Fela eröffnet Besucherzentrum

Wie ein Leiterplattenhersteller gegen den Strom schwimmt

6. November 2013, 13:47 Uhr | Karin Zühlke
Eine Podiumsdiskussion zur Zukunft des Mittelstands bildete den Abschluss der Einweihungsfeier bei Fela: v. l. n. r: Norbert Krütt, Fela, Christoph Stoppok, ZVEI, Karin Zühlke, Markt&Technik, Ralf Schwartz, Lackwerke Peters, Karl Zinsler, Steca, Leopold Grimm, FDP/DVP Fraktionssprecher für Mittelstand und Handwerk im Landtag Baden-Württemberg.

Wer dieser Tage glaubt, die Leiterplattenbranche in Deutschland steht vor dem Aus, der werfe einen Blick nach Villingen-Schwenningen und lasse sich eines Besseren belehren. Zusammen mit knapp 70 Gästen hat Fela dort Ende Oktober sein Besucherzentrum eingeweiht – und schwimmt mit dieser Expansion erfolgreich gegen den Strom.

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Die für so ein Event meist üblichen Festreden entfielen, dafür gab es reichlich Informations- und Diskussionsstoff zur Zukunft des Mittelstands in der Leiterplattenindustrie, unter anderem in der von Markt&Technik Redakteurin Karin Zühlke moderierten Diskussion mit einem interdisziplinär besetzten Podium.

Wie der Erfolgsweg eines Mittelständlers in Deutschland aussehen kann, zeigt das Beispiel Fela: Vor anderthalb Jahren erhielt Fela bei der Zwangsversteigerung des insolventen Uhrenhersteller Osco in der unmittelbaren Nachbarschaft den Zuschlag und konnte sich so räumlich deutlich vergrößern und mehr Raum für Innovationen schaffen. In der Folge hat  Fela am Standort Schwenningen Investitionen in Höhe von mehr als zwei Millionen Euro getätigt. Fela ist es gelungen, sich durch neue Geschäftsfelder Felam Glasline und Felam Thermoline neben der Leiterplatte sehr erfolgreiche Standbeine zu schaffen.  »Unser Umsatzwachstum in diesem Jahr betrug im Bereich der klassischen Leiterplatte 9,4 Prozent, bei den neuen FELAM Produkten sind es sogar höhere zweistellige Werte. Wir sehen uns als strategischen Partner, der durch seine gezielte und breite Aufstellung langfristige und nachhaltige Versorgungssicherheit gewährleisten kann.« Aus diesem Grund hat sich Fela entschlossen, in diesem durch die neuen Räumlichkeiten bereits sehr kostenintensiven Jahr, zusätzlich verstärkt in den Bereich der klassischen Leiterplatte zu investieren. Unter anderem hat Fela einen vollautomatischer Belichter mit Kameraregistrierung, ein neues Stopplack-Entwicklungssystem sowie zwei Bohr- und Fräsautomaten für über eine halbe Million Euro angeschafft. »Wir möchten mit den Investitionen ein klares Signal geben. Wir sind Technologievorreiter, europäischer Marktführer im Bereich der IMS-Leiterplatten, Impulsgeber im Bereich HMI-Systemen aus Glas – und in unserem Kerngeschäft, der klassischen „grünen“ Leiterplatte.«  Fela ist unbestritten ein Leuchtturm, insgesamt ist die Situation der Leiterplattenindustrie allerdings wenig erfreulich. Mittlerweile hat der Konsolidierungsprozess neben Europa auch den chinesischen Markt erreicht. So häufen sich die Meldungen von steigenden Personalkosten, mangelnde Auslastung und Betriebsschließungen.  Aber auch in Deutschland zeichnen die Zahlen des ZVEI hingegen ein widersprüchliches Bild. Während die gesamte Branche zwar im Vergleich zum Vorjahr ein Umsatzwachstum von 1,5 Prozent verzeichnet, so mussten in diesem Jahr allein Deutschland sechs Unternehmen schließen bzw. Insolvenz anmelden, darunter die Firma Multek (50 Mio. Euro Umsatz) in Böblingen und die Firma Greule (11 Mio. Euro Umsatz) in Engelsbrand. Das gleiche Schicksal ereilte weitere neun europäische Leiterplattenhersteller. »Wir beobachten die Situation in der Branche mit Sorge. Unsere Kunden klagen, dass bisher verlässliche Lieferanten von heute auf morgen wegbrechen und  für uns wird es immer schwieriger, Möglichkeiten zur Kostensenkung zu finden und den explodierenden Energiepreisen entgegenzuwirken«, beschreibt Krütt die aktuelle Situation.  

Dass Innovation der einzige Weg aus der Krise ist, davon zeigte sich Krütt in der Podiumsdiskussion überzeugt.  Allerdings steht nicht jedem Unternehmen in der Branche der Weg „Innovationen“ offen.  »Man muss sich einfach der Tatsache stellen, dass die Leiterplattenbranche im absteigenden Abschnitt des Wirtschaftszyklus steht. Alternativ zu neuen Technologien sehe ich noch eine Chance durch die Erschließung neuer Märkte oder Verlängerung der Wertschöpfungskette«, entgegnet Christoph Stoppok, Geschäftsführer des ZVEI, Fachverbände Electronic Components and Systems, PCB and Electronic Systems.  Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft sind Schlüsselfaktoren für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland. Die Innovationsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen hat den Wohlstand entscheidend mitbegründet.  Ideen und Innovationen kommen aber nicht von einer Person allein sondern aus dem Team. »Man muss ein Unternehmensklima schaffen, in dem Versuche, Experimente – aber auch Fehler gemacht werden. Kurz gesagt – die Kollegen müssen auch einmal „spielen“ dürfen. Dabei ist es natürlich einfacher in einem inhabergeführten Unternehmen Innovationen voranzutreiben. Die Zusammenarbeit mit mittelständischen, unternehmergeführten Unternehmen macht auch einfach Spaß. Dort sitzen Entscheider – nicht Bedenkenträger«, gibt Krütt zu bedenken.

 


  1. Wie ein Leiterplattenhersteller gegen den Strom schwimmt
  2. Knackpunkt »Innovationsfinanzierung«

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