Die Standardization Group for Embedded Technologies (SGET) entwickelt unabhängige Spezifikationen für die Embedded-Computer-Technologie, darunter SMARC oder OSM. Wir sprechen mit Andreas Widder von Aries Embedded darüber, welche Vorteile diese Spezifikationen bringen und wie zukunftsfähig sie sind.
Herr Widder, wie sehen Sie die Standardisierung von Modulen im Embedded-Bereich?
Andreas Widder: Die SGET hat mit der OSM-Spezifikation einen Standard für Embedded-Module definiert, der die Skalierbarkeit von Performance und Schnittstellen ermöglicht und gleichzeitig den Platzbedarf minimiert. Die OSM-Module sind in Produktion und Beschaffung kostenoptimiert, da sie rein maschinell bestückt, gelötet und getestet werden. So kann man auf den sonst üblichen Board-to-Board-Steckverbinder verzichten. Nach und nach etabliert sich der Standard am Markt – verschiedene Hersteller unterstützen ihn bereits mit unterschiedlichen Architekturen. Hiermit bietet sich Entwicklern eine breite Auswahl. Sie können das jeweils passende Produkt für ihr Projekt wählen. Aus meiner Sicht hat die SGET mit dem OSM-Standard eine interessante neue Definition eines skalierbaren Modultyps ins Leben gerufen, der im Markt sehr gut ankommt.
In welcher Form setzen Sie den OSM-Standard ein?
Wir haben gerade neue Module auf Basis des OSM-Standards entwickelt. Sie integrieren Mikroprozessoren von STMicroelectronics beziehungsweise Renesas. Unsere Embedded Boards »MSRZG2UL« und »MSRZFive« sind zwei leistungsstarke und vielseitige System-in-Packages (SiP) auf Basis der Single-Core-Mikroprozessoren »RZ/G2UL« mit Cortex-A55/Cortex-M33-Kern sowie »RZ/Five« mit RISC-V-Kern – beide von Renesas. Das SiP »MSMP1« basiert hingegen auf der STM32MP1-CPU-Familie von STMicroelectronics. Sie arbeiten mit Einzel- oder Dual-Arm-Cortex-A7-Kernen bis 800 MHz kombiniert mit einem Cortex-M4-Kern bis 209 MHz.
Welche Vorteile ergeben sich mit Ihren Modulen für Entwickler?
Beispielsweise sind auf dem kleinen MSMP1-Board mit lediglich 30 mm auf 45 mm nahezu alle Funktionen der CPU verfügbar. Wir haben den größeren Formfaktor gewählt, um das große Package der CPU verwenden zu können und damit den Speicher 32 bit breit anschließen zu können. Hierdurch erhält die CPU die größtmögliche Speicherbandbreite und Verarbeitungsgeschwindigkeit. Die 476 Kontakte des SIP-Moduls ermöglichen eine transparente Verwendung der CPU in anspruchsvollen Applikationen. Es bietet eine sehr geringe Leistungsaufnahme und kleine Bauform bei wettbewerbsfähigen Kosten.
Hiermit eignet sich das MSMP1 für Anwendungen in IoT, der Medizintechnik und Industriesystemen. Die Module sind hinsichtlich Performance und Speicherausbau skalierbar und lassen sich hiermit individuell an viele Projektanforderungen anpassen. Die System-in-Packages unterstützen 512 MB bis 4 GB DDR3L RAM sowie 4 bis 64 GB eMMC NAND Flash. Außerdem sind zahlreiche Schnittstellen integriert, darunter 10-, 100- oder 1000-Megabit-Ethernet, USB 2.0 oder zweifach CAN. Weiterhin UART, I2C sowie eine parallele Display-Schnittstelle und einen Kameraeingang.
Ein Anwendungsbereich, der immer stärker wird, ist Embedded Vision. Können Standard-Module die Anforderungen hierfür erfüllen?
Die unterschiedlich komplexen Anforderungen an Embedded-Vision-Projekte können Produkte von der Stange oft nicht erfüllen. Aus dem Grund wählen wir passgenau zum jeweiligen Projekt für unsere Boards und Services die optimalen Mikroprozessoren und FPGAs verschiedener Hersteller. Unsere OSM-Module passen sehr gut für Vision-Anwendungen. So sind die Mikroprozessoren wesentlich günstiger und einfacher einzusetzen als FPGAs. Speziell die RZ/V2L-Architekur von Renesas eignet sich für Anwendungen der künstlichen Intelligenz (KI). Je nach Projekt unterstützen wir unsere Kunden mit der kompletten Hardware und Basissoftware, zusätzlich zu den Standardmodulen.
Werden Sie weitere Standards in Ihre zukünftigen Produktentwicklungen aufnehmen?
Aktuell entwickeln wir ein Embedded-Modul auf Basis des SMARC (Smart Mobility ARChitecture)-Standards der SGET. Es basiert auf der RZ/G2L-Architektur von Renesas, die Footprint-kompatibel mit dem RZ/V2L-Prozessor ist. Die CPU basiert auf einer Dual- oder Single-Core-64-bit-Cortex-A55-Architektur mit 1,2 GHz in Kombination mit einem Cortex-M33-Prozessor. Zusätzlich verfügt der RZ/V2L-Prozessor über einen Prozessor-Kern, der speziell KI-Applikationen unterstützt. Darunter KI-Inferenzen in Echtzeit sowie Bildmanipulationsfunktionen wie Farbkorrekturen, die man häufig in Kameraanwendungen benötigt.
Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Widder.
Aries Embedded/SGET Halle B4, Stand 141