Wie könnten diese Lösungen aussehen? Bereits für das Jahr 2020 war ja einmal ein Börsengang an der Londoner Stock Exchange geplant.
Ich bin sehr dankbar dafür, dass unsere Investoren bisher so viel Geduld mit uns gehabt haben. Heliatek verfügt über eine einzigartige Produktionstechnologie und IP, die von über 300 Patenten geschützt wird. Genau in dieser Einzigartigkeit liegt aber auch eine besondere Herausforderung. Wir können eben nicht auf bekannte Produktionsmaschinen und -prozesse zurückgreifen. Aus diesem Grund ist auch die Lab-to-Fab-Strategie so entscheidend für unseren zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg. Wir sind heute an einem Punkt angelangt, der unseren Investoren mittelfristig eine sehr gute Exit-Möglichkeit eröffnet. Ob das dann letztlich ein IPO sein wird oder der Verkauf an ein großes Energieunternehmen, für das OPV eine Ergänzung des eigenen Produkt- und Dienstleistungs-Portfolios darstellt, lässt sich heute noch nicht sagen. Mein Vertrag hier wurde bis 2024 verlängert, und in dieser Zeit werde ich alles tun, um dieser einzigartigen Technologie zum Markterfolg zu verhelfen.
Heliatek hatte mit HeliaFilm lange Zeit nur ein Produkt am Markt; inzwischen sind es mit HeliaSol zwei. Wo liegt der Unterschied zwischen den beiden Produkten?
HeliaFilm zielte mit seinen spezifischen Eigenschaften, zu denen auch eine Transparenz der Folien von bis zu 40 Prozent zählte, auf den Markt der gebäudeintegrierten OPV. Das ist sicher ein interessanter, zukunftsträchtiger Markt, aber er ist in erster Linie auf neue Gebäude beschränkt. Zudem ist die gebäudeintegrierte OPV stark davon abhängig, Architekten vom Nutzen und auch den gestalterischen Vorteilen dieser Technologie zu überzeugen und zu begeistern. Wir sehen hier durchaus Fortschritte, aber es ist ein langfristiger Prozess, die gebäudeintegrierte OPV in der Architekturszene zu verankern. Mit HeliaSol bieten wir dagegen die Möglichkeit, fast jedes existierende Gebäude mit Photovoltaik auszustatten. HeliaSol ist eine sehr dünne Solarfolie mit Anschlussdose und Kabeln. Sie kann mit ihrem integrierten Rückseitenkleber auf unterschiedlichste Baumaterialien aufgeklebt werden. HeliaSol ist zwar teurer als klassische kristalline Solarmodule, aber Solateure können innerhalb einer Minute einen Quadratmeter Photovoltaik aufbringen, ohne ein Loch zu bohren oder erst eine Unterkonstruktion für die Solarmodule montieren zu müssen. Mit einem Gewicht von weniger als 2 kg pro Quadratmeter ist HeliaSol für Solateure auch extrem einfach zu handhaben.
Spielt bei HeliaSol dann eigentlich noch der Aspekt der Transparenz eine Rolle?
Natürlich gibt es weiterhin einen Markt, der nach Transparenz in Form von HeliaFilm fragt, aber für die angesprochene PV-Ausstattung existierender Gebäude spielt Transparenz eigentlich keine Rolle. Viel wichtiger ist für uns heute der Schichtaufbau unserer Solarzellen, der sogenannte Triple-Junction-Aufbau. Die drei Schichten der Solarzelle absorbieren unterschiedliche Wellenlängen des Sonnenlichts und wandeln sie in Elektrizität um. Wir brauchen also gute Absorbermaterialien und dann noch Materialien, die die erzeugte Elektrizität so effizient wie möglich aus der Solarzelle heraus transportieren.
In der Vergangenheit war die Breite der im Rolle-zu-Rolle-Verfahren produzierten Solarfolien auf etwa 30 cm limitiert. Hat sich das inzwischen geändert?
Wir sind heute in der Lage, Trägerfolien mit einer Breite von bis zu 1,3 m zu verarbeiten, und das auf eine Länge von 2,6 km. Das ist wirklich komplex und erklärt auch, warum es letztlich so lange gedauert hat, bis alle Parameter so optimiert waren, dass wir heute mit der angesprochenen Geschwindigkeit von 1,5 bis 2 m pro Minute produzieren können.
Heliateks Produkte bestechen durch eine herausragende Carbon Payback Time, durch die Tatsache, dass sie bis 100 Mal mehr Energie erzeugen, als zu ihrer Produktion notwendig war, und ein sehr geringes Gewicht. Zahlt sich das am Markt aus?
Um ehrlich zu sein – niemand zahlt bisher dafür, das ist die harte Wahrheit. Das beginnt sich nun langsam zu ändern. Der Aspekt der Autarkie, der Unabhängigkeit gewinnt langsam an Bedeutung, und das eben auch für Anwendungen, die bisher mit klassischer Photovoltaik nicht zu realisieren waren. Wir haben heute zwei Arten von Kunden. Da sind die großen Energieunternehmen, für die wir eine ergänzende Technologie anbieten, die ihren Kunden ein One-Stop-Shop-Erlebnis ermöglicht. Und dann ist da eine wachsende Zahl kleiner Solarunternehmen, für die vor allem die Geschwindigkeit entscheidend ist, mit der sie ihre Aufträge abwickeln können. Für die Zukunft hoffe ich, dass jeder unser Produkt in einem Baumarkt wie Hornbach kaufen und zu Hause sein ganz persönliches Photovoltaik- oder Autarkieprojekt vorantreiben kann.
Kommt Ihnen die Zielsetzung der Ampel-Koalition in Deutschland, Ökologie und Ökonomie nachhaltig zu verknüpfen, nicht in optimaler Form entgegen?
Ich bin schon jetzt sehr dankbar für die Hilfestellungen der Bundesregierung. Ich hoffe aber, dass nicht nur einfach Geld zur Verfügung gestellt wird, das dann schlimmstenfalls mit der Gießkanne verteilt wird, sondern dass damit auch der Fertigungsstandort Deutschland und das »Made in Germany« wieder an Bedeutung gewinnt. Wenn der Anwender dann schließlich fragt, »Wo kann ich das kaufen?«, haben wir alle unser Ziel erreicht!