Dem Fraunhofer IZM ist es gelungen, aktuelle Erkenntnisse aus der Leistungselektronik in die Entwicklung eines On-Board-Chargers einfließen zu lassen. Das Ergebnis: Ein fahrzeugeigenes Ladegerät mit doppelter Ladeleistung bei halbem Volumen, dazu bidirektional und maschinell gefertigt.
Wer mit dem E-Auto an eine Schnellladestation fährt, kann dort innerhalb von 15 bis 30 Minuten den Akku komplett aufladen. Das liegt zum einen daran, dass Schnellladestationen eine hohe Leistung bieten, einige bis zu 350 kW. Zum anderen liefern sie die Energie in Form von Gleichstrom, wie es der Auto-Akku verlangt. Somit kann die Batterie direkt geladen werden, ein Ladegerät im Auto wird dafür nicht gebraucht.
Anders verhält es sich bei Lademöglichkeiten auf Wechselstrom-Basis. Dazu gehören einerseits die gewöhnlichen Haushaltssteckdosen mit 1-phasigem Wechselstrom und bis zu 3 kW Leistung, wie sie in nahezu jeder Garage zu finden sind. Zum anderen können E-Autos an Ladepunkten im öffentlichen Raum oder an einer hauseigenen Wallbox am 3-Phasen-Drehstrom mit bis zu 22 kW geladen werden. Damit ist für viele E-Auto-Modelle ein vollständiges Laden des Akkus innerhalb von vier Stunden möglich. Ein gewisser Anteil der aktuellen E-Flotte ist aber nur für die Aufnahme von maximal 11 kW konzipiert – wegen ihres bordeigenen Ladegeräts, dem verbauten On-Board-Charger (OBC).
Zudem bestehen bisherige OBC aus mehreren diskreten Bauteilen, darunter große Spulen, die zum Teil in aufwändiger Handarbeit gefertigt und zusammengefügt werden müssen und letztlich viel Platz benötigen. Für viele Automodelle ist ein Upgrade von 11 auf 22 kW zu haben – durch Einbau eines zweiten oder größeren OBC-Moduls, das den ohnehin großen Platzbedarf verdoppelt und den Preis in die Höhe treibt.
Außerdem funktionieren die meisten OBC nur in eine Richtung, nämlich fürs Laden der Autobatterie. Den Strom können sie von dort nicht wieder ins Netz einspeisen oder die große Fahrzeugbatterie als Heimspeicher für die eigene Solaranlage genutzt werden. Das Speicherpotenzial der Auto-Akkus kann damit auch nicht für die anvisierte Energiewende genutzt werden.
Um diese Beschränkungen umgehen zu können, wurden am Fraunhofer IZM mehrere Komponenten entwickelt und auf kleinem Raum kombiniert. Eine dieser Komponenten ist ein Sinus-Amplituden-Converter (SAC) – ein resonanter Hochfrequenz-Transformator, der zunächst die galvanische Isolation der Fahrzeugbatterie vom Versorgungsnetz gewährleistet. Diese Trennung ist nötig, weil Kondensatoren des Bordnetzes niederfrequente Erdströme verursachen, die ihrerseits einen FI-Schutzschalter im Stromkreis auslösen würden und einen Betrieb so unmöglich machen.
Die eigentliche Verbesserung des SAC aber ermöglichen die verwendeten Galliumnitrid-Halbleiter (GaN). Sie ermöglichen es, den Transformator mit einer Taktfrequenz von 1,3 MHz, also 1,3 Millionen Mal pro Sekunde, ein- und auszuschalten. Dazu Oleg Zeiter vom Fraunhofer IZM, der federführend an der Entwicklung des OBC beteiligt war: »Durch diese hohen Taktfrequenzen können wir die Bauteile gänzlich anders auslegen.« Das betrifft vor allem eine weitere Komponente: die PFC-Drossel.
Eine andere zentrale Komponente in einem OBC ist der so genannte Power-Factor-Correction-Konverter (PFC). Er bildet die Schnittstelle zum Versorgungsnetz und stabilisiert die Wechselspannung auf der Eingangsseite in Sinusform bei – je nach Netz – 50 bzw. 60 Hz. Dazu werden Drosseln benötigt – in bisherigen OBC ein sehr sperriges Bauteil, das zudem bei der Fertigung hohe Kosten verursacht.
Am Fraunhofer IZM wurde nun eine flache PFC-Drossel auf Leiterplattenbasis entwickelt – mit vier magnetisch gekoppelten Wicklungen auf einem gemeinsamen Ferritkern. Das hat den großen Vorteil einer kostengünstigen maschinellen Fertigung und spart dabei viel Platz. Die planare Bauform mit PCB ermöglicht zwar nur niedrigere Induktivitäten, die allerdings für die mit SiC-Schaltern aufgebaute und mit 140 kHz getaktete PFC kein Hindernis darstellen.
»Weil wir so schnell takten können, ist es uns möglich, die geringe Induktivität zu handhaben«, sagt Oleg Zeiter. »Wenn wir den Strom nur für sehr kurze Zeit einschalten, erreicht er die großen Stromstärken gar nicht erst, auch bei niedriger Induktivität. Die kurzen Schaltfolgen machen es möglich.«
Durch diese cleveren Aufbau- und Verbindungstechniken ließ sich am Fraunhofer IZM ein OBC realisieren, der das Volumen solcher Geräte auf 3 Liter reduziert und damit im Vergleich zu gängigen Ladegräten halbiert, die Ladeleistung jedoch von 11 auf 22 kW verdoppelt. »Wir nehmen jetzt im Prinzip nur eine große Leiterplatte. Durch unsere Packaging-Lösungen braucht alles andere nur noch von der Maschine auf diese Leiterplatte aufgebracht werden«, so Oleg Zeiter. Auf diese Weise können die Herstellungskosten deutlich gesenkt werden.
Damit ist die Liste der Vorteile des neuen OBCs aber noch nicht abgeschlossen: Das Modul ist mit 400- und 800-V-Batterien kompatibel und hat einen Wirkungsgrad von über 97 Prozent. Nicht zuletzt ist es mit dem neuen OBC möglich, den Strom in beide Richtungen fließen zu lassen, also auch von der Batterie ins Netz. Diese Hausaufgabe für die Energiewende ist von Seiten der Forschung und Entwicklung also schonmal erledigt. Rückenwind durch europäische Fördermittel kam dabei vom der Initiative ECSEL JU (Electronic Components and Systems for European Leadership Joint Undertaking) im Horizon 2020 Rahmenprogramm für Forschung und Innovation.
Der On-Board-Charger ist auf der PCIM Europe vom 11. bis 13. Juni am Stand des Fraunhofer IZM (Halle 5, Stand 300) zu sehen.