Kurz gesagt, ohne Standards kocht jeder Kamerahersteller »sein eigenes Süppchen«, und viele Vorteile, die den Endkunden beispielsweise durch den GigE-Vision-Standard bekannt sind, würden auf der Strecke bleiben. Um dies zu verhindern, haben sich mehr als 20 Unternehmen zusammengefunden, um die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft der USB-3.0-Schnittstelle durch einen gemeinsamen USB3-Vision-Standard zu stellen.
Das Know-how, das die 20 Firmen in die Standardisierung einbringen, ist sehr umfangreich, auch weil die meisten von ihnen schon bei GigE Vision maßgeblich beteiligt waren. Die Beteiligung beispielsweise von Zubehörherstellern (z.B. bei Kabeln) zeigt, dass an alles gedacht wird. Im Gegensatz zu GigE Vision wird diesmal auch die Mechanik (etwa die Frage, wie verschraubbare Kabelanschlüsse auszusehen haben) Teil des Standards, so dass die Schnittstelle insgesamt robuster wird.
Ansonsten definiert USB3 Vision wie GigE Vision eine Transport-Schicht, die das Finden eines Geräts (»Device Detection«), das Konfigurieren (»Register Access«), das Streamen der Daten (»Streaming Data«) und die Behandlung von Ereignissen (»Event Handling«) regelt, und stellt eine Schnittstelle zu GenICam her. GenICam wiederum abstrahiert den Zugang zu den Kamera-Features, die dank der »Standard Feature Naming Convention« (SFNC) herstellerübergreifend die gleiche Bezeichnung und das gleiche Verhalten haben, zum Benutzer hin. Zusätzlich erlauben spezifische Features außerhalb der SFNC eine Abgrenzung der Anbieter untereinander (»Quality of Implementation«). Beispielsweise bietet Matrix Vision bei der GigE-Vision-Kamera »mvBlueCOUGAR-X« kameraspezifische Features wie automatisches Entrauschen von Bildern, Flat-Field-Korrektur oder Logikgatter an. Diese Features können auch von Treiber-/Software-Lösungen anderer Anbieter auf GenICam/GigE-Vision-Basis problemlos verwendet werden.
Zwar gibt es schon von GenICam selbst eine standardisierte Transportschicht, den GenICam GenTL (Transport Layer), jedoch ohne Treiberunterstützung für Embedded-Systeme. Zusätzlich, und das ist die Krux bei USB 2.0 und bei den aktuell erhältlichen USB-3.0-Sonder-Lösungen, ist ein proprietärer Treiber zwischen Host und Gerät nötig. Dies ist in letzter Konsequenz weder von Kunden (siehe aktuelle Marktsituation von USB 2.0), die nicht an einen Hersteller gebunden sein wollen, noch von Herstellern von Software-Bibliotheken gewünscht. Letztere beklagen, dass Kunden bei einem Systemabsturz nicht unterscheiden können, ob es am proprietären Treiber oder an der Software-Bibliothek lag. Dies ist ein weiterer Grund, weshalb USB3 Vision wie alle wichtigen Standards »On-the-wire« definiert ist.
Die Vorteile von »On-the-wire«-Standards kennt jeder: USB-Sticks, -Mäuse oder -Festplatten werden einfach eingesteckt und funktionieren - Plug-and-Play eben. Auch für Hersteller von BV-Softwarebibliotheken wird es einfacher. Sobald die Software USB3 Vision unterstützt, lässt sie sich mit jeder USB3-Vision-kompatiblen Kamera verwenden. Somit entfallen die früher noch notwendigen proprietären Anbindungen der Hardware- oder Software-Hersteller. Für den Anwender entsteht ein breites Software-Angebot, und die Anbindung der Software kann kaum komfortabler sein.
Wie sieht die Roadmap für den USB3-Vision-Standard aus?
Nach dem Kickoff-Meeting zur Vision 2011 und einem zweiten Treffen im Februar 2012 ist der erste Entwurf für das zweite Quartal 2012 geplant. Das erste Release des Standards steht dann zur Vision 2012 in Stuttgart an. Der Zeitpunkt ist ideal, weil die Technologie bis dahin breit verfügbar sein wird. Mit dem Standard werden gleichzeitig auch die ersten Produkte erhältlich sein, da ein vorher stattfindendes Plug-Fest die Reife der Schnittstelle und der Produkte sicherstellen wird.
Matrix Vision plant eine Produktreihe im Stil der CMOS-Kompaktkamerafamilie »mvBlueFOX-IGC«. Zum Einsatz kommen werden Bildsensoren sowohl von CMOSIS (2 MPixel bis zu 150 Bilder/s und VGA bis zu 600 Bilder/s) als auch von Aptina (14 MPixel).