ADAS/autonomes Fahren und die dazugehörigen Radarmodule benötigen rechenstarke Mikrocontroller oder Prozessoren. Aus Adlkofers Sicht ist das kein Problem für Infineon, denn mit seiner Familie AURIX könne das Unternehmen rund 90% aller Steuerungs- und Verarbeitungsaufgaben abdecken, die einen 32-Bit-Controller benötigen. Adlkofer: »Die Performance dieser Multicore-Mikrocontroller reicht aus, um die neusten Analysealgorithmen für Radaranwendungen zu verarbeiten.« Darüber hinaus stehe den Entwicklern ein skalierbares Portfolio zur Verfügung, das einfachere ADAS-Funktionen genauso abdeckt wie komplexe Systeme für autonomes Fahren. Die Mikrocontroller sind so konzipiert, dass Systeme realisierbar sind, die den Safety-Anforderungen bis ASIL-D gerecht werden. Und in puncto Security müssten sich die Entwickler ebenfalls keine Sorgen machen, da die Mikrocontroller mit den neuesten Kryptografie-Technologien ausgestattet sind. Die Message scheint im Automotive-Markt angekommen zu sein, denn Adlkofer erklärt weiter: »Wichtige Anbieter von Radarsystemen planen, ab 2020 die Radar-Varianten des AURIX 2G einzusetzen.«
Saubere Fahrzeuge
Laut Adlkofer ist China hinsichtlich der E-Mobilität die weltweit führende Region. Aber auch andernorts fahren die Hersteller ihre Aktivitäten rund um die E-Mobilität hoch. Adlkofer: »Die Forderung nach umweltverträglichen Fahrzeugen wird dadurch begünstigt, dass der Batteriepreis schneller sinkt als erwartet. 2018/2019 dürfte der Preis unter 200 Euro/kWh liegen.« Auch hier sieht Adlkofer Infineon in einer äußerst günstigen Ausgangsposition, denn die Elektrifizierung treibt die Nachfrage nach Halbleitern ebenfalls nach oben, insbesondere nach Leistungshalbleitern. Infineon geht davon aus, dass in 48-V-/Mild-Hybridfahrzeugen – bis 2025 soll die Anzahl auf rund 15 Mio. Fahrzeuge steigen – Leistungshalbleiter in einem Wert von rund 75 Dollar pro Fahrzeug notwendig sind. Bei Hybridfahrzeugen und Plug-In-Hybriden steigt dieser Wert bereits auf rund 250 Dollar pro Fahrzeug, bei reinen Elektrofahrzeugen, die ausschließlich mit Batterie betrieben werden, sogar auf 380 Dollar pro Fahrzeug. Adlkofer: »Mit dem Übergang vom Verbrennungsmotor zum Hybridfahrzeug steigt der Leistungshalbleiteranteil pro Fahrzeug um den Faktor 15 – und unser Produktportfolio deckt die gesamte Bandbreite hierfür ab.«
Und wie schon gesagt, hier ist Infineon bereits führend. Laut Adlkofer steht den Entwicklern bei Infineon das industrieweit breiteste Modul-Portfolio für die Elektromobilität zur Verfügung. Das bezieht sich einerseits auf SiC, aber auch auf Si. Auch wenn viel über SiC geredet wird, ist Adlkofer überzeugt, dass auch bei den Standard-IGBTs noch einiges zu holen ist, sprich niedrigere RDSon-Werte durchaus noch möglich sind. Außerdem mahnt Adlkofer, dass man beim Vergleich von SiC und Si genau darauf achten sollte, was man vergleicht. Rein rechnerisch ist es zwar richtig, dass beim Ersatz von IGBTs durch SiC-Komponenten der Wirkungsgrad um 5% erhöht werden kann, aber: Um dieses Potenzial vollständig ausnutzen zu können, sind viele weitere Optimierungen– zum Beispiel am Gehäuse und Motor – durchzuführen, der alleinige Austausch der Komponenten reicht nicht. Adlkofer: »Wir gehen davon aus, dass SiC frühestens 2020 in Premiumfahrzeugen von über 40 kWh zum Einsatz kommt, wobei sich mit Anhebung der Batteriespannung auf 800 V und den passenden Schnellladesystemen die Attraktivität von SiC noch weiter erhöht. Module werden der bevorzugte Formfaktor sein. Der eigentliche Massenmarkt wird wohl nicht vor 2025 starten.«
Security
Ein Fahrzeug bietet dank diverser Funktechnologien einen idealen Zugang für Hacker. So sind in der Telematik-Box, die die Verbindung von Fahrzeug zur Außenwelt darstellt, viele verschiedene Kommunikationstechnologien zu finden, angefangen mit WLAN, über BT, und in Zukunft 5G. Das zentrale Gateway, das zwischen Telematik-Box und dem eigentlichen Fahrzeug sitzt, muss also sicher sein. »Infineon kann hier nicht nur mit seinen AURIX-Con-trollern punkten, sondern auch mit seinem Sicherheits-Know-how aus der Chipkarten- und Bankenwelt, das auf die Automobilbranche adaptiert wird«, so Adlkofer. Wobei er betont, dass die Security auf verschiedenen Ebenen eingeführt werden und skalierbar sein muss. Ein Beispiel: Eine Telematik-Einheit muss hochperformant sein, die Authentisierung durchführen und die Daten ins Fahrzeug übertragen. Die eigentliche Sicherheitsüberprüfung der Daten findet dann im zentralen Gateway statt. Eine Lenkung hat eine eigene »Firewall«, sie überprüft die Zugriffsberechtigung und kontrolliert, ob der Code manipuliert wurde. Adlkofer: »Die Automobilindustrie kann von anderen Branchen lernen und Infineon kann beim Thema Cybersicherheit unterstützen. Denn wir können unser Wissen aus Chipkarten-und Bankenbereich mit dem Know-how im Automotive-Markt kombinieren. «
Das ist noch nicht alles
Neben den eben beschriebenen Wachstumssegmenten adressiert Infineon noch weitere Anwendungsgebiete im Fahrzeug. Dazu zählt einerseits die Beleuchtung durch LEDs, andererseits aber auch Themen wie das zukünftige Entertainment oder Komfortfunktionen – beispielsweise für den Autositz von morgen. Adlkofer: »Dabei geht es beispielsweise um die Frage, welche Features ein Auto in Zukunft aufweisen muss, wenn wir zwar noch im Auto sitzen, aber nicht mehr die ganze Zeit selbst fahren. Sollte dann ein Fahrzeug beispielsweise eine Büroumgebung oder eine bequeme Möglichkeit zum Zeitunglesen bieten?« Darüber hinaus sieht Adlkofer auch für ToF-Kameras mit Infineons 3D-Bildsensorchips gute Chancen im Fahrzeug, denn in Zukunft würde es aus rechtlichen Gründen notwendig, zu erkennen, ob der Fahrer Anzeichen von Müdigkeit zeigt oder abgelenkt ist. Diese Informa-tionen sind immer dann nötig, wenn die Kontrolle über das Fahrzeug wieder an den Fahrer zurückgegeben werden soll.
Adlkofer ist der Überzeugung, dass Infineon keine neuen Produktgruppen aus dem Hut zaubern muss, um auch zukünftige Entwicklungen mittragen zu können. Gerade das Beispiel ToF-Kamera zeige, wie entscheidend vielmehr die Überlegung darüber ist, welche Features die Produkte ermöglichen können. Darüber hinaus geht es natürlich auch um Weiterentwicklungen, beispielsweise in Richtung höhere Integration oder Senkung des Stromverbrauchs. Auch hier macht Adlkofer die Zielrichtung an einem Beispiel deutlich: Zum Beispiel werden heute für KI im Fahrzeug häufig Intel- oder Nvidia-Prozessoren verwendet, deren Energieverbrauch im Bereich von einigen 100 W liegt. Für ein Serienfahrzeug sind diese Leistungsaufnahmen kaum zu halten, speziell wenn es sich um E-Fahrzeuge handelt. »Rund 90% der Innovationen im Auto sind durch Elektronik getrieben und damit durch Halbleiter. Energie- und Kosteneffizienz, Qualität, Safety und Security sind auch für das Auto der Zukunft ein Muss«, so Adlkofer abschließend.