Interpol hat den libanesischen Behörden einen internationalen Haftbefehl gegen Ghosn zukommen lassen, wie gerade bekannt wurde, in der Türkei sind angebliche Fluchthelfer festgenommen worden.
Selber will Ghosn am 8. Januar in Beirut eine Pressekonferenz geben. Das hat Ghosn über seine Rechtsanwälte mitteilen lassen, wie »Le Figaro« schreibt.
In der Türkei sind unterdessen sieben mutmaßliche Helfer festgenommen worden, die Carlos Ghosn bei seiner Flucht in den Libanon unterstützt haben sollen. Darunter seien vier Piloten, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Dabei soll der inzwischen für den regulären Betrieb geschlossene Atatürk-Flughafen in Istanbul genutzt worden sein. Ghosn war unerlaubt aus Japan ausgereist und am Sonntagabend mit einem Privatjet auf dem Internationalen Flughafen in Beirut gelandet.
Frankreich würde nicht ausliefern
Die Staatssekretärin im französischen Wirtschafts- und Finanzministerium, Agnès Pannier-Runacher, erklärte inzwischen gegenüber dem Sender BFMTV: »Wenn Herr Ghosn nach Frankreich käme, würden wir Herrn Ghosn nicht ausliefern, denn Frankreich liefert niemals seine eigenen Staatsangehörigen aus.« Pannier-Runacher erinnerte allerdings erneut daran, dass niemand über dem Gesetz stehe. Die französischen Behörden hatten nach eigenen Angaben von Ghosns überraschender Flucht aus den Medien erfahren.
Das falsche Orchester
Offenbar hatte an Weihnachten ein Orchester in Ghosns Domizil in Tokio live aufgespielt, wo er seinen Hausarrest verbrachte. Als die Orchestermitglieder – laut des libanesischen Fernsehsenders in Wirklichkeit eine verkleidete paramilitärische Gruppe – das Haus wieder verließen, hätten sie Ghosn versteckt in einem Instrumentenkoffer aus dem Haus geschmuggelt, ohne dass es aufgefallen sei.
Die japanischen Behörden wurden offenbar genauso überrascht wie die Rechtsanwälte von Ghosn in Japan. Da dürfte es nur ein geringer Trost sein, dass Japan die von Ghosn bisher geleistete Kaution in Höhe von 12,3 Mio. Dollar einbehalten kann.
Wie genau die Flucht verlief, ist bisher nicht bekannt. Ghosns Frau Carole, die aus dem Libanon stammt, hätte bei der Planung kräftig mitgewirkt, durchgeführt hätte sie ein »privater Dienst«, wie es in den Medien heißt. Kein Wunder dass die Spekulationen ins Feld schießen. Selbst dass Japan dahinter stecken könnte, um ein Image-Problem auf diese Art loszuwerden, wurde schon kolportiert. Das dürfte aber eher unwahrscheinlich sein, denn die japanischen Behörden geben in der jetzigen Wendung des Dramas ein eher trauriges Bild ab. In einer Lachnummer als die begossenen Pudel dazustehen, dürfte wohl kaum ihr Ziel gewesen sein.
Ghosn-Mitarbeiter wartet in Japan auf Prozess
Nach japanischem Recht wird es kaum möglich sein, den Prozess ohne den Hauptangeklagten durchzuführen, dem eine Haft bis zu 15 Jahren gedroht hatte.
Unterdessen wartet der ebenfalls in Japan festgesetzte ehemalige Nissan-Finanzchef und enge Mitarbeiter von Ghosn, der Amerikaner Greg Kelly, auf sein Verfahren. Dieser Prozess wird auf jeden Fall in diesem Jahr in Japan stattfinden – es sei denn, auch er entschließt sich noch zur »Ausreise«.
Nissan und Behörden blamiert
Wenn die Behörden in Japan bisher kein gutes Bild in dem Fall abgegeben haben – die japanische Justiz hatte Ghosn extrem hart behandelt, ihr Vorgehen konnte keinesfalls den Verdacht entkräften, dass es sich um ein Komplott gegen Ghosn gehandelt habe, wie dieser immer wieder erklärte – so trifft dies auch auf Nissan zu.
Das Unternehmen hatte unter Ghosns »Ziesohn« Hiroto Saikawa Untersuchungen gegen Ghosn durchgeführt. Auf Basis der so etderckten Unregelmäßigkeiten, die Ghosn angelastet wurden, hatte die Staatsanwaltschaft ihn im November 2018 festnehmen lassen und das Drama hatte seinen Lauf genommen. Einen kurzen Überblick finden Sie hier. Saikawa musste im September als Nissan-Chef zurücktreten, eine Troika übernahm unter Führung von Makoto Uchida die Aufgabe, Nissan zu restrukturieren. Die Nummer 3 in der Nissan-Hirarchie, Jun Seki, hat die Troika allerdings schon wieder verlassen, ihm erscheint es reizvoller, jetzt die Führung des japanischen Elektromotorenherstellers Nidec zu übernehmen.