Kommentar

Schreckgespenst Massenarbeitslosigkeit

23. Juni 2017, 10:39 Uhr | Heinz Arnold
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Ist diesmal alles anders?

Auf den ersten Blick spricht vieles dafür: Die Roboter übernehmen nicht mehr nur die Jobs angelernter Arbeiter, Kraft- und Taxifahrer. Auch Facharbeiter, Angestellte und sogar Juristen und Ärzte sehen sich bedroht: Inzwischen können Maschinen hochqualifizierte Jobs übernehmen. Doch ein Blick in die Geschichte zeigt: Bisher haben Maschinen zwar bestimmte Jobs wegrationalisiert, dafür sind aber viel mehr neue Berufe entstanden, von denen bis dahin niemand zu träumen gewagt hätte. Hätte jemand gedacht, dass die vielen Menschen, die vor 150 Jahren noch in der Landwirtschaft gearbeitet haben, heute in ganz anderen Berufen ihr Geld verdienen?

Auch die Automatisierungsrevolution in den 60er- und 70er-Jahren hat nicht zur befürchteten Massenarbeitslosigkeit, sondern zu mehr Beschäftigung geführt. Aber ist diesmal nicht alles anders? Dass diesmal alles anders sei, dieser Spruch zieht sich durch die Geschichte der Menschheit – und er traf noch nie zu. Denn genauso wie die Anhänger von Utopien, die den Menschen so umerziehen wollen, dass er im Getriebe der Gesellschaftsmaschine genau seine vorgesehene Rolle erfüllt, verkennen die „Dieses-Mal-ist-alles-anders-Anhänger“ die Kreativität, die Zähigkeit und die Emotionalität des Menschen. Also wird alles „irgendwie“ schon klappen? Ist „irgendwie werden wir uns durchwursten“ nicht ein ganz schlechtes Argument? Das ist richtig. Schwierigkeiten einfach wegzuwischen, bringt nichts. Sich ihnen zu stellen ist wichtig, aber eben offensiv.

Übergangszeiten sind – siehe die Webmaschinen – immer holprig. Sie müssen erträglich gestaltet werden. Ob das wirklich zu aller Zufriedenheit gelingt, ist nicht sicher. Ganz sicher aber ist, dass es mit Rezepten aus der Mottenkiste nicht gelingen wird. Also ist diesmal doch alles anders? Überhaupt nicht. Denn die Bedürfnisse des emotionalen Wesens Mensch sind fast unstillbar, und so bleibt genügend Arbeit, um sie mit Kreativität und Intelligenz zu stillen. Genauso wenig wie es ein Ende der Geschichte gibt, gibt es ein Ende der Wirtschaft – mit Arbeit und Selbstverwirklichungsmöglichkeiten für zumindest sehr viele.

Solange die Gesellschaft die Errungenschaften der Aufklärung, die ihre Grundlage wie die von Wissenschaft, Technik und Kultur ist, nicht aufgibt, sollte sie vor dem Fortschritt keine Angst haben. Und vor allem sich nicht darin verlieren, vermeintliche Herausforderungen zu bekämpfen, anstatt sich den tatsächlichen Problemen stellen – Tag für Tag und beharrlich.


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