Steuern auf Benzin und Diesel sind eine wichtige Einnahmequelle für den Staat. Woher soll in Zukunft das Geld kommen, wenn der größte Teil der Fahrzeugflotte elektrifiziert ist? Ein schwedisches Forscherteam hat verschiedene Maßnahmen und ihre Folgen untersucht.
In den meisten Industrieländern wird der Autoverkehr heute höher besteuert als alles andere. Damit werden zum einen die öffentlichen Ausgaben für Verkehrssysteme und andere Wohlfahrtseinrichtungen finanziert, zum anderen soll der Einzelne für Kosten aufkommen, die sonst von der Gesellschaft als Ganzes getragen werden müssten. Zu diesen Kosten gehören die Abnutzung der Straßen, Kohlendioxidemissionen und andere Formen der Umweltverschmutzung.
Mit immer sparsameren Autos und einer zunehmenden Zahl von Elektrofahrzeugen droht den Regierungen jedoch ein Loch in den Finanzen. Um hier Abhilfe zu schaffen, wird in mehreren Ländern über die Einführung einer Steuer pro gefahrenem Kilometer nachgedacht, die durch die Überwachung unserer Autos durch technische Systeme ermöglicht werden soll. Maria Börjesson, außerordentliche Professorin an der Fakultät für Management und Ingenieurwesen der Universität Linköping und Professorin am schwedischen Nationalen Forschungsinstitut für Straßen und Verkehr, hält das für eine schlechte Idee. Denn es wäre kostspielig, zu kontrollieren, dass niemand betrügt.
In einer Studie, die in der Zeitschrift Transport Policy veröffentlicht wurde, schlagen die Forscherinnen und Forscher der Universität Linköping eine andere Lösung vor: An bestimmten Orten, zu bestimmten Zeiten verursachen Autos Staus. An Orten, die bereits überlastet sind, werden diese Staus wahrscheinlich noch zunehmen, wenn es billiger wird, Fahrzeuge mit Strom zu betreiben. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler halten es daher für vertretbar, den Einzelnen durch eine Stauabgabe, beispielsweise eine Citymaut, dafür zahlen zu lassen.
In Schweden wird schon heute für Stockholm und Göteborg eine Citymaut erhoben. Für am effektivsten halten es die Forscherinnen und Forscher der Universität Linköping also, diese Stausteuer zu erhöhen.
Um zu untersuchen, wie hoch und wie breit die Steuer sein muss, haben sie eine Simulation der Verkehrssituation auf allen Straßenabschnitten in einem weiten Gebiet um Stockholm im Jahr 2040 durchgeführt, wenn fast alle Autos elektrisch betrieben werden. Das Gebiet mit vier Millionen Einwohnern wurde ausgewählt, weil es sich sowohl aus ländlichen Gebieten als auch aus Städten unterschiedlicher Größe zusammensetzt. Der Grad der Verstädterung ist ähnlich wie in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich. Soweit den Forschern bekannt ist, ist dies das erste Mal, dass eine Simulation über ein so großes und vielfältiges Gebiet durchgeführt wurde.
Die Simulation zeigt, dass die schwerwiegendsten Staus – genau wie heute – zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten rund um Stockholm und die Stadt Uppsala auftreten, während die meisten Straßenabschnitte kaum oder gar nicht überlastet sind. Um den Verkehrsfluss im Jahr 2040 auszugleichen, muss die Maut auf mehr Strecken erhoben und auch zu bestimmten Zeiten deutlich erhöht werden. Heute beträgt die Straßenbenutzungsgebühr in der Stockholmer Innenstadt in der Hochsaison zu Spitzenzeiten umgerechnet fast 4 Euro. In Zukunft könnte dieser Betrag während der Hauptverkehrszeiten mindestens verdoppelt werden.
»Es ist vermutlich am effektivsten, wenn die Staugebühren zu den schlimmsten Zeiten sehr hoch sind, während sie zu anderen Zeiten deutlich niedriger ausfallen. Aber für den Großteil des Straßenverkehrs in Schweden ist die Staugebühr nicht wirksam«, sagt Maria Börjesson.
Zur Deckung der Kosten, die zusätzlich von der Gesellschaft getragen werden müssen, wie zum Beispiel Straßenabnutzung, könnte eine leicht erhöhte Kfz-Steuer wirksam sein. Laut der Analyse des Forscherteams würden die Einnahmen aus der Staugebühr und der erhöhten Kfz-Steuer die Kosten der Gesellschaft für den Straßenverkehr decken. Wenn Einnahmen für die Finanzierung des allgemeinen Wohlstands benötigt werden, empfehlen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine breitere Steuergrundlage, zum Beispiel eine Mehrwertsteuer. Dies sei jedoch eine politische Frage, so Maria Börjesson.
Natürlich gibt es in der Simulation Unwägbarkeiten wie das Wirtschaftswachstum, die Bevölkerungsentwicklung und die Kosten für den Kauf eines Autos in der Zukunft. Ein mögliches Problem bei den Schlussfolgerungen der Studie ist, dass die Bewohner größerer Städte es als ungerecht empfinden könnten, wenn sie einen so großen Teil der Kosten für das gesamte Straßennetz tragen müssen. »Das hängt davon ab, wie man es betrachtet. Diejenigen, die in ländlichen Gebieten leben, würden davon profitieren, aber das ist wiederum eine politische Frage«, sagt Maria Börjesson.
Die Studie wurde von der schwedischen Verkehrsbehörde finanziert und in Zusammenarbeit mit Disa Asplund vom Swedish National Road and Transport Research Institute und Carl Hamilton vom Royal Institute of Technology durchgeführt.