Interview mit Martin Goetzeler, dSpace

„Bescheiden bleiben, aber sichtbarer werden“

30. August 2018, 10:52 Uhr |
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Die Bedeutung der internationalen Standorte

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»Für ein mittelständisches Unternehmen ist es schon ein großer Aufwand, immer wieder zu überprüfen, für welche Fertigungsstandorte und Lieferströme nun welche Zölle gelten.«
© dSpace

Bleiben wir in der Gegenwart: Wo sehen Sie aus strategischer Sicht momentan den größten Handlungsbedarf bei dSpace?

In vielen Bereichen stehen wir als führender Anbieter von Hard- und Software-Produkten für die Entwicklung und den Test mechatronischer Regelsysteme sehr gut da. Das gilt sowohl für die Innovationskraft bei neuen Themen, die globale Ausrichtung und die konsequente Kundenorientierung als auch für das hochmotivierte multikulturelle Team, das sehr fair und wertschätzend miteinander umgeht. Ich habe inzwischen bereits 25 große Kunden besucht und dort viel positives Feedback erhalten. Entwicklungschancen sehe ich vor allem im Bereich Prozess- und Strukturverbesserungen sowie bei einer weiteren Internationalisierung und einer stärkeren Positionierung unserer Marke nach außen. Und bei innovativen Themen wie autonomes Fahren sowie Elektromobilität werden wir weiter aufs Tempo drücken.

Was wollen Sie konkret ändern?

Gerade bei über längere Zeit gewachsenen Strukturen besteht immer das Risiko, dass sie an Effizienz verlieren. Unsere Supply-Chain etwa ist momentan sehr arbeitsteilig organisiert: Es gibt eine Auftragserfassung, eine Disposition, einen Einkauf, eine Produktion, eine Lagerhaltung und einen Versand. Mit einer stärkeren Integration von Teilen der Prozesse sowie einer durchgängigeren Verantwortung können wir die Strukturen verbessern und die Produktivität erhöhen. Bei der Personalentwicklung wiederum ist eine konsequente Unterscheidung zwischen Experten- und Management-Karrieren sinnvoll, um die jeweils am besten geeigneten Talente für Führungspositionen möglichst im eigenen Haus zu finden.

Welche Rolle spielen die drei größten Trends im Automotive-Bereich – Elektromobilität, automatisiertes Fahren und Vernetzung – für dSpace?

Die drei Themen interagieren sehr stark und sind daher auch alle gleichermaßen relevant für uns. Nehmen Sie zum Beispiel den e.Go Mover aus Aachen. Das ist ein hochautomatisierter Elektro-Kleinbus, der natürlich auch vernetzt ist. Bei der Entwicklung der autonomen Fahrfunktionen kommt unsere MicroAutoBox, ein Echtzeitsystem für schnelles Funktions-Prototyping, zum Einsatz. In Paris wiederum fährt bereits der autonome Shuttle-Bus Navya Arma, für dessen Entwicklung die Multisensor-Applikationsplattform RTMaps verwendet wurde. Im Bereich Elektromobilität sind wir führend und bieten eine Komplettlösung für verschiedene Anwendungsbereiche an. Dazu gehören Simulatoren für Elektromotoren und Umrichter ebenso wie Werkzeuge für die Validierung von Ladestationen oder Batteriemanagementsystemen. Beim autonomen Fahren spielen zudem auch realistische Umfeldsimulationen, also die Virtualisierung der Verkehrsumgebung, eine wichtige Rolle. Dafür stellen wir ein breites Lösungsangebot zur Verfügung.

Wie wirken sich die genannten Trends auf die konkrete Produktentwicklung aus?

Eine Konsequenz daraus ist, dass wir den Bereich Entwicklung und Engineering personell deutlich aufstocken. Denn zu unseren Kernkompetenzen kommen nun neue Dinge, wie etwa Cloud-Computing und künstliche Intelligenz. Darüber hinaus arbeiten wir in Teilbereichen auch mit Partnern zusammen, die über entsprechendes Know-how verfügen. Bei den konkreten Produkten wirken sich diese Trends u.a. so aus, dass wir immer leistungsfähigere Hardware-Plattformen verbauen. Damit lassen sich zum Beispiel beim Prototyping komplexe Algorithmen und neuronale Netze – Stichwort KI – berechnen, sodass bei der Ankopplung von Radar-, Lidar- oder Kamera-Sensoren die entsprechenden Signale erfasst, verarbeitet und fusioniert werden.

Als besondere Herausforderung gilt der Test von selbstlernenden Systemen, da diese ständig ihr Verhalten ändern können.

Um solchen Herausforderungen begegnen zu können, sind wir in Forschungsprojekten wie etwa Pegasus aktiv. Dort geht es konkret darum, Testmethodiken für die Zulassung von autonomen Fahrzeugen zu definieren. Um die entsprechenden KI-Lösungen abzusichern, werden wir in unseren Testsystemen eigene KI einsetzen. Deshalb haben wir in diesem Bereich bereits Kompetenz im eigenen Haus aufgebaut und werden sie weiter ausbauen. Unser Anspruch ist und bleibt, unsere Kunden beim gesamten Prozess von der Entwicklung bis zur Zulassung zu unterstützen.

Im Mai hat dSpace einen neuen Standort in den USA in der Nähe des amerikanischen Hauptsitzes eröffnet und im Juli ein neues Projektzentrum in Großbritannien. Darüber hinaus gibt es Niederlassungen in Frankreich, Japan und China. Welche Bedeutung haben die internationalen Standorte für dSpace?

Für uns ist das internationale Geschäft sehr wichtig: Wir machen heute knapp 70 Prozent des Geschäfts im Ausland. Ich hatte ja bereits erwähnt, dass wir in der weiteren Internationalisierung eine Chance sehen. Konkret schauen wir etwa, ob sich über den Vertrieb und Support hinaus zusätzliche Prozesse globalisieren lassen. Wir betreiben heute schon in den USA Engineering und Montage. Da geht es vor allem um die Nähe zum Kunden und die beschleunigte Interaktion mit ihm. Wir werden in Kürze auch einen eigenen Entwicklungsstandort in Kroatien eröffnen. Dabei ist Paderborn unser Rückgrat.


  1. „Bescheiden bleiben, aber sichtbarer werden“
  2. Die Bedeutung der internationalen Standorte
  3. Ziel ist es, den Entwicklungsprozess zu beschleunigen...

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