Elektrifizierungsstrategien

Der Weg zur CO2-neutralen Flotte

19. August 2023, 8:30 Uhr | Autor: Klaus Böckers, Redaktion: Irina Hübner
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Das Thema Elektrifizierung steht weit oben auf der Agenda von Flottenmanagern. Doch die Frage ist, wo fängt man damit an? Eine durchdachte Elektrifizierungsstrategie ist erforderlich.

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Fossile Treibstoffe sind ein Auslaufmodell. Die Umstellung auf CO2-neutrale Antriebskonzepte wird in den kommenden Jahren immer mehr an Relevanz gewinnen. Neben den offenkundigen gesetzlichen Regelungen wie dem sogenannten »Verbrenner-Aus« sprechen noch weitere Gründe dafür, dass Flottenmanager bereits heute damit beginnen sollten, eine Strategie auszuarbeiten, wie sie ihren Fuhrpark soweit wie möglich elektrifizieren können: Nachhaltigkeit ist heutzutage eine Anforderung an alle Unternehmen – Kunden und die Öffentlichkeit erwarten umweltbewusstes Wirtschaften.

Daneben sprechen aber auch harte ökonomische Fakten für den Umstieg. Eine Studie von Geotab, für die Daten von mehr als 46.000 Pkw und leichten Nutzfahrzeugen in 1.300 Fuhrparks aus 17 europäischen Ländern analysiert wurden, hat ergeben, dass über 86 % aller Fahrten mit existierenden E-Fahrzeuge hätten durchgeführt werden können, und dass sogar über 60 % aller Fahrzeuge wirtschaftlich durch E-Fahrzeuge ersetzt werden können. Diese Flotten könnten in den kommenden sieben Jahren insgesamt 261 Mio. Euro einsparen, was durchschnittlich ca. 9.500 Euro pro Fahrzeug und über 156.000 Tonnen CO2 entspricht.

Elektrifizierung braucht Strategie

Um Einsparungen und andere positive Effekte einer elektrischen Flotte tatsächlich realisieren zu können, bedarf es einer sinnvollen Strategie. Schließlich sind E-Fahrzeuge heute gegenüber Verbrennern noch einigen Einschränkungen unterworfen. Während mit einem durchschnittlichen Diesel Reichweiten von 1.000 Kilometern und mehr keine Seltenheit sind, bewegen sich Top-E-Autos aktuell an der 600-Kilometermarke. Das gilt natürlich auch nur unter idealen Bedingungen, denn Temperaturveränderungen haben direkte und indirekte Auswirkungen auf die Leistung der Batterien. Die optimale Betriebstemperatur liegt bei 21,5 Grad Celsius. Darüber und darunter nimmt die Leistung sukzessive ab. Dazu kommen noch zusätzliche Verbraucher wie die Heizung im Winter und die Klimaanlage im Sommer, die die Reichweite nochmals verringern. Während Tanken zudem eine Sache von Minuten ist, bewegen wir uns bei Ladezeiten eher im Vielfachen davon.

Diese Einschränkungen sollen natürlich kein Argument gegen Elektrifizierung sein, denn diese ist unumgänglich, um die Klimaziele zu erreichen. Allerdings müssen Flottenmanager sich dieser Einschränkunngen bewusst sein, um eine realistische Einschätzung treffen zu können und eine zielführende Strategie auszuarbeiten. Dabei gilt es zunächst zu beurteilen, wo Elektrofahrzeuge am sinnvollsten eingesetzt werden können. Komplette Flotten auf einen Schlag auszutauschen, dürfte in den wenigsten Fällen sinnvoll sein. Vielmehr geht es um einen geplanten »Phase-out« von Benzinern und Dieseln, wenn diese das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht haben oder im Vergleich zur elektrischen Alternative nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben sind.

An diesem Punkt wird es allerdings schnell kompliziert. Wie lässt sich beurteilen, wo ein E-Auto wirklich Vorteile bringt und auf welchen gefahrenen Routen die Technik noch nicht reif für die realen Anforderungen ist? Um nicht ins Leere zu planen, benötigen Flottenmanager eine belastbare Datengrundlage.

Die Datengrundlage entscheidet

Fahrzeugdaten sollten die Grundlage aller Überlegungen hinsichtlich der Elektrifizierung von Flotten bilden. Dabei geht es einerseits um Grunddaten wie Anzahl, Alter, Laufleistung etc. der vorhandenen Fahrzeuge, eventuell bestehende Leasing-Verträge und so weiter.

Daneben sind aber vor allem auch Daten aus dem täglichen Betrieb der Fahrzeuge notwendig. Flottenmanager müssen erfassen, wie viele Fahrten pro Tag getätigt werden, wie lange diese dauern, wohin sie führen und um welche Umgebung es sich dabei handelt (ländlich oder urban; flach oder bergig). Weiter geht es darum, ob diese Fahrten regelmäßig und geplant stattfinden oder ob Fahrzeuge spontan eingesetzt werden, wie beispielsweise im Kundendienst. Wichtig ist außerdem, die Auslastung der Fahrzeuge im Tagesverlauf zu kennen und zu wissen, ob es regelmäßige, längere Stillstandzeiten gibt.

All diese Daten sind wichtig, um zu beurteilen, ob ein E-Fahrzeug sinnvoll auf einer bestimmten Route eingesetzt werden kann. Die daraus resultierenden Anforderungen müssen im Anschluss mit den Leistungsparametern von Fahrzeugen abgeglichen werden, die als Anschaffung in Frage kommen. Um die Entscheidungsfindung in dieser Sache zu erleichtern, können Unternehmen Tools zur Eignungsbeurteilung von Elektrofahrzeugen nutzen. Flottenmanager erhalten durch dieses Werkzeug Empfehlungen zu Marke und Modell, die folgende Parameter berücksichtigen: Verfügbarkeit der Fahrzeuge auf dem lokalen Markt, Leistung der Batterien auch bei extremen Wetterbedingungen sowie die Anschaffungskosten.

Telematikplattform als Informationszentrale

Daten spielen beim Thema Elektromobilität eine wichtige, sogar doppelte Rolle: Einerseits, um den Status-quo der eigenen Flotte genau zu erfassen und andererseits, um den erhöhten Planungsanforderungen nach der Integration von Elektrofahrzeugen gerecht zu werden. Flottenmanager, die größere Fuhrparks verwalten, sollten dafür auf eine Telematikplattform setzen, die Daten aus den Fahrzeugen an einem Ort zusammenführt und anschaulich aufbereitet. So lässt sich die Routenplanung optimieren, was durch die aktuell noch bestehenden Reichweiteneinschränkungen geboten ist. Moderne Lösungen bieten auch Integrationen, die sich speziell an elektrische Flotten richten. So lassen sich beispielsweise tagesaktuelle Karten mit Ladepunkten integrieren. Auch unter zeitökonomischen Gesichtspunkten sind Features wie der Echtzeitstandort von Fahrzeugen sehr sinnvoll. So lassen sich etwa im Kundendienst unnötige Anfahrtswege vermeiden, wenn die Zentrale direkt sehen kann, welcher Mitarbeiter sich gerade am nächsten zum Kunden befindet.

Klaus Böckers Geotab
Der Autor Klaus Böckers ist Vice President Nordics, Central and Eastern Europe bei Geotab.
© Geotab

Auch wenn bis zum sogenannten »Verbrenner-Aus« noch einige Jahre vergehen werden, sollten sich Unternehmen, die eine Fahrzeugflotte betreiben, bereits Gedanken machen, wie sie die Transformation zu einer CO2-neutralen Flotte bewerkstelligen, eine auf soliden Daten basierende Strategie erarbeiten und die Elektrifizierung sukzessive vorantreiben können.


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