Dank des frühzeitigen Ausbaus der SMT-Kapazitäten und einer strategischen Ausrichtung auf smarte Produktion blickt Limtronik positiv in die Zukunft. Welche Chancen und Herausforderungen erwarten die Branche in den kommenden Jahren? Antworten von Gechäftsführer Gerd Ohl.
Markt&Technik: Seit geraumer Zeit klagen viele Akteure der Supply-Chain über rückläufige Auftragseingänge. Wie ordnen Sie die Situation für Ihr Unternehmen ein?
Gerd Ohl: Wir hören von unseren Kunden und Partnern immer wieder von diesen Problemen – das hängt aber sehr stark davon ab, in welche Branchen sie liefern. In Branchen wie Automobilindustrie und Maschinenbau scheint es aktuell besonders schwierig zu sein.
Unsere internen Prognosen haben gezeigt, dass wir im Jahr 2025 aufgrund der angekündigten Aufträge in kapazitive Engpässe geraten könnten. Da unsere Stärke im Verkauf von Kapazität und Kompetenz liegt, haben wir frühzeitig mit einem Ausbau der SMT-Kapazitäten begonnen.
Zwar spüren auch wir aktuell die Zurückhaltung der Kunden unserer Kunden, jedoch sind wir optimistisch, dass unsere Auftragslage für 2025 positiv sein wird.
Wann dürfen wir aus Ihrer Sicht wieder mit einem Aufschwung rechnen?
Das ist schwer vorherzusagen. Natürlich erhalten wir von unseren Kunden entsprechende Einschätzungen. Voraussichtlich wird der Markt je nach Branche noch lange sehr anfällig sein. Betrachtet man beispielsweise die E-Mobilität, so hinken wir als Land hinter den Erwartungen hinterher. Seit der Solarförderung 2014/15 bin ich kein Freund von Subventionen, aber die Entscheidung, die Förderung auszusetzen, hat der Branche nicht gutgetan.
Limtronik war einer der Early Adopter der Industrie 4.0 im Sinne einer smarten Produktion. Inzwischen ist der Begriff Industrie 4.0 fast aus den Medien verschwunden. Was bleibt? Oder anders gefragt: Wie ist aus Ihrer Sicht der Status quo in Sachen smarte Produktion in Deutschland?
Aus den Gesprächen mit unseren Mitgliedern im SEF Smart Electronic Factory e.V., der sich auf die Digitalisierung im Mittelstand fokussiert, lässt sich ableiten, dass es nach wie vor schwierig ist, allgemeingültige Lösungen für das eigene Unternehmen zu adaptieren. Die Digitalisierung ist aber nach wie vor ein zentrales Thema, an dem kein Fertigungsunternehmen vorbeikommen wird – auch, wenn der Begriff »Industrie 4.0« sukzessive verschwindet. Das Kind hat nur einen anderen Namen.
In den fast zehn Jahren seit Gründung des SEF-Vereins, bei dem ich im Vorstand bin, hat sich sehr viel getan. Das Unterstützungsangebot der Hochschulen und Universitäten ist vielfältiger geworden. Und es werden im Verein zwischen Unternehmen gemeinsam Projekte realisiert, trotz teils einer Wettbewerbssituation. Von der Bündelung der Stärken profitieren die Beteiligten.
Die für uns als EMS-Dienstleister notwendigen, aber nicht immer wertschöpfenden Prozesse werden mittlerweile durch Digitalisierung sehr gut unterstützt. Wir beschäftigen uns aktuell mit KI-basierter Bilderkennung, aber auch damit, wie wir die auf uns zu kommenden EU-Forderungen umsetzen.
Wie kann eine smarte Fertigung dabei helfen, nachhaltiger zu produzieren?
Indem man schon bei der Entwicklung von Produkten eng mit den Kunden zusammenarbeitet. Man prüft sehr früh die Verfügbarkeiten von Bauteilen und unterstützt beim Design des Produktes auf einfache Fertigbarkeit, also Testen, Lötbarkeit etc. Im Fehlerfall kann eine smarte Fabrik genau Auskunft über betroffene Produkte geben und reduziert so aufwendige Rückrufaktionen. All diese Aufwendungen sparen am Ende CO², aber auch eine Menge an Nichtqualitätskosten ein. Dass Fabriken ihre Energieverbräuche bzw. den CO²-Ausstoß erfassen und am Ende bilanzieren können, sind ja Forderungen, die in den nächsten Jahren durch die Gesetzgebung auf uns zukommen werden.
Einige EMS-Firmen sprechen von einem verstärkten Outsourcing-Trend. Wie sehen Sie das?
Bei unseren Kunden haben wir bisher keinen verstärkten Outsourcing-Trend festgestellt. Wir bedienen unter anderem Kunden, welche die Fertigung der Elektronik als Kernkompetenz betrachten, aber darüber hinaus seit Jahren Limtronik als Dienstleister und Sparringspartner in die Entwicklung einbeziehen.
Aufgrund der Lieferkettenproblematik der letzten Jahre scheinen andere Themen die OEMs im Hinblick auf Outsourcing und Restrukturierung zu beschäftigen, beispielsweise Teilschließungen in der Montage.
Was wir im Markt beobachten, sind Insolvenzen – teilweise auch Planinsolvenzen in Eigenverantwortung – und Teil- oder Vollschließungen bei OEMs und Tier-One-Unternehmen. Dies betrifft jedoch nur Randbereiche des klassischen Outsourcings. Deutlich erkennbar ist auch die fortschreitende Konsolidierung im deutschen EMS-Bereich.