Wie sieht es bei Vishay mit dem Thema Wide-Band-Gap-Materialien aus? Sie wollten in der Vergangenheit nicht auf SiC setzen, und wie sieht es bei GaN aus?
Vandoorn: Sie werden überrascht sein, aber wir werden im nächsten Jahr einen 600V-Normally-Off-GaN-HEMT auf den Markt bringen. Auf unserem electronica-Messestand haben wir in Form eines Demonstrators die unterschiedlichen Fähigkeiten von GaN und SuperJunction dargestellt. Entwickelt wurde der Schalter in den letzten vier Jahren in Zusammenarbeit mit der Cambridge University. Es handelt sich dabei um unsere eigene IP, und wir werden diese GaN-Transistoren in Zukunft auf 6-Zoll-Wafern produzieren.
Auch in diesem Jahr nähert sich das Dollar-Volumen der Übernahmen in der Halbleiterbranche sowie bei den passiven und elektromechanischen Bauelementen wieder der 100-Mrd.-Dollar-Grenze. Sie waren hier in diesem Jahr nicht aktiv. Woran lag es?
Dr. Paul: Mit Sicherheit nicht an unserer Finanzkraft. Wir generieren jedes Jahr 100 Mio. Dollar oder mehr Cash. Aus dem Stand heraus könnten wir eine Übernahme in der Größenordnung von 700 bis 800 Mio. Dollar realisieren. Nehmen wir dann noch unsere Kreditlinie hinzu, reden wir schnell über eine Größenordnung von fast 1,3 Milliarden Dollar. Allein, es hat sich keine interessante Möglichkeit ergeben. Speziell im Bereich der passiven Bauelemente kommt hinzu, dass große Übernahmen immer auch unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten zu sehen sind. Ich war immer ein Freund synergetischer Akquisitionen, und kleinere Division-Ergänzungen werden immer möglich sein, aber aktuell verfolgen wir keine konkreten Ideen in dieser Richtung.
Natürlich ist auch klar, dass sich allein durch die Akquisitionen des letzten und dieses Jahres die Wettbewerbsverhältnisse am Markt verändern. Schon allein aus diesem Grund beobachten wir die Entwicklung sehr genau. Wir horten aber nicht nur unser Geld, sondern haben unsere Liquidität in diesem Jahr unter anderem dazu genutzt, ein Aktienrückkaufprogramm durchzuführen. Das mögen die Banken zwar nicht, aber es festigt unseren Börsenwert. Und wir haben ein Vorruhestandsprogramm aufgelegt, das mit dazu beiträgt, Vishay zu verjüngen.
Sie haben in den letzten Jahren jährlich zwischen 50 und 100 Mio. Dollar in den Fertigungsausbau investiert. Entspricht das auch dem Volumen für dieses Jahr?
Dr. Paul: Wir werden in Summe in diesem Jahr rund 135 Mio. Dollar in den Ausbau unserer Fertigungskapazitäten investieren. Schwerpunkte liegen hier bei Power-Induktivitäten, Widerständen und Dioden.
Vandoorn: Auch der Bereich der SuperJunction-MOSFETs entwickelt sich sehr gut und verlangt nach Investitionen in den Fertigungsausbau. Und nicht zu vergessen: Der Übergang von bedrahteten Bauteilen zu SMD-Bauteilen ist noch lange nicht abgeschlossen. Deshalb sind auch hier weitere Investitionen in die Fertigungstechnik und Kapazitätserweiterungen notwendig.
Im Bereich der Leistungshalbleiter war Vishay zuletzt sehr aktiv. Welche Neuheiten haben sie neben GaN-FETs noch in petto?
Vandoorn: Im Wesentlichen konzentrieren wir uns darauf, höhere Stromdichten in kompakteren SMD-Gehäusen zu realisieren. Das gilt beispielsweise für die 4. Generation unserer Ultrafast Recovery-Dioden, für unsere auf Trench-Field-Stop-Technologie basierende IGBT-Plattform, beidseitig gekühlte Power-ICs und die 4. Generation unserer 600-V-SuperJunction-MOSFETs, die mit dem besten Figure-of-Merit in diesem Produktbereich aufwarten können.