Spannungsfestigkeit im Fokus

Einsatz von Film- und Elektrolytkondensatoren in der Energietechnik

11. Oktober 2013, 11:02 Uhr | Engelbert Hopf
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Stabile Hochspannung trotz unterschiedlichen Belastungen

Durch die zunehmende Integration der erneuerbaren Energiequellen wie Wind-  und Solarenergie steht das Netz vor neue Herausforderungen. Kondensatoren zur Spannungsstabilisierung im Hochspannungsnetz zeigen nun ein komplett anderes Anwendungsfeld und auch andere Konstruktionsanforderungen und -abmasse als üblichen Kondensatoren. Sie dienen der Einhaltung der Normforderung, entsprechend darf die Netzspannung beim Endverbraucher nicht mehr als +/-10 Prozent von 230 VAC abweichen. Das zusätzliche Bereitstellen von kapazitiver Blindleistung kann die Spannung stabil halten: Durch die leichte Verschiebung der Phase in dem kapazitiven oder induktiven Bereich lässt sich die Spannung anheben oder absenken. Dafür werden Kompensationsdrosselspulen oder Kondensatorbänke nach Bedarf dazu geschaltet. Freilandleitungen wirken bei starker Last induktiv. Die Spannung sinkt. Wird durch kapazitive Blindleistung aus Kondensatoren die Phase der Leitungen wieder kapazitiv, steigt die Spannung wieder an.

Für die Netzbetreiber ist neben der stabilen Spannung auch die Spannungsqualität von großer Bedeutung: Im Betrieb mischen sich zur Grundwelle von 50 Herz auch »Harmonische« dazu. Dabei handelt es sich um Spannungsüberlagerungen, die stets ein Vielfaches der Grundfrequenz besitzen. Im Allgemeinen ist die dritte Harmonische (150Hz) bei stark belastetem Netz am besten ausgeprägt, so dass diese deutlich reduziert werden muss. Die entsprechenden Anlagen liegen in der Regel in einem Leistungsbereich von 200 oder 300 MVA.

Erreicht wird die Blindleistungsreduzierung durch eine mechanisch geschaltete Kondensatorbank mit Dämpfung (MSCDN). Liegt eine starke Belastung am Netz an, und die Spannung muss gestützt werden, erfolgt das phasenweise Zuschalten von Kondensatoren an das Netz. Die Abstimmung der beiden Kapazitäten C1 und C2 mit der Hochspannungsspule L bewirken, dass der 50 Hz Stromanteil ungehindert durch C2 fließt. Aber Frequenzen in der Nähe der Abstimmfrequenz, werden durch den Widerstand geleitet und in Wärme umgewandelt. Damit ist die störende Frequenz deutlich reduziert.

Design der Einzelkondensatoren

Die Basis der Kapazitäten bilden die Wickelelemente, die bei einer Spannung bis ca. 2 kV optimal betrieben werden können. Um eine Spannungsfestigkeit von benötigten rund 250 - 300 kV zu erreichen, bedarf es der Verschaltung  sehr vieler Elemente in Serie. Damit man diese Riesenkapazitäten transportabel und modular auslegen kann, bauen Spezialhersteller wie Vishay ESTA die Wickelelemente in Edelstahlgehäusen ein und schweißen sie hermetisch zu. Diese Einheiten nennt man Mittelspannungskondensatoren.

Konkret wird die am Die am ersten Kondensator (C1) anliegende Hochspannung wird auf 30-40 Kondensatorserien verteilt. Für jeden einzelnen Kondensator ergibt das eine Spannung von rund 7,5 kV.

Das Gewicht der Kondensatoren wird auf unter 100 kg begrenzt, so dass in Summe unter 10 parallele Kondensatoren pro Serie verschaltet sind. Ein C1 Kondensator hat eine Kapazität von 35-40 µF. Intern besteht dieser Kondensator aus mehreren Wickelelementen, die intern in seriellen Wickelgruppen verschaltet sind. Für den zweiten Kondensator (C2) werden die anliegenden 30-40 kV auf etwa 5 Kondensatorserien verteilt. Das sind rund 7 kV pro Kondensator, bei einer Kapazität von etwa 45 µF.
In der technischen Realisierung wird daraus eine Großanlage mit folgenden Dimensionen: Die Elektroden eines Kondensatorwickelelement bestehen aus einer Aluminiumfolie, das Dielektrikum aus mehreren Lagen Polypropylenfolien. Würden alle für solch ein Projekt benötigten Folien aneinander gereiht, entstünde ein Band von knapp 8.000.000 m. Das ist weit mehr als die Hälfte der Erdachse. Mit der Fläche der Folien könnte man etwa 350 Fußballfelder nach FIFA-Norm abdecken. In Gewicht ausdrückt, benötigt man Folien aus mehr als 10 t Aluminium und ca. 25 t Polypropylen. Zur kompakten Verpackung dieser großen Aktiv-Fläche  werden die Alu- und Polypropylenfolien erst rund gewickelt und dann flachgedrückt. Diese Flachwickel werden gestapelt, verschaltet, isoliert und in rechteckigen Gehäusen hermetisch dicht verbaut. Alleine das Gesamtgewicht der Kondensatoren einschließlich der Gehäuse und Anschlüsse liegt bei weit über 50 Tonnen.

Um die hohe Spannung von 250-300 kV Phase zu Erde normgerecht zu beherrschen, wurden für die Kondensatoren Gestelle entwickelt, auf denen jeweils die waagrecht Montage über Einzelkondensatoren erfolgt. Diese Gestelle werden durch Isolatoren elektrisch getrennt und beim Kunden zu einem Turm montiert, welche gut und gerne 7-10 m Höhe erreichen können. In Summe benötigt man je nach Leistung der Anlage 30-45 Gestelle.

Die Autoren

Theo van de Steeg ist als Manager Product Marketing bei Vishay Aluminum Capacitors Division tätig. Anton Maier arbeitet als Product Engineer bei Vishay ESTA Capacitors Division. Olaf Lüthje ist Vice President Regional Marketing bei Vishah Passives. Norbert Pieper ist Senior Vice President Business Development bei Vishay.

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