Neues Standbein für die Energiewende

Alkohol als Speichermedium

26. August 2024, 14:16 Uhr | Kathrin Veigel
Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen (H2) trifft im Methanolreaktor auf Kohlenstoffdioxid (CO2). Im Ergebnis entsteht Methanol (CH3OH), das sich als Energiespeicher nutzen oder direkt in der chemischen Industrie einsetzen lässt.
© HZDR/Blaurock Markenkommunikation

Effiziente Speicher sind eine tragende Säule eines regenerativen Energiesystems, um überschüssigen Strom zwischenzuspeichern. Methanol könnte in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle zukommen – wie Dr. Stefan Fogel vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf herausgefunden hat.

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Die unstete Verfügbarkeit von Sonne und Wind stellt ein zukünftiges Energiesystem, das auf erneuerbaren Quellen beruht, vor große Herausforderungen. Herrschen beste Wetterbedingungen, wird mitunter mehr Strom generiert, als das Netz abnehmen kann. Damit die Anlagen dann nicht gedrosselt werden müssen, sind kluge Speicherlösungen gefragt.

Eine davon könnte Power-to-Methanol sein. Mit dieser wird Überschussstrom aus Solaranlagen oder Windparks zuerst in Wasserstoff und dann zusammen mit Kohlendioxid-Emissionen aus Industrieprozessen in den einfachsten Vertreter der Alkohole umgewandelt.

»Methanol ist ein sehr guter Energiespeicher und hat auf das Volumen bezogen im Vergleich zu Wasserstoff eine viel höhere Energiedichte«, erklärt Dr. Stefan Fogel vom HZDR-Institut für Fluiddynamik. »Als Flüssigkeit lässt es sich auch wesentlich einfacher transportieren und speichern.«

Das macht den Alkohol einerseits zu einem idealen Speichermedium. Andererseits ist er aber auch ein wichtiger Grundstoff in der Chemieindustrie. Wie sich der Herstellungsprozess aber in ein regeneratives Energiesystem integrieren lässt, ist noch nicht umfassend erforscht.

»Arbeiten zur stationären und dynamischen Modellierung und Simulation von Power-to-Methanol-Prozessen auf Basis von Hochtemperatur-Elektrolyseuren sind in der wissenschaftlichen Literatur bisher stark unterrepräsentiert«, so der Chemieingenieur. Gleiches gelt für deren wirtschaftliche Bewertung.

Deshalb hat sich Fogel für seine Arbeit auf eben jene Elektrolyse-Systeme fokussiert, die bei Betriebstemperaturen über 600 °C reinen Wasserstoff erzeugen. Dieser wird ohne weiteren Separationsaufwand direkt in der Synthesestufe genutzt. Das ist effizienter als die heute etablierten Technologien wie zum Beispiel die alkalische Elektrolyse.

Digitaler Zwilling zeigt Potentiale auf

Den digitalen Zwilling, den er dabei vom Power-to-Methanol-System modelliert hat, nutzte er für umfassende Simulationen. »Ich habe mir angeschaut, was passiert, wenn man das System dynamisch betreibt«, geht er ins Detail. Die Frage sei besonders im Hinblick auf regenerative Energien essentiell. Denn heutige Elektrolyseure werden üblicherweise für einen Betrieb rund um die Uhr ausgelegt.

Doch dezentral an einem Windpark oder einer Photovoltaik-Anlage angeschlossen, würden die Systeme nur in Zeiten von Energieüberschuss arbeiten. Das bringe einerseits technische Herausforderungen mit sich, beeinflusse aber andererseits auch wesentlich die Kosten für das produzierte Methanol. »Dabei hat sich gezeigt, dass man einen solchen Prozess durchaus flexibilisieren kann«, erläutert Fogel. »Es wäre in Zukunft also möglich, eine Power-to-Methanol-Anlage mit einer Photovoltaik- oder Windkraft-Anlage zu koppeln, im Teillastbetrieb zu fahren und trotzdem kompetitive Produktionskosten zu erzielen.«

Dass man von diesem Punkt heute allerdings noch weit entfernt ist, zeigt seine techno-ökonomische Bewertung der aus den Simulationen gewonnenen Daten. Denn die ergab, dass die Kosten für das Methanol unabhängig von den Prozessverschachtelungen und den eingesetzten Technologien aktuell nicht konkurrenzfähig sind. Das liegt in erster Linie daran, dass fossile Rohstoffe durch die über Jahrzehnte aufgebaute Infrastruktur heute noch konkurrenzlos billig sind.

»Durch die Elektrolyse-Technologie entstehen massive Kapitalkosten für die Investitionen in diese Anlagen«, so Fogel. Bis zu 70 Prozent der Kosten entfielen auf die Investition; die eigentlichen Produktionskosten seien am Ende gar nicht so hoch.

Das sieht der Forscher allerdings nur als vorübergehende Phase an, die jede neue Technologie durchlaufen müsse. Denn sollte der Markt für Power-to-Methanol in den kommenden Jahren hochlaufen, würden Skaleneffekte die Kosten reduzieren. Das Ergebnis seiner umfangreichen Forschung: Es wird eine drastische Kostenreduktion geben. »Im Jahr 2050 könnten wir mit dem Power-to-Methanol-Prozess den Punkt erreicht haben, an dem wir mit den fossilen Energieträgern gleichauf liegen.«


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