Im Vorfeld der automatica

Branche sieht sich vor Allzeithoch

19. Juni 2023, 8:10 Uhr | Heinz Arnold
Der VDMA prognostiziert der Robotik und Automation in diesem Jahr einen Umsatz von 16,2 Mrd. Euro, was gegenüber dem vergangenen Jahr einen Sprung um 13 Prozent nach oben entspricht.
© VDMA

Die Robotik und Automation rechnet in diesem Jahr mit einem Plus von 13 Prozent und einem Rekordumsatz.

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»Die Pandemie liegt hinter uns«, sagte Frank Konrad, Vorsitzender VDMA Robotik + Automation, auf der Pressekonferenz der Messe München im Vorfeld der automatica, die vom 27. bis 28 Juni 2023 in München stattfindet. »Wir blicken positiv in die Zunft.«. 

Kein Wunder, denn der VDMA prognostiziert den Umsatz der Branche in diesem Jahr auf 16,2 Mrd. Euro, was gegenüber dem vergangenen Jahr einen Sprung um 13 Prozent nach oben entspricht. »Die automatica 2023 wird unserer Branche noch einen zusätzlichen Schub geben«, freut sich Konrad. »Zudem findet die automatica zum ersten Mal parallel zur Laser World of Photonics statt, was zu zusätzliche Synergien führt, denn viele Roboter spielen ihre Stärken erst in Kombination mit dem Laser aus«, sagte Dr. Reinhard Pfeiffer, Geschäftsführer Messe München.

Patrick Schwarzkopf, Geschäftsführer VDMA Robotik + Automation, Frank Konrad, Vorsitzender VDMA Robotik + Automation und Dr. Reinhard Pfeifer, Geschäftsführer der Messe München.
Patrick Schwarzkopf, Geschäftsführer VDMA Robotik + Automation, Frank Konrad, Vorsitzender VDMA Robotik + Automation und Dr. Reinhard Pfeifer, Geschäftsführer der Messe München.
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Treffen die Prognosen des VDMA zu, das Umsatzniveau 2023 erstmals wieder deutlich über dem bisherigen Rekordjahr 2018 mit 15,1 Mrd. Euro. Die Branche hat als Delle durch Corona und die Schwierigkeiten in der Lieferkette hinter sich gelassen – wenn auch nicht so schnell wie erhofft. Denn 2022 hatten die Lieferkettenprobleme den Aufschwung gebremst. »Die Auftragsbücher waren voll, aber die anhaltende Knappheit an Komponenten hat die Unternehmen ausgebremst«, erklärte Konrad.

Was ihn zudem freut: In Deutschland stehen die Arbeitnehmer der Digitalisierung und Robotik aufgeschlossen gegenüber wie der automatica Trendindex 2023 zeigt. Immerhin knapp jeder zweite Befragte in Deutschland sieht den Einsatz von Robotern als einen wichtigen bis sehr wichtigen Weg, den Mangel an Fachkräften in der Industrie zu beheben. 67 Prozent sehen Künstliche Intelligenz als Hilfe am Arbeitsplatz. 

Der VDMA teilt den Gesamtmarkt Robotik und Automation in drei Teilmärte auf: Industrielle Bildverarbeitung (Machine Vision), Integrated Assembly Solutions und Robotik. Am besten ist die industrielle Bildverarbeitung durch die Krise gekommen: sie verzeichnete lediglich 2020 einen leichten Umsatzrückgang von 2,8 Mrd. Euro auf 2,6 Mrd. Euro im Jahr 2020, schon 2021 ging es wieder aufwärts, im Jahr 2022 sogar um 11 Prozent und für dieses Jahr prognostiziert der VDMA einen weitern Anstieg um 7 Prozent auf 3,6 Mrd. Euro. Dem weit größeren Sektor Integrated Assembly Solutions wird in diesem Jahr voraussichtlich ein Sprung um 17 Prozent auf 8,7 Prozent gelingen und damit das Rekordergebnis von 2018 (8,3 Md. Euro) übertreffen. Auch die Robotik arbeitet sich langsam aus dem Tief der Krisenjahre empor und darf sich um ein Plus von 12 Prozent auf 3,9 Mrd. Euro in diesem Jahr freuen – doch dies liegt immer noch unterhalb des bisherigen Rekordwertes von 4,2 Mrd. Euro im Jahr 2017.

Auch global gesehen und in Stückahlen gerechnet hat sich der Robotikmarkt gegenüber dem vergangenen Jahr moderat entwickelt: Wurden 2021 rund 522.000 neue Roboter weltweit installiert, so lag diese Zahl 2022 bei 531.000. »Das sind aber vorläufige Zahlen, ich bin überzeugt, dass wir bis Ende des Jahres die aktuelle Wachstumsprognose übertreffen werden«, sagte Patrick Schwarzkopf, Geschäftsführer VDMA Robotik + Automation, in München. »Die Erfolgsgeschichte der Robotik geht weiter.« Immerhin liegen die Zahlen der Neuinstallationen in diesem und im vergangenen Jahr deutlich über dem bisherigen Rekordjahr 2018 mit 423.000 neuen Installationen. 

Die Zahlen der Neuinstallationen von Robotern in diesem und im vergangenen Jahr liegen deutlich über dem bisherigen Rekordjahr 2018.
Die Zahlen der Neuinstallationen von Robotern in diesem und im vergangenen Jahr liegen deutlich über dem bisherigen Rekordjahr 2018.
© VDMA

Bis ins Jahr 2021 – jüngere Zahlen liegen nicht vor – konnte sich Deutschland, was die Roboterdichte angeht, über einen sehr guten vierten Platz freuen. Rund 400 Roboter kamen damals auf 10.000 Beschäftigte in der Industrie. 2021 lag Deutschland deutlich vor den USA mit 274 Robotern und einen Platz vor China, das schon damals die USA überholt hatte. »In diesem Jahr wird China Deutschland überholen, das ist sehr ernst zu nehmen!«, so Schwarzkopf. Erklärbar ist es aber schon, denn in der Automobilindustrie, in der Deutschland besonders stark ist, liegt die Roboterdichte höher als in anderen Branchen. Allerdings fehlt Deutschland ein weiterer Sektor, der ebenfalls stark auf Roboter setzt: Die Hersteller von Konsumgütern. Weil Südkorea und Japan über Produzenten sowohl in der Automobilindustrie als auch im Consumer-Markt verfügen, lagen diese beide Länder in Bezug auf die Roboterdichte schon 2021 auf dem ersten und dem dritten Platz und damit vor Deutschland. Das trifft aber auch auf das aufstrebende China zu, das deshalb auf der Überholspur liegt: Ein Großteil der Smartphones wird beispielswese dort produziert und die Autoproduktion steigt. 

Dennoch sieht Frank Konrad die deutsche Robotik und Automation gut aufgestellt, um für die künftigen Trends gerüstet zu sein. Die wichtigsten: Robotik und Automatisierung müssen jetzt in KMUs und in die Handwerksbetriebe vordringen. Dazu müssen die Roboter einfacher bedienbar werden. Anstatt zu Profi-Programmierer zu werden, müssen die Handwerker ihnen einfach zeigen können, was sie zu tun haben. »No Code Robotik« ist hier das Schlüsselwort, um die Robotik »zu demokratisieren«. Zu den weiteren Trendthemen, die alle auf der automatica zu sehen sein werden, gehören vernetzte Produktion, digitale Zwillinge, KI, nachhaltige Produktion sowie, Cobots, die eng mit Menschen zusammenarbeiten. Die daraus resultierenden Veränderungen der Arbeitswelt, bilden ein weiteres Trendthema. 

»Die Trendthemen haben wir sehr gut besetzt, Deutschland liegt hier unter den drei weltweit führenden Ländern. Jetzt kommt es darauf an, Geschwindigkeit aufzunehmen und die Technologie schnell zu skalieren, wir müssen die Robotik alltagsfähig machen«, fordert Konrad. 

Ein Beispiel dafür sind Service-Roboter, die in Krankenhäusern und Laboren arbeiten. Sie finden dort nicht in erster Linie Einsatz, um Kosten zu sparen, sondern um fehlende die Arbeitskräfte zu ersetzen, so dass Krankenhäuser und Labore möglichst rund um die Uhr arbeiten können. »Im Jahr 2035 werden wir 4 bis 6 Millionen Arbeitskräfte weniger haben als heute«, so Konrad. Weil die deutschen etablierten Unternehmen gewöhnt sind, langlebige und qualitativ hochwertige Roboter und Automatisierungstechnik für die Industrie zu entwickeln, müssten sie umdenken und ihre Produkte den Zyklen der Softwareentwicklung angleichen. 

Auch in diesem Bereich hätten die deutschen Unternehmen gute Ansätze, »wir müssen sie aber jetzt etablieren«, so Konrad. »Wir begrüßen deshalb die Initiative des Zukunftsrats des Bundeskanzlers, die Robotik und Automation in Deutschland zu stärken.« Denn angesichts der Herausforderungen bliebe im globalen Wettbewerb keine Zeit, sich auszuruhen. Denn eines stünde fest: »Ohne Roboter werden wir unseren Wohlstand in Deutschland nicht halten können.«


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