Welche Rolle spielt dabei Open Source?
Prof. Broy: Open Source ist ein relativ unabhängiger Teilaspekt und richtet sich auf die Frage, wie gehe ich mit der IP für den Code um. Publiziere ich den Code und lasse andere Leute an dem Code teilhaben oder - die klassische Open-Source-Idee - können mehrere unabhängige Personen und Organisationen an einer Lösung arbeiten und jeder steuert im Sinne von Open Source bestimmte Teile dazu bei. Das ist sicher denkbar, doch muss ich mich auch hier auf ein in weiten Teilen übergreifendes und einheitliches interpretierbares -Modell des Produktionssystems verständigen. Interessant ist dabei jedoch nicht die Frage, ob Open Source im programmiertechnischen Sinne stattfindet, spannend ist dabei eher, wie stark sich die Industrie auf eine einheitliche Modellierungssicht auf die Systeme verständigen kann.
Ist das überhaupt möglich bei der Vielzahl der Unternehmen?
Prof. Broy: Das ist natürlich ein schwieriger Punkt, denn hier findet man sich schnell in einer wettbewerblichen Fragestellung wieder. Firmen fällt es nicht leicht, wesentliche dieser Informationen aus der Hand zu geben. Im Product Lifecycling Modelling gibt es Wettbewerb auf vielen Ebenen. Zum einen auf Seite der Unternehmen, die Methoden und Werkzeuge anbieten, zum anderen auf Ebene der Anbieter. Diese Themen sind so wettbewerbskritisch, dass zu befürchten ist, dass proprietäre Lösungen entstehen. Das geschieht übrigens aus zwei Gründen: Erstens möchte jeder mit seiner Entwicklung die Nase vorne haben, und zum Zweiten möchte man die eigene Lösung ganz bewusst so umsetzen, dass der andere sich an der Lösung nicht beteiligen kann.
Werden sich mit der Produktion auch die Produkte verändern?
Prof. Broy: Bei der Smart Factory spielt eine sehr starke Personalisierung der Produkte eine große Rolle. Diese Individualisierung kommt nur zustande, wenn die komplexen, logistischen und produktionstechnischen Zusammenhänge beherrscht werden. Da steckt eine große Hoffnung dahinter. Betrachtet man beispielsweise medizinische Produkte, die an die Individualität des betreffenden Menschen angepasst werden müssen, so ist die Personalisierung schon heute Wirklichkeit.
Gibt es in anderen Ländern ähn-liche Initiativen?
Prof. Broy: In den USA gibt es eine starke Initiative, die sich ebenfalls der Frage widmet, wie sich die Produktion durch einen noch stärkeren Automatisierungsgrad und datentechnische Durchdringung verändern wird. Ansätze dafür gibt es auch in Asien, allerdings weniger stark ausgeprägt, da der Entwicklungsstand der einzelnen Länder unterschiedlich ist.
Welche Chancen bieten sich Deutschland als Produktionsstandort?
Prof. Broy: Bei der Frage nach dem globalen Wettbewerb spielen die Lohnkosten eine wichtige Rolle. Es gibt einfach Länder, die in diesem Bereich eine Stufe niedriger stehen als Deutschland. Mit der Smart Factory könnte der Produktionsvorgang ein Stück weit von den Lohnkosten entkoppelt werden und den Produktionsstandort Deutschland attraktiver machen.