„Progressive SemiConductor Program“ (PSCP), Teil 2

Audis Halbleiterstrategie in der Praxis

22. Juni 2012, 13:15 Uhr | Von Berthold Hellenthal
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Fortsetzung des Artikels von Teil 4

Partnerschaften von Null aufbauen

Die neue, aus strategischer Sicht notwendige Rolle des Halbleiterherstellers hat keine Vorbilder. Die Partnerschaft muss gemeinsam von Null erarbeitet, erschaffen und entwickelt werden. Vieles gilt es zu planen, auszuprobieren, zu ändern, zu verwerfen und weiterzuentwickeln - eine große Investition von Vertrauen, Kompetenz und Ressourcen für alle Beteiligten.

Wer sind für diese Investitionen die richtigen Partner unter den Halbleiterherstellern? Wie baut man eine nachhaltige Partnerschaft auf? Das sind zwei der Fragen, die für den Erfolg der Halbleiterstrategie wesentlich sind.

Die Kriterien für einen möglichen strategischen Partner sind ein nachgewiesenes langfristiges Bekenntnis zur Automobil-Branche (Historie, automobiles Markt- und Qualitätsverständnis), großes Innovationspotential, Risikobereitschaft für gemeinsame Projekte, die Kompetenzen und Möglichkeiten eines Technologiepartners sowie die Investitionsbereitschaft in eine gemeinsame Partnerschaft.

Nach einer Audi-internen Abstimmung und Auswahl folgten Sondierungsgespräche mit einem Halbleiterhersteller, die dann zu einer gemeinsamen Zielformulierung über Aufbau und Investition in eine neue Partnerschaft führten. Hierbei waren Partnerschaftsmodell und -entwicklung wesentliche Diskussionspunkte. Bei beiden Partnern handelt es sich jeweils um verschiedene Konzerne in verschiedenen Branchen. Unterschiedlichste Firmenkulturen aus meist auch konträren Kulturkreisen arbeiten an einem gemeinsamen Ziel. Es entstehen, passend zu gemeinsamer Historie und unterschiedlichem Vertrauensvorschuss, jeweils unterschiedliche Partnerschaftsmodelle und -entwicklungsprogramme. Gemeinsam wird ein arbeitsreicher, aber sehr aufschlussreicher Prozess über Bekenntnisse und Durchdringung von Hierarchieebenen durchlebt, um eine neue Beziehung von Null an beginnend gemeinsam zu gestalten.

Die alten Rollenverständnisse von OEM und Zulieferern gilt es für eine Partnerschaft auf Augenhöhe zu überwinden. Gegenseitiges Kennenlernen in der gemeinsamen Arbeit, Vertrauen aufbauen und gegenseitiger Respekt sind Kern dieser Phase. In dieser Arbeit ist Kohärenz der Schlüssel. Die beteiligten Vertreter der Firmen können die herausfordernde Zielsetzung im bewusst engen Zeitplan nur erreichen, indem Worte, Ziele und Möglichkeiten zeitlich und räumlich bei beiden Partnern in Resonanz treten. Dies treibt Personen und Unternehmen abrupt aus der Komfortzone und stellt alle Beteiligten immer wieder vor große Herausforderungen.

Aber es lohnt sich. Das Ausräumen von Vorurteilen, ein kontinuierlich wachsendes gegenseitiges Verständnis und die beginnende Synchronisation zeigen messbare Erfolge. Ein erster konkreter Nutzen: Die Zusammenarbeit verbessert sich in Effizienz und Effektivität merklich und erhöht die Zufriedenheit auf beiden Seiten - so werden beispielsweise Entscheidungen besser nachvollzogen, akzeptiert und umgesetzt.

Eine weitere Dimension ist die Durchdringung der gesamten Unternehmen mit den neuen Rollen, Aufgaben, Rechten und Pflichten. Funktioniert die gemeinsame Arbeit in einzelnen Projekten erfolgreich, so sind viele weitere Aktivitäten notwendig, um Vorurteile zu überwinden und die Modelle zu etablieren.

Als strategisch wichtige Einrichtung hat sich beim Thema Halbleiter, insbesondere in der Partnerschaftsentwicklung, ein Moderator als neutrale Stelle bewährt. In der Vergangenheit gab es für einen Halbleiterhersteller dieses Instrument nicht. Die neutrale Instanz, akzeptiert von den Halbleiterherstellern und den Elektronik-Entwicklungsfachabteilungen, besitzt die Kompetenz und Neutralität, um technische Themen zu eskalieren. Diskussionen über notwendige und sinnvolle Analysen, Einhaltung von Zusagen oder Risikobewertung von technischen und terminlichen Änderungen können hier moderiert und gemeinsam kon-struktiv gelöst, in Einzelfällen auch eskaliert werden.

 


  1. Audis Halbleiterstrategie in der Praxis
  2. Unterschiedliche Abstraktionsebenen bei OEM und Halbleiterhersteller
  3. Spannungsdreieck Audi - Tier-1 – Halbleiterhersteller
  4. Kompetenz als Kernelement der Halbleiterstrategie
  5. Partnerschaften von Null aufbauen
  6. Innovation Mining
  7. Robustheit, Zuverlässigkeit und Qualitätsarbeit

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