»Man muss klar differenzieren, ob ‚Brand Name‘ oder ‚No Name‘ Ware«, betont Axel Wieczorek, Vertriebsleiter von Schukat. »Für unsere Kunden ist es in jedem Fall wichtig, einen kompetenten Partner und entsprechenden Service vor Ort zu haben.« Wer die vielschichtigen Herausforderungen der Lieferantenauswahl und des Einkaufs in China nicht auf die eigene Kappe nehmen möchte, ist, zumindest wenn es um elektronische Bauelemente geht, bei einem entsprechend ausgerichteten Vertragsdistributor gut aufgehoben. Er kann aufgrund seiner Supply-Chain-Expertise die Spreu vom Weizen trennen: »Nach mittlerweile 50 Jahren Distribution und Importgeschäft haben wir natürlich schon viel erlebt. Dazu gehören auch Erfahrungen mit taiwanesischen Herstellern mit Produktion in China, die uns bestätigen: Man muss die Auswahl der richtigen Partner in Fernost sehr sorgfältig treffen. Am Ende gehört auch immer etwas Glück dazu, dauerhaft auf das richtige Pferd zu setzen«, so Wieczorek.
Als absolute Pflicht sieht Wieczorek auch die regelmäßige Präsenz beim Hersteller in China, bis hin zu Qualitätsaudits: »Bei der Lieferantenauswahl muss das Risiko des Importeurs (quasi Hersteller) in punkto Produkthaftung klar sein. Das Geschäft in Europa funktioniert nur, wenn der chinesische Hersteller wirklich in Europa Fuß fassen will – hier geht es um Themen wie Approbationen, gesetzliche und behördliche Anforderungen. Nicht zu vergessen, dass bei einzelnen chinesischen Herstellern das Verständnis bezüglich der im europäischen Markt gängigen Vorschriften erst geweckt werden muss. Denn leider können Aufdrucke von Prüfzeichen einfach gekauft werden, ohne dass die Produkte je einer Prüfung unterzogen wurden.«
Je stärker sich das Management des chinesischen Herstellers in seinem Denken und Handeln an westlichen Maßstäben orientiert, umso besser klappt nach Erfahrung von Dr. Klaus Barenthin, CTO des Distributors SE Spezial-Electronic die Zusammenarbeit zwischen Distributor und Hersteller. »Wer begriffen hat, dass es im B2B-Bereich in Europa nicht nur um technischen Innovation und einen möglichst günstigen Preis, sondern vor allem auch um Qualität und Zuverlässigkeit geht, achtet zum Beispiel wesentlich stärker darauf, dass sein Unternehmen und seine Produkte angemessen zertifiziert sind. Um seine Kunden keinen unnötigen Risiken auszusetzen, solle man sich als Distributor deshalb vor der Vertragsunterzeichnung unbedingt Klarheit darüber verschaffen, ob ein potentieller chinesischer Lieferant zur Gruppe dieser jungen, tendenziell eher westlich geprägten Unternehmen gehört, rät Barenthin. Beispiele dafür sind bei SE die Hersteller Degson Electronics und Mornsun. Die beiden stehen seit 2010 bzw. 2011 bei SE auf der Linecard und die Kooperationen haben sich laut Barenthin sehr positiv entwickelt. »Was eigentlich auch nicht weiter verwundert, denn viele chinesische Elektronik-Unternehmen der zweiten oder dritten Generation wollen ja bewusst weg vom Billig-Image, wollen in Bereichen wie der Automatisierungs-, Medizin- oder Automobiltechnik Fuß zu fassen.«
Made in China ist kein Makel mehr
Made in China ist also bei elektronischen Bauelmenten kein Makel mehr. »Aber Vorbehalte gibt es immer wieder, wobei die Qualität und Service der chinesischen Lieferanten in den letzten Jahren sehr stark verbessert wurde«, berichtet Gerhard Weinhardt, General Manager Rutronik Asia. Auch Rutronik hat nach den Worten von Weinhardt »eine Handvoll chinesische Partner« im Programm und mit diesen »sehr gute Erfahrungen« gemacht.
Beliebt sind die chinesischen Hersteller bei den Distributionskunden derzeit noch vorwiegend bei preissensiblen Anwendungen. In sicherheitskritischen Bereichen wie der Medizin-, Verkehrs- und Automobiltechnik vertrauen laut Barenthin nach wie vor nur wenige Gerätehersteller elektronischen Bauelementen aus China: »Ich denke, dass hier noch einiges an Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit zu leisten ist, bis am Ende sachliche Argumente und ein exzellenter technischer Support durch den Distributor doch noch zum Ziel führen«.