Carlos Ghosn

Flucht in den Libanon

31. Dezember 2020, 8:27 Uhr | dpa, Heinz Arnold
Carlos Ghosn spricht während einer Pressekonferenz in Yokohama im November 2018.
© Koji Sasahara/AP/dpa

Der in Japan auf Kaution freigelassene frühere Renault- und Nissan-Chef Carlos Ghosn ist per Privatjet am Sontag in den Libanon geflohen.

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Er sei eigenmächtig und ohne Genehmigung der japanischen Behörde ausgereist, um nicht länger eine Geisel des manipulierten japanischen Justizsystems zu sein, erklärte er in einer Stellungnahme. Japans Justiz habe ihm grundlegende Rechte verwehrt, das Prinzip der Unschuldsvermutung ignoriert und gegen internationale Abkommen verstoßen: »Ich bin dem Unrecht und politischer Verfolgung entkommen.« Am 19. November 2018 war Ghosn in Tokio wegen Verstoßes gegen Börsenauflagen festgenommen und angeklagt worden. Die Chronologie der Ereignisse lesen Sie hier.

Aus dem Außenministerium in Tokio hieß es, Japans Regierung sei nun auf Hilfe der libanesischen Behörden angewiesen, weil kein Auslieferungsabkommen mit dem Mittelmeerstaat bestehe, wie der Sender NHK berichtete. In der Nacht zuvor hatte es erste Berichte aus dem Libanon gegeben, dass Ghosn völlig überraschend an Bord eines Privatjets in Beirut gelandet sei – und das schon am Sonntagabend.

Libanesische Sicherheitskreise bestätigten dies der Deutschen Presse-Agentur.
Ghosn, der neben der französischen und brasilianischen auch die libanesische Staatsangehörigkeit hat und ein Luxusanwesen in Beirut besitzt, war im April auf Kaution aus der Untersuchungshaft in Japan entlassen worden – unter strengen Auflagen, um zu verhindern, dass er flieht oder Beweismaterial vertuscht. Unter anderem wurde ihm verboten, das Land zu verlassen. Diese Auflagen wurden nie aufgehoben, wie das zuständige Bezirksgericht in Tokio laut der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo klarstellte.

Ghosn gilt als Architekt des internationalen Autobündnisses zwischen Renault, Nissan und Mitsubishi. Er soll laut Staatsanwaltschaft auch private Investitionsverluste auf Nissan übertragen haben. Nur wenige Tage nach seiner Festnahme wurde er von Nissan und kurz darauf auch Mitsubishi Motors als Verwaltungsratschef gefeuert. Im Januar trat er schließlich auch von seinem Posten als Renault-Konzernchef zurück. Ghosn hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe stets zurückgewiesen.


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