Neue Anwendungen werden möglich

KI erweitert den Horizont der Bildverarbeitung

10. August 2023, 17:26 Uhr | Guy Nicholson
Bild 1: Stromsparende Kameraplattform, die ereignisgesteuerte Bildgebung mit KI unterstützt
© onsemi

Künstliche Intelligenz und Machine Learning eröffnen in der industriellen Bildverarbeitung völlig neue Möglichkeiten. Für derartige Anwendungen hat onsemi eine Smart Camera entwickelt.

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In den letzten Jahren hat der Einsatz von Bildverarbeitungssystemen in industriellen Prozessen (Machine Vision) erheblich zugenommen. Traditionell werden diese Systeme zur Erkennung grundlegender Muster eingesetzt, um beispielsweise den Transport von Produkten auf einem laufenden Förderband zu überwachen. Das Aufkommen von künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) hebt Bildverarbeitungssysteme in Bezug auf ihren Nutzen für industrielle Anwendungen jetzt auf die nächste Stufe.

Produkte, die eine industrielle Fertigungslinie verlassen, weisen normalerweise genau definierte Parameter auf, was sie zu einer idealen Anwendung für Bildverarbeitungssysteme macht. Diese lassen sich vorprogrammieren, um Objekte oder Ereignisse zu identifizieren, die außerhalb eines erwarteten Bereichs liegen. Sie sind jedoch nicht in der Lage, andere Ereignisse zu erkennen als die, für die sie konfiguriert wurden. KI und ML werden dazu beitragen, dieses Manko zu beheben, so dass sich Bildverarbeitungssysteme für Aufgaben mit wesentlich höherem Mehrwert nutzen lassen. Sie können dann einfach erkennen, ob ein Förderband unerwartet zum Stillstand kommt oder ob Objekte in einer Fertigungslinie fehlen. Damit lassen sich verschiedene vertikale Märkte bedienen.

Weil die Kosten mit zunehmender Genauigkeit sinken, werden immer häufiger kommerziell verfügbare Cloud-Plattformen als Host für die KI-Algorithmen verwendet, welche die in der Industrie erfassten Bilddaten verarbeiten. Es wird daher viel einfacher, KI und ML zu Bildverarbeitungssystemen hinzuzufügen, die unweigerlich eine wichtige Rolle in der laufenden Entwicklung von IoT-/IIoT-Geräten spielen werden.

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Stromsparende Sensoren

Sensorlösungen mit sehr niedrigem Stromverbrauch sind für dieses Marktwachstum von entscheidender Bedeutung. Viele Anwendungen erfordern ein aktives Bildverarbeitungssystem, das bei Bedarf schnell Bilder erfassen und hohe Leistungsfähigkeit mit niedrigem Stromverbrauch kombinieren kann. Durch die Verarbeitung von KI-Bildern in der Cloud lassen sich kleinere und energieeffizientere Sensorplattformen einsetzen, die jedoch eine robuste und schnelle Datenübertragungsverbindung zur Cloud benötigen. Bluetooth Low Energy (BLE) wird dabei eine wichtige Rolle spielen, weil die Funktechnik eine einfache Möglichkeit bietet, eine Bildverarbeitungssensor-Plattform über ein IoT-Gateway drahtlos mit Remote-Cloud-Diensten zu verbinden. So kann die Sensorplattform an die Cloud-Plattform Bilddaten (und andere Informationen) übertragen, die von KI-Algorithmen verarbeitet werden – die dann (falls erforderlich) reagieren und entsprechende Anweisungen zurück an den Sensor oder einen intelligenten Aktor senden können.

Bilderfassung in Farbe

Bild 2: Cloud-vernetzte mobile App mit Bildanalyse
Bild 2: Cloud-vernetzte mobile App mit Bildanalyse
© onsemi

Monochrome/Schwarzweiß-Bilder reichen für viele Bildverarbeitungssysteme aus, um eine grundlegende Objekterkennung durchzuführen. Farbbilder enthalten allerdings viel mehr Informationen und haben das Potenzial, dem Einsatz von KI zur Szenenerkennung in vielen neuen Anwendungen eine neue Dimension zu verleihen. Farbe sorgt für einen stärkeren Kontrast und erleichtert so das genaue Unterscheiden von Objekten in einer Szene, was KI-Systeme besser ausnutzen können. Allerdings verbraucht die Aufnahme von Farbbildern mehr Strom als die von Schwarzweißbildern, was für ein batteriebetriebenes Gerät, das mit einer einzigen Knopfzelle mindestens fünf Jahre lang betrieben werden soll, eine Herausforderung darstellt. Daher ist bei der Verwendung von Farbbildern in einem Bildverarbeitungssystem das Energie-Management des Bildsensors, des Steuersystems und der Kommunikationsschnittstelle entscheidend, um die Batterielebensdauer zu maximieren. Die RSL10 Smart Shot Camera von onsemi wurde entwickelt, um eine stromsparende Bilderfassung in Bildverarbeitungssystemen zu ermöglichen. Die neueste Version der Plattform unterstützt Farbbilderfassung, integriert BLE für die Datenanbindung und unterstützt ereignisgesteuerte Bildgebung mit KI.

Ereignisgesteuerte Bildverarbeitung

Anstatt ständig Bilddaten zu streamen, erfasst die ereignisgesteuerte Bildverarbeitung nur dann Bilder, wenn ein vordefiniertes Ereignis eintritt. Die Bedingungen für das Eintreten eines solchen Ereignisses werden mit Sensoren überwacht, die in die Kameraplattform integriert sind. Zu den Messgrößen, die mit den Sensoren überwacht werden können, zählen Bewegung, Temperatur, Zeit, Feuchtigkeit und Beschleunigung. Entwickler können dann die Messergebnisse der Sensoren verwenden, um komplexe Bedingungen für die Ereignisverarbeitung zu erstellen. Sind diese Bedingungen für die Ereignisse erfüllt, löst die Kamera eine Bildaufnahme aus, die sich dann über BLE an ein Smartphone oder Gateway übertragen lässt.

Anwendungen für die KI-Bildanalyse

Bild 3: Anwendungen mit Farbbildgebung
Bild 3: Anwendungen mit Farbbildgebung
© onsemi

Ereignisgesteuerte Bildverarbeitung ist bei vielen Anwendungen sinnvoll, bei denen ein ständiger Strom von Bilddaten weder erforderlich noch machbar ist. Eine solche Anwendung ist die Bestandsüberwachung. Hier kann eine ereignisgesteuerte Kamera zum Einsatz kommen, um die Lagerbestände in Supermarktregalen zu überwachen, und automatisch eine Warnung zum Wiederauffüllen senden, wenn Lücken im Regal erkannt werden. Als Erweiterung dieser Anwendung lassen sich die Bilder mit Hilfe cloudbasierter KI-Algorithmen verarbeiten, um den genauen Produkttyp zu identifizieren, der wieder aufgefüllt werden muss, anstatt nur eine allgemeine Auffüllmeldung für ein bestimmtes Regal in einem bestimmten Gang zu senden. In ähnlicher Weise dient dieser Ansatz auch in einer häuslichen Umgebung dazu, die Produktbestände in Küchenschränken oder einem Kühlschrank zu überwachen. So lässt sich auch eine Verbindung mit mobilen Einkaufs-Apps kombinieren, um automatische Nachbestellungen zu tätigen.

Langzeit-Lagerräume sind naturgemäß oft über längere Zeiträume statisch, so dass eine kontinuierliche Videoüberwachung nicht sinnvoll ist. Außerdem werden sie nur sporadisch von Sicherheitspersonal überwacht, was bedeutet, dass im Falle eines Einbruchs oder eines anderen Ereignisses, das die Lagerbedingungen verändert (z.B. ein Leck oder ein Ausfall der Klimaanlage), der Verlust oder die Beschädigung für einen nicht akzeptablen Zeitraum unentdeckt bleibt, bevor Abhilfemaßnahmen getroffen werden. Hier ist es sinnvoll, eine Kamera zu verwenden, die ein aktualisiertes Bild sendet, wenn eine Änderung der Umgebungsbedingungen oder eine unerwartete Bewegung festgestellt wird. Dies ist auch für Besitzer von Ferienhäusern nützlich, die Aktualisierungen erhalten wollen, wenn ähnliche Ereignisse in ihren Häusern festgestellt werden. Falsche Alarme lassen sich durch den Einsatz von KI-Algorithmen vermeiden, die darauf trainiert sind, Gesichter oder Erkennungszeichen erwarteter Besucher, etwa von Sicherheitspersonal, zu erkennen.

Heutzutage werden intelligente digitale Messgeräte verwendet, um den Umgebungsstatus in industriellen Prozessen zu überwachen. Es sind jedoch noch zahllose alte analoge Messgeräte im Einsatz, die regelmäßig manuell abgelesen werden müssen. Ist dann kein Mitarbeiter in der Nähe, wenn ein Messwert außerhalb des erwarteten Bereichs liegt, kann dies unentdeckt bleiben und zu Prozessausfällen führen oder sogar noch schlimmere Folgen nach sich ziehen. In diesem Szenario kann eine ereignisgesteuerte KI-Kamera zum Einsatz kommen, um einen Alarm auszulösen, wenn der Messwert außerhalb des erwarteten Bereichs liegt. Ein Bild des Messwerts lässt sich dann an die Prozesssteuerung (Mensch oder Maschine) senden, damit er oder sie entsprechende Maßnahmen ergreifen kann.

Auch landwirtschaftliche Erzeuger können KI-Bildverarbeitung auf verschiedene Weise nutzen. Neben der Überwachung der Umgebungsbedingungen lassen sich auch unterschiedliche Reifegrade überwachen oder Schädlings-/Pilzbefall bei Obst oder Gemüse (durch Farbveränderungen) feststellen. Auch unerwünschte Schädlinge (Bewegung) in Gewächshäusern lassen sich so aufspüren.

Die RSL10 Smart Shot Camera von onsemi bietet OEMs eine Entwicklungsplattform, die Datenanbindung sowie Farb- und Monochrom-Bildgebung mit KI-basierter Verarbeitung kombiniert. Durch ihren optimierten Betrieb mit geringem Stromverbrauch bietet sie Zugang zu fortschrittlicher KI und ML über integrierte Cloud-Dienste. Sie dient zur Entwicklung von Remote-Bildverarbeitungssystemen, die sich über ein Jahrzehnt lang ohne Wartung im Einsatz befinden können.

 

Der Autor:

Guy Nicholson, Senior Director, Industrial and Commercial Sensing Division, onsemi


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