Industrie 4.0 und IoT

»Schöne Möglichkeit, Zentraleuropa besser zu vermarkten«

18. Juli 2016, 10:59 Uhr | Karin Zühlke
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Hemmschuhe

EBV Elektronik
Bernd Pfeil, EBV: »Wir warten alle auf irgendwelche Normierungen, die es wahrscheinlich die nächsten fünf Jahre nicht geben wird, und verlieren dadurch unseren Vorsprung, weil wir nicht merken, dass wir links und rechts ohne Normierung überholt werden.«
© EBV Elektronik

Die Aufmerksamkeit für Industrie 4.0 und IoT ist zweifelsohne gegeben. Wenn der Blick in den Shopfloor geht, dort wo eigentlich die Industrie 4.0 Einzug halten soll, ist nach Auskunft von Bernd Pfeil, Vice President Sales von EBV, aber derzeit noch wenig Konkretes zu sehen: »Dafür gibt es 1000 Gründe. Einer davon ist der alte Maschinenbestand. Wir sind alle stolz auf unseren Mittelstand, aber manchmal fehlt hier das neue Denken in der Geschäftsführung. Zudem sind es unsere Mittelständler gewohnt, alles selber zu machen, und haben eine extrem tiefe Wertschöpfung im Haus. Bei der IT hört es aber in der Breite oft auf.« Viele Mittelständler stehen daher vor der Frage, inwieweit sie ihre Produktions-IT nach außen geben oder sich zumindest Unterstützung von außen holen. Die Hemmschwelle ist bei vielen Firmen sehr hoch. Einerseits ist das auch aus Kostengründen verständlich, denn die Industrie hat gerade erst auf Ethernet-Busse wie Ethernet Powerlink oder Profinet umgestellt. »Die fahren jetzt erst mal drei, vier Jahre mit diesen Protokollen«, so Hansen. Eine kurzfristige Umstellung sei daher nicht zu erwarten.

Andreas Mangler, Rutronik »Hardware und Software-Verschlüsselung zusammen ist ein Muss.«
Andreas Mangler, Rutronik: »Hardware und Software-Verschlüsselung zusammen ist ein Muss.«
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Die Bremse für eine schnelle Umsetzung von Industrie 4.0 und IoT in der Breite ist auch in den Security-Herausforderungen zu sehen. Die Tatsache, dass eine End-zu-End-Verschlüsselung vom IoT-Thing bis in die Cloud benötigt wird, hängt den Respekt der Industrie-Anwender sehr hoch. »Hier steckt sicher am meisten Wissensdurst und gleichzeitig am meisten Aufklärungspotenzial«, weiß Andreas Mangler, Director Strategic Marketing von Rutronik. Was für den Shopfloor eher nachrangig(er) sein dürfte: Hardware-Kryptographie kostet Geld. Geht man von 1 bis 2 Euro pro „Thing“ aus, dann ist die Sicherheit am Ende teurer als die Anwendung. »Aber Hardware und Software-Verschlüsselung zusammen ist ein Muss«, gibt Mangler zu bedenken. An der Technologie selbst mangelt es jedenfalls nicht, unterstreicht Jan Pape, Director Distribution EMEA von Texas Instruments: »Wir haben Sensorlösungen, die die Vernetzung in diese Richtung ermöglichen und als Endprodukt angeboten werden. Es besteht ein wenig die Gefahr, dass wir in unserer Industrie auf die perfekte Lösung warten, während wir anderen Industrien ja bereits Teilblöcke anbieten, das aber in den eigenen Fertigungen noch nicht einsetzen.«

Texas Instruments
Jan Pape, Texas Instruments: »Es besteht ein wenig die Gefahr, dass wir in unserer Industrie auf die perfekte Lösung warten, während wir anderen Industrien ja bereits Teilblöcke anbieten, das aber in den eigenen Fertigungen noch nicht einsetzen.«
© Texas Instruments

Ein Problem für die Umsetzung von Industrie 4.0 und IoT sehen manche Forumsteilnehmer auch darin, dass verschiedene Kommunikationsstandards wie Lora und SigFox im Rennen sind, die nicht miteinander kommunizieren können. Dass Kommunikationsstandards nebeneinander existieren, ist aber nichts Unge-wöhnliches. Darauf zu hoffen, dass alles Top-down normiert wird, ist jedenfalls laut Bernd Pfeil, Vice President Sales von EBV, nicht der richtige Weg: »Wir warten alle auf irgendwelche Normierungen, die es wahrscheinlich die nächsten fünf Jahre nicht geben wird, und verlieren dadurch unseren Vorsprung, weil wir nicht merken, dass wir links und rechts ohne Normierung überholt werden.«

Andreas Mangler, Rutronik, sieht den Hemmschuh aber auch in der strikt unterteilten Wertschöpfungskette, die eine durchgängige Automatisierung oft verhindert: »Noch nicht einmal in der Gebäudeautomation kommuniziert jeder mit jedem bzw. die eine Applikation nicht mit der anderen in einem offenen Protokoll: Der eine macht Heizungssteuerung, der andere Klimasteuerung, beide Applikationen „sprechen“ nicht miteinander. Für diese Schnittstellen muss sich jeder öffnen – also sein Geschäftsfeld verlassen und an andere Systeme andocken.«

Aus der Agrartechnik lernen

Dabei könnte die Elektronik- und Automatisierungsindustrie durchaus von anderen Industrien lernen, wie Dr. Marc Schacherer, Director für CE von Farnell element14, erläutert: »Wir müssen nur einen Blick in die Agrarindustrie werfen. Dort gibt es seit Jahren schon einen sehr hohen Automatisierungsgrad. Wenn man sieht, was deutsche Industriebauernhöfe leisten im Vergleich zu vor ein paar Jahrzehnten, ist das enorm.« Wenn man das auf andere Industriebereiche überträgt, lässt sich erahnen, was in Zukunft möglich sein kann.


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