Open Data

Sind Mobilitätsdaten gesellschaftliches Gemeingut?

9. August 2023, 13:48 Uhr | Irina Hübner
© Goslar-Institut

Im Zusammenhang mit der Nutzung von Daten, auch jenen aus dem Mobilitätsbereich, fällt häufig der Begriff »Open Data«. Doch zählen Mobilitätsdaten überhaupt zu den offenen Daten?

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Zunächst einmal beinhaltet der Terminus »Open Data« nicht anderes, als dass »offene Daten« durch jedermann und für jegliche Zwecke genutzt, weiterverarbeitet und weiterverbreitet werden können. Dieses Prinzip ähnelt den Konzepten von »Open Access« (freier Zugang zu wissenschaftlichen Materialien und Publikationen im Internet), »Open Content« (frei zugängliche Inhalte zur kostenlosen Nutzung) und »Open Source« (öffentlich einsehbare, veränderbare und in der Regel frei nutzbare Quelltexte).

Aber können Mobilitätsdaten tatsächlich als »gesellschaftliches Gemeingut« betrachtet werden? Hierbei kommen so kontrovers diskutierte Themen wie Dateneigentum und Datenhoheit ins Spiel.

Europaweites Datenschutzrecht

Grundsätzlich gelten für personenbezogene Daten, wozu auch die Mobilitätsdaten zählen, sowie deren Nutzung und Verarbeitung seit dem 25. Mai 2018 europaweit die neuen Datenschutzregeln der EU (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO). Sie definieren ein europaweit einheitliches Datenschutzrecht. So soll verhindert werden, dass Unternehmen gegebenenfalls in ein Land mit niedrigerem Datenschutz-Niveau ausweichen können.

Laut DSGVO müssen Unternehmen »in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache« Auskunft darüber geben, wie personenbezogene Daten ihrer Kunden verarbeitet werden. Auf Verlangen müssen Unternehmen zum Beispiel informieren über die Speicherdauer von Daten, zu welchem Zweck die Daten verarbeitet werden und welche Kategorien personenbezogener Daten verarbeitet werden. Ebenso sind Informationen über die Herkunft der Daten und mögliche Empfänger der Daten vorgeschrieben.

Autofahrer erwarten Gegenleistung für ihre Daten

Diesen Vorgaben stimmt die Mehrheit der Verbraucher im Prinzip zu, die für die aktuelle Studie des Goslar-Instituts für verbrauchergerechtes Versichern zum Thema »Big Data in der Mobilität« befragt wurden. Die Autofahrer wollen demnach wissen, welche Daten ihr »rollender Computer«, wie sich moderne Autos bereits heute bezeichnen lassen, erhebt, wer Zugriff auf diese Daten hat und wozu sie genutzt werden.

Denn die Fahrzeuglenker erwarten als Urheber dieser personenbezogenen Informationen Gegenleistungen für das Bereitstellen ihrer Daten: sei es in Form von persönlichen Benefits, wie etwa bei den Telematik-Versicherungstarifen, oder in puncto gesamtgesellschaftlicher Profite bei der Konzeption einer nachhaltigeren zukünftigen Mobilität, die stärker an Klima- und Umweltschutz orientiert ist.

Dass die Nutzung von Mobilitätsdaten mittel- und unmittelbar Vorteile für die Allgemeinheit mit sich bringt, hat sich vielen Verbrauchern bereits erschlossen, wie die Studie ausweist. So erkennen viele Konsumenten, dass die Bereitstellung bzw. das Teilen von Daten zwischen den verschiedenen Akteuren der Mobilität eine Grundvoraussetzung für die Realisierung von Nutzenpotenzialen ist, die mit Big Data im Verkehr verknüpft werden. Auch machen die Autoren der Studie des Goslar-Instituts deutlich, dass die Mobilitätsdaten viel zu wertvoll sind, um sie ungenutzt zu lassen. Sind Mobilitätsdaten daher als »Open Data« im Sinne von »gesellschaftlichem Gemeingut« anzusehen?

Verkehrssicherheit und Verkehrssteuerung als Ziele

Dazu vertritt rund ein Drittel (30 Prozent) der für die GI-Studie Befragten die Ansicht, dass Datenströme aus dem Internet innerhalb bestimmter Regeln der Allgemeinheit zur Verfügung stehen sollten – so wie das auch bei Straßen, Schienen oder Stromleitungen der Fall ist.

Ebenfalls rund 30 Prozent meinen, dass es im Sinne des öffentlichen Interesses richtig sei, die Fahrzeugdaten für die Verkehrssicherheit und Verkehrssteuerung zu erfassen. Eine Mehrheit von rund 50 Prozent ist bei beiden Themen jedoch noch unentschlossen, während nur ein Fünftel der Befragungsteilnehmer (21 Prozent) hierzu negativ eingestellt ist.

Wird zusätzlich auf die Anonymität der Daten hingewiesen, wächst der Anteil der Befürworter bei dieser Fragestellung nochmals leicht und der der Ablehnenden wird geringer: 34 Prozent bejahen nun eine generelle (also obligatorische) Datenteilung »für die Allgemeinheit«, nur 15 Prozent lehnen so etwas pauschal ab. Die Mehrheit plädiert für eine optionale Lösung, bei der die Nutzer über die Freigabe entscheiden können.

Vergütung für die Daten gewünscht?

Auf die ergänzende Frage, ob auch im Falle von »Open Data« eine Vergütung der Datennutzer durch die Datenurheber erfolgen sollte, betrachtet eine Mehrheit von 57 Prozent der für die Studie Befragten die anfallenden Mobilitätsdaten als gemeinsame Ressource und nicht als zu handelnde Ware. Eine Vergütung wird entsprechend verneint.

Allerdings dominiert diese Sicht vor allem in den älteren Bevölkerungsschichten, wie die Autoren der Untersuchung feststellen. Bei den unter 40-Jährigen kippt das Bild insofern, als eine knappe Mehrheit für die Bezahlung der Daten plädiert. Dies könne als Indiz dafür gewertet werden, dass Daten zunehmend als wertvoller »Rohstoff« respektive Ware oder Währung verstanden werden könnten, resümieren die Verfasser der aktuellen Studie des Goslar Instituts zu »Big Data in der Mobilität«.

Entscheidend für die Mobilität der Zukunft

Grundsätzlich zählen personenbezogene Daten und damit auch Mobilitätsdaten nicht per se zu den offenen Daten. Allerdings sind solche Informationen essenziell für zukunftsorientierte Mobilitätskonzepte. Wesentlich für die Bereitschaft in der Bevölkerung, eigene Daten zum öffentlichen Nutzen zugänglich zu machen, ist das Vertrauen der Verbraucher in die beteiligten Akteure.

In dieser Hinsicht messen die Konsumenten den Autoversicherern einen geradezu »behördenähnlichen« Status bei, wie die Studie verdeutlicht – insbesondere was den verantwortlichen Umgang mit Mobilitätsdaten anbetrifft. Vor dem Hintergrund könnte sich die Branche als prädestiniert erweisen, die Rolle eines »Mobilitätsdatenwächters« wahrzunehmen, wie dies auch Verbraucherorganisationen befürworten.


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