Welche Alleinstellungsmerkmale bietet Ihr Unternehmen im EMS-Bereich?
Seybold: Unser Angebot zeichnet sich durch drei entscheidende Qualitätsmerkmale aus: Das erste betrifft die Fertigungstiefe und den Umfang unseres Leistungsspektrums, auf dessen Grundlage wir eine weitreichende Beratung, gezielte Optimierung und Konfiguration von Leiterplatten, Baugruppen oder auch exotischen Bauteilen durchführen können, die speziell getestet werden müssen. Zur Bestückung und Miniaturisierung elektronischer Einheiten verfügen wir über moderne Verfahren, von Chip-on-Board-Technik bis zur automatisierten THT-Bestückung und integrierten SMD-Bestückung bis Finepitch 01005. Die Sicherung der Produktqualität erfolgt bei uns mit allen spezifisch erforderlichen Testverfahren. Außerdem bieten wir für den Schutz der Elektronik alle relevanten Vergusstechniken an.
Unsere Kunden erhalten bei uns aber noch weit mehr – bei Bedarf bereiten wir die Leiterplatten nach individuellen Vorgaben für die vertikale Integration vor. Dafür konfektionieren wir sie nach Bedarf mit Kunststoff- oder Metallteilen aus eigener Produktion, kümmern uns um Verguss, Lackierung oder auch passende Dichtungen oder integrieren die Elektronik auch in Montageboxen. Darüber hinaus zählen Gehäusefertigung, Integration von Glas-Touch-Sensoren bis zur kompletten Endmontage zu den Optionen. Auf Anfrage deckt unser Service auch den gesamten Produktlebenszyklus von der Konzeption und Entwicklung über die Fertigung bis zur Lagerung, Logistik und zum After Sales Support ab.
Worin bestehen die beiden anderen Qualitätsmerkmale, die Sie angesprochen hatten?
Seybold: Unser zweites bedeutendes Merkmal betrifft die sorgfältige Fertigung und Ausführung. Vermutlich würde das jeder Anbieter von sich behaupten, aber das ausgeprägte Verantwortungsgefühl unserer Mitarbeiter beruht darauf, dass wir mit dem Geschäftsbereich HMI-Systeme unser eigener Kunde sind. Wir produzieren alle Rechen- und Kommunikationseinheiten, Steuer- und Reglerplatinen oder auch Sensorik für unsere komplexen Bediensysteme selbst. Außerdem erweitern wir unser Programm von Embedded Control Units laufend um immer leistungsfähigere Modelle. Dabei messen wir der Security, also der sicherheitsgerichteten Software-Implementierung, zentrale Bedeutung zu, weil es bei Metering-Anwendungen oder im Automotive-Bereich keine Angriffspunkte für Manipulationen oder Fehlfunktionen geben darf. Weil wir auch unser eigener Kunde sind, würden wir Auswirkungen von Nachlässigkeiten in der Entwicklung, Fertigungsmängel oder Materialfehlern als Erster spüren.
Und der dritte USP?
Arnold: Durch unser klares Bekenntnis zur Nachhaltigkeit verpflichten wir uns, unter ökologischen und sozialverträglichen Leitlinien zu produzieren und zu handeln. Mit unserem nach ISO 14001 zertifizierten Umweltmanagementsystem verfolgen wir zum einen die deutliche Reduktion unserer CO2-Emissionen und die ausschließliche Nutzung von Ökostrom. Zum anderen wollen wir auch den Einsatz bedenklicher Stoffe in der Elektronikfertigung erheblich verringern, etwa von umweltschädlichen Flussmitteln, die bislang noch in allen Lötprozessen benötigt werden. Aktuell testen wir eine Teilumstellung auf wasserbasierte Flussmittel, mit dem Ziel, damit die Hälfte unseres jährlichen Verbrauchs zu ersetzen. Außerdem beziehen wir seit Kurzem Lötzinn aus fairem und nachhaltigem Zinnabbau – Stichwort: Fairtin.
Und wir verwenden in der Produktion so weit wie möglich rezykliertes oder rezyklierbares Material. Nicht zuletzt verringern wir auch bei Verpackungen unnötigen Materialaufwand. Mit unserem Engagement wollen wir zum einen unserer ganz eigenen gesellschaftlichen Verpflichtung nachkommen, zum anderen sehen wir aber auch mit Wohlwollen, dass bei unseren Handelspartnern und Kunden Nachhaltigkeit einen immer wichtigeren Stellenwert erhält und für die Auftragsvergabe maßgeblich wird. Preis und Kompetenz bleiben immer bestimmend, aber die Marktprotagonisten suchen ihre Partner zunehmend auch unter dem Gesichtspunkt, ob diese ihrer Environmental Social Responsibility gerecht werden. Und das ist gut so.
Herr Arnold, Herr Dr. Seybold, mit Ihrer Berufung in die Geschäftsführung hat Rafi den Generationenwechsel in der Unternehmensleitung vollzogen. Zeigt sich in der aktuellen Offensive im EMS-Bereich ein Strukturwandel von Rafi?
Arnold: Nein, das wäre ein grundlegendes Missverständnis sowohl unserer Unternehmenspolitik als auch unseres Handelns in der Geschäftsleitung – zumal Herr Dr. Seybold bereits seit zwei Jahren in der Geschäftsleitung Führungsentscheidungen mitverantwortet. Mit dem Ausbau und der organisatorischen Straffung sichern wir das solide Wachstum des Geschäftsbereichs EMS, in dem wir schon bisher sehr erfolgreich waren.
Seybold: Herr Arnold und ich sehen uns der guten Tradition unseres Unternehmens verpflichtet. Der Erfolg von Rafi gründet nicht auf kurzfristigem Handeln, sondern auf einer besonnenen Unternehmensführung, welche die Zeichen der Zeit erkennt und die Mitarbeiter mitnimmt. In seiner über 100-jährigen Geschichte hat sich Rafi immer am Bedarf des Marktes ausgerichtet und darauf konzentriert, welche Innovationen und Zusatzleistungen für Kunden die Systemintegration vereinfachen und ihre Endprodukte aufwerten. Auf diese Weise durchlief unser Unternehmen eine erfolgreiche Evolution von einem Institut für elektrische, mechanische und optische Erzeugnisse zu einem der führenden EMS-Anbieter und Spezialisten für die Mensch-Maschine-Kommunikation.
Welche weiteren Schritte stehen künftig auf der Agenda von Rafi?
Seybold: Mittelfristig wollen wir uns auch E2MS für Leistungselektronik widmen. Außerdem werden wir, wie erwähnt, unser Engagement in den USA ausweiten.