Leiterplattenhandling

Weniger Ausschuss durch höhere Automatisierung

15. November 2013, 10:43 Uhr | Karin Zühlke
Solche Schäden (hier am Beispiel einer Leiterfolie) sind bei manueller Zuführung der Medien in die Anlage schnell passiert. Moderne Automatisierungsprozesse helfen, solchen Ausschuss zu vermeiden.
© KSL-Kuttler

Die Leiterplattenfertigung durch ein ausgefeiltes automatisches Leiterplattenhandling weniger fehleranfällig und (kosten-)effizienter zu machen, darauf zielt der Automatisierungsspezialist KSL Kuttler mit seiner neuen FlexLine ab: Die Anlage ist modular aufgebaut und daher auch eine gute Alternative für Fertigungen mit wenig Platz.

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Ende 2012 startete KSL-Kuttler mit ’Flexible Handling‘ ein neues Maschinen-Konzept. Inzwischen ist eine ausgereifte Produktlinie daraus geworden, die der Hersteller auf der diesjährigen productronica erstmals der breiten Fach-Öffentlichkeit zeigen wird. Warum die Anlage wirklich flexibel ist, erklärt Geschäftsführer Henk van der Meij, Managing Director, kurz und bündig: »Durch den modularen Aufbau kann die Anlage individuell an die Bedürfnisse der unterschiedlichsten Fertigungen angepasst werden: Von klein bis groß ist alles möglich, egal ob einzelner modularer Baustein, eine separate Systemstufe oder eine voll automatisierte Fertigungsstraße.«

Natürlich ging vieles davon auch mit den bisherigen Produktgruppen des Herstellers – CleanLine und CompactLine. Doch bis dato war jede neue Maschine ein separates Kundenprojekt mit Projektfertigung und Customizing. Das bedeutete längere Entwicklungs- bzw. Anpassungsprozesse und höhere Kosten – für beide Seiten: Kunden und Hersteller. Doch das KSL-Management und ihre Konstrukteure verfolgten ihre Idee einer markt- und kundenfreundlichen Lösung in den letzten Jahren konsequent weiter, bis sie schließlich die FlexLine aus der Taufe gehoben haben.

Durch die kompakte modulare Bauweise der Anlagen ist auch die Integration in bestehende und beengte Räumlichkeiten ohne weiteres möglich. »Mehr als 10 cm Platz braucht ein Modul nicht um sich herum. Und auch Aufbauten über Eck sind möglich. Die Basismodule können wir bedarfsorientiert vorproduzieren und vormontierte Baugruppen auf Lager halten. Das führt zu kürzeren Lieferzeiten und einer Prozesskostenersparnis für das Unternehmen und die Kunden«, erläutert der Geschäftsführer. Genauso können die Kunden ihre FlexLine-Anlage jederzeit an neue Produktions- und Kundenanforderungen anpassen, beispielsweise mit zusätzlichen Modulen.

Bisher mussten vorhandene Maschinen für Anpassungen oder Änderungen meist aufwendig zum Hersteller transportiert werden, um im Werk ummontiert zu werden. Die FlexLine-Module kann der Kunde gleich vor Ort anpassen. In der Regel kann eine Anlage nach einem Tag, an dem die KSL-Techniker die Anpassungen beim Kunden vornehmen, wieder in Betrieb gehen. »Ein Konzept, das einfach klingt, nur die Idee muss man erst mal haben und umsetzen. Doch allein die Module sind es nicht«, erklärt van der Meij.

Die Leiterplattenfertigung sieht sich ständig neuen Herausforderungen gegenüber. Die Leiterbahnstrukturen werden immer feiner, die Dicken der Leiterplatten selbst gehen bis auf Folienstärke herunter, die Taktzeiten in der Fertigung werden immer kürzer. Noch heute sind viele Anlagen in Betrieb, bei denen die Medien rein mechanisch oder sogar manuell zugeführt werden – nach Ansicht von van der Meij birgt das ein enormes Fehlerpotenzial. 85 Prozent der Fehler in der Leiterplattenfertigung sind laut van der Meij menschliche Fehler. Und mehr als ein Drittel davon sind Fehler im manuellen Handling. »Das heißt, durch die manuelle Handhabung entstehen Verzögerungen und Kosten. Bei modernen Nassanlagen sind inzwischen Taktzeiten von 5 s möglich. LDI-Maschinen (LDI: Laser Direct Imaging) konnten bis vor geraumer Zeit noch vier Platten pro Minute belichten, heute sind es zehn«, so van der Meij. Auch AOI-Module werden immer schneller. Der Flaschenhals in der Produktionskette sind dabei die Handlingmaschinen oder Bediener, die diese immer kürzeren Taktzeiten nicht mehr versorgen können.

Hinzu kommt, dass die modernen Medien für die präzise manuelle Aufnahme teilweise einfach zu unhandlich, zu groß oder zu dünn sind, um sie in der geforderten Taktzeit exakt und ohne Beschädigung in die Maschine einzulegen. Schnell sind Oberflächen zerkratzt oder geknickt – d.h. die Leiterbahnen werden beschädigt und funktionieren nicht mehr – oder die Taktzeiten werden unverhältnismäßig in die Länge gezogen; beides Faktoren, die die Effizienz der Produktionsprozesse negativ beeinflussen.

Mit den neuen Handling-Modulen haben es die KSL-Entwickler erreicht, die kurzen Taktzeiten zuverlässig und mechanisch sicher automatisiert zu bedienen. Mit dem Handling-Roboter der FlexLine werden die Medien nicht im horizontalen Banddurchlauf durch den Prozess geführt, sondern durch den Greifarm genau dorthin platziert, wo der nächste Bearbeitungsschritt stattfinden soll. Mit dem Greifarm kann der Roboter das Medium von Schritt zu Schritt um 0° - 180° drehen.

»Viele Anwender wollen im Produktionsprozess keine beweglichen Teile über der Leiterplatte. Durch die Bewegungen des Roboters kann es durch Partikelabrieb zur Verschmutzung der Zuschnitte und somit zu Beschädigungen kommen. Die KSL-Handling-Module sind daher so ausgelegt, dass die beweglichen Teile außerhalb der Medienführung bleiben. Die Zuführung der Medien kann horizontal aus der Box, vom Stapel oder vertikal aus dem Schräg-Magazin kommen«, schildert der Experte.

Die Maschinen sind so konfigurierbar, dass sie alle Zuführungsarten beherrschen. Der Aufpreis für die multiple Zuführung liegt bei etwa 20 Prozent. Aber es ist auch jederzeit möglich, zunächst mit einer ’fokussierten‘ Anlage – mit nur einer Zuführungsart – zu starten und bei Bedarf die notwendigen Optionen unkompliziert nachrüsten zu lassen.

Auch das ein Highlight der FlexLine-Produkte: die flexible schnelle Anpassung an veränderte Bedürfnisse – vor Ort. Besonders deutlich wird das effiziente Handling der Medien bei der Neuentwicklung einer vollflächigen Aufnahme für extrem dünne Leiterplatten ab 25 µm Dicke. Die Leiterfolie wird über ein Vakuum schonend vollflächig auf einem Träger fixiert und so präzise und zuverlässig in der geforderten Taktzeit durch die Anlage geführt. Fehler und Beschädigungen werden so vermieden. Während des Produktionsprozesses ist kein mechanischer Anschlag am Bandende oder ein manuelles Eingreifen von außen nötig.

Ein FlexLine-Handling-System ersetzt vollständig einen Industrieroboter – bei gleichzeitigem Wegfall des Wartungsaufwandes und der damit verbundenen Folgekosten. Die Anlagen kommen mit nur einem Motor aus. Das bedeutet, in den Systemen ist nur ein Motorentyp verbaut, der auch mit einfachen Mitteln änderbar ist. Herkömmlichen Industrieroboter arbeiten mit bis zu fünf Motoren teilweise unterschiedlicher Bauart, die man für den Fall eines Ausfalls alle bevorraten muss.

Die gesamte Anlage lässt sich recht einfach überwachen und einstellen. Über die Software kann der Kunde Änderungen zur Prozessoptimierung, wie z.B. eine Änderung der Magazintiefe, der Positionen oder der Geschwindigkeit, durch geschulte Anwender mit CNC-Kenntnissen selbst vornehmen. Die Bedienung erfolgt über Bedienoberflächen, die über Touchscreens gesteuert werden können. Denkbar sind aber auch Wireless-Lösungen und die Bedienung beispielsweise über ein Tablet.


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