das Upgrade einer Fog-Server-Konfiguration mit Computer-on-Modules nur rund 50 % der Initialinvestitionen für die erste Systemgeneration aufgewendet werden müssen.
Es ist leicht nachvollziehbar, dass die Neuinvestitionen noch deutlich kleiner sind, da rund 85 % der gesamten physikalischen Hardware weiter genutzt werden kann. Dies ist ein echter Vorteil für Unternehmen, die zum Beispiel Edge-Computing- oder Mess- und Prüftechnikapplikationen »as a Service« anbieten, weil der Verkauf ganzer Systeme nicht mehr ihr Geschäftsmodell ist.
Ein attraktiver Ausgangspunkt für ein solches COM-Carrier-Design für CPU-Boards von Backplane-Systemen sind die neuen Intel-Core-Prozessoren der 11. Generation (Tiger Lake UP3).
Computer-on-Modules, die diese jüngste Prozessorgeneration von Intel unterstützen, sind bei Anbietern wie Congatec bereits in Serienstückzahlen verfügbar. Damit können Entwickler ihre neuen Systeme auf Basis von PCIe Gen 4 schneller auf den Markt bringen und sich beispielsweise auch im Bereich des Time-Sensitive-Networking (TSN) einen Wettbewerbsvorteil sichern, da die Carrierboards sofort mit diesen neuesten Modulen bestückt werden können. Jetzt ist also ein guter Zeitpunkt, die weltweit führenden Modulhersteller und ihre Partner zu fragen, was sie für den Bereich der Backplane-Systeme zu bieten haben.