Um die Interoperabiltiät der CAN-FD-Implementierungen zu prüfen und erste firmenübergreifende Erkenntnisse über die physikalische Auslegung von CAN-FD-Netzwerken zu gewinnen, veranstaltet der CiA sogenannte Plugfests. Beim letzten im Oktober 2014 beteiligten sich 14 Firmen (Bild 2).
Darunter waren Mikrocontroller-Hersteller (Infineon, Renesas, Spansion und STM) sowie Firmen, die FPGA-Implementierungen verwendeten (Bosch, esd, Ixxat/HMS, Kvaser, National Instruments und Peak). Selbstverständlich waren auch Vertreter der Fahrzeughersteller anwesend (Daimer, Opel/GM und Volkswagen). In der Arbitrierungsphase wurden die Daten mit 500 kbit/s übertragen. Für die Datenphase begann man mit 1 Mbit/s und erhöhte die Datenrate auf maximal 10 Mbit/s. Bis zu einer Bitrate von 5 Mbit/s wurden keine Fehler registriert – selbst bei Buslasten bis zu 100 Prozent über einen längeren Zeitraum (mehrere Hunderttausend Nachrichten). LeCroy nahm mit einem passiven Busanalysator teil, der die einzelnen Bits des CAN-FD-Protokolls interpretieren konnte. Vector und Volkswagen haben anlässlich des Plugfest ihre ISO-Transportprotokoll-Implementierungen nach ISO 15765-2 getestet. Die Übertragung von Datenpaketen mit mehreren Megabytes verlief fehlerfrei.
Weitere CAN-FD-Plugfests sind bereits geplant. Anfang März 2015 findet ein Plugfest in Nürnberg statt, bei dem es unter anderem um die von Denso vorgestellte Reflexionsunterdrückung geht. Damit wird die Robustheit von CAN-FD-Netzwerken deutlich verbessert werden. Ende März 2015 wird in den USA ein weiteres Plugfest vom CiA in den Räumlichkeiten von General Motors organisiert, bei dem vor allem US-amerikanische CAN-FD-Implementierungen auf dem Prüfstand stehen. Hier wird es wahrscheinlich zwei Testszenarien geben: non-ISO CAN FD und ISO CAN FD. Für die physikalische Übertragung benötigt man sogenannte CAN High-Speed Transceiver, die über den gesamten Temperaturbereich Bitraten über 1 Mbit/s unterstützen. Erste qualifizierte Produkte für Übertragungen bis 2 Mbit/s wurden bereits im letzten Sommer angekündigt (z.B. von NXP, Texas Instruments und Infineon). Im Herbst folgte ein 5-Mbit/s-Transceiver von Atmel. Die zugehörige Norm ISO 11898-2 wird entsprechend angepasst. Außerdem werden in sie auch die Normen ISO 11898-5 (Low-Power Mode) und ISO 11898-6 (Selective Wake-up Mode) eingearbeitet. So ist gewährleistet, dass die Terminologie vereinheitlicht wird und bleibt. Das Dokument ISO 11898-2 wurde bereits als Komitee-Entwurf zur internationalen Abstimmung eingereicht.
Die Besonderheiten von CAN FD
CAN FD wird auch in den zuständigen CiA-Arbeitskreisen diskutiert. Neben den Arbeiten an generischen Netzwerk-Design-Empfehlungen (CiA 601) ist eine spezielle Auslegung für Nutzfahrzeuge geplant (CiA 602). Obwohl CAN FD viele Prinzipien vom klassischen CAN-Protokoll übernommen hat, gibt es doch einige Besonderheiten, die der Anwender beachten sollte. Um die Nutzer in den verschiedenen Branchen zu informieren, veranstaltet der CiA in diesem Jahr weltweit Informationsveranstaltungen (Tech Days) und dedizierte Seminare (CAN/CAN-FD-Seminare). Die Tech Days sind für Entscheider gedacht, die sich über die Chancen und Risiken informieren möchten. Die Seminare richten sich an Entwicklungsingenieure, die sich bisher noch nicht mit CAN bzw. CAN FD beschäftigt haben. Darüber hinaus wird es zum Thema CAN FD auf der 15. internationalen CAN-Konferenz (iCC) in Wien (27. und 28. Oktober 2015) mehrere Vorträge geben. Bei der Konferenz „Mobile Machine Control (MCC)“ in Nürnberg (9. und 10. Juni 2015) werden sicherlich erste Ergebnisse der CiA-602-Gruppe vorgestellt.
Neben dem höheren Datendurchsatz bietet das CAN-FD-Protokoll auch eine verbesserte Effizienz (Verhältnis von Protokoll-Overhead zu Nutzdaten). Die Verlängerung des Datenfeldes auf 64 Byte ist außerdem deshalb interessant, weil dies die kleinste Nachricht in Ethernet ist. Somit sind Gateways zwischen CAN FD und Ethernet einfach zu realisieren. Längere Nutzdaten haben auch den Vorteil, dass zusammengehörige Daten sozusagen in einem Schuss übertragbar sind. Sie müssen nicht per Software synchronisiert werden. Dies vereinfacht sowohl die Anwendungsprogramme in den Steuergeräten als auch das Systemdesign. Die hohe Zuverlässigkeit und die Robustheit von CAN-FD-Netzwerken sowie der geringe Energiebedarf sind der Garant, dass CAN auch in den nächsten Fahrzeuggenerationen das dominierende Fahrzeugnetzwerk sein wird. Es ist abzusehen, dass in wenigen Jahren nur noch CAN-FD-Controller verfügbar sein werden. Da die CAN-FD-Controller auch das klassische CAN-Protokoll beherrschen, sind die Produkte auch von denen einsetzbar, die weder höhere Datenraten noch längere Nutzdaten benötigen. Wer Geräte mit alten CAN-Controllern weiterhin verwenden möchte und trotzdem die Vorteile der CAN-FD-Verbesserungen nutzen möchte, braucht einen Migrationspfad. Es gibt unterschiedliche Szenarien (z.B. selektives Aufwachen), die diskutiert wurden. Aber aus Sicht des Autors ist die sauberste Lösung die Trennung in zwei Netzwerksegmente, die über eine Brücke miteinander verbunden sind. ku
Literatur
[1] Tran, E.: Multi-bit error vulnerabilities in CAN; Carnegie Mellon University, Pittsburgh, 1999.
[2] Dr. Charzinski, J.: Performance oft the error detection mechanism in CAN; in iCC proceedings; CiA, Erlangen, 1994.
[3] Navet, N.; Song, Y.-Q.: Performance and fault tolerance of real-time applications distributed over CAN; CiA, Erlangen, 1997
[4] Dr. Mutter, A.: Summary of the discussion regarding the CNN FD CRC issue; CiA white paper, Nürnberg 2014.
Der Autor
Holger Zeltwanger |
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studierte an der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel (heute: Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften) Informationstechnik. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Fachredakteur (unter anderem auch bei der Elektronik) initiierte er die Gründung des CAN in Automation e. V., dessen geschäftsführendes Vorstandsmitglied er ist. Er ist außerdem der Convenor des ISO-Arbeitskreises (TC22/SC31/WG3), der die CAN-Normen bearbeitet. |