Immer wieder treten Schadensfälle bei Photovoltaik-Anlagen auf, welche auf einen Kreuzverbau von Photovoltaik-Steckern unterschiedlicher Hersteller zurückzuführen sind. Worauf ist in technischer und rechtlicher Hinsicht zu achten? Und was sagen Normen und Prüfzertifikate dazu aus?
Kreuzverbindungen – also das Zusammenstecken von Photovolatik-Steckverbindern unterschiedlicher Hersteller – sind risikobehaftet. Als Folge kann es zu verbrannten Steckern, Lichtbogenbildung und im Extremfall zu Bränden kommen. Für diese möglichen Schäden gibt es mehrere Ursachen: Zum Beispiel können chemische Unverträglichkeiten oder unterschiedliche Wärmeausdehnungsparameter des Metallkontakts nach einiger Zeit zu Kontaktkorrosion führen. »Unter solchen Umständen sind nicht nur das Projekt und die PV-Anlage gefährdet, sondern auch Mensch und Natur«, betont Guido Volberg, Senior Consultant Product Regulatory Affairs bei Stäubli Renewable Energy.
Es stellt sich somit die wichtige Frage: Wer trägt die Verantwortung für solche Schäden? »Die Hersteller von Steckverbindern haften nicht, wenn sie das Zusammenstecken mit Fremdprodukten ausschliessen. Die Realisierung eines PV-Systems wird vom Installateur vorgenommen, weshalb er in den meisten Fällen verantwortlich gemacht wird«, erklärt Guido Volberg.
Oft werden Testinstitute zwar damit beauftragt, Kombinationen von Photovoltaik-Steckverbindern unterschiedlicher Hersteller zu prüfen. Dies geschieht allerdings in sogenannten Einzeltests, weshalb es risikoreich ist, daraus abzuleiten, dass PV-Steckverbinder verschiedener Hersteller sicher kombiniert und in einer PV-Anlage sicher und langfristig betrieben werden können!
Prüfnormen: Mindestanforderungen für die Sicherheit
Die derzeit bestehenden Prüfnormen für PV-Steckverbinder, wie "IEC 62852:2014 + A1:2020“ oder „UL6703“, wurden für Design und Prüfungen für Steckverbinder desselben Typs oder derselben Typenfamilie eines Herstellers erstellt. Diese Normen beziehen sich immer auf die Verbindung von Buchse und Stecker innerhalb einer Typenfamilie und nicht auf die jeweiligen Einzelteile eines Steckers.
Guido Volberg erläutert: »Die oben genannten Prüfnormen umschreiben die Mindestanforderungen für die Sicherheit von PV-Steckverbindern, sofern diese unter dem gleichen Qualitätsmanagementsystem, denselben Produktionsprozessen und Fertigungstoleranzen sowie ausreichender Kenntnis der verwendeten Materialien und Technologien entwickelt und hergestellt wurden. Ebenso wird die Haftung im Falle eines Schadens berücksichtigt«. Das heißt aber auch, »heute bestehende Normen sind nicht geeignet, um eine Aussage über die Sicherheit von Kombinationen von PV-Steckverbindern verschiedener Hersteller zu treffen«, führt Volberg weiter aus.
Dieser Sachverhalt gelte übrigens auch dann, wenn zwei Hersteller ihre Steckverbinder unter der Bedingung als kompatibel bezeichnen, dass sie sich gegenseitig über sicherheitsrelevante Änderungen am Produkt informieren. Bereits kleinste Änderungen können erhebliche Auswirkungen auf die Langzeitfunktion der Verbindung haben!
Faktencheck: Bauart-Zertifikat versus Einzelprüfung
Oftmals liegen Prüfberichte von Testinstituten über Prüfungen solcher Kombinationen von PV-Steckverbindern unterschiedlicher Hersteller vor, aufgrund derer fälschlicherweise eine Kompatibilität interpretiert wird. Hier gilt es zu unterscheiden zwischen Bauartzertifikaten und sogenannten Einzeltests.
Zusammenfassung
Ein Prüfbericht zu einer Einzelprüfung ist nicht dasselbe wie ein Bauart-Zertifikat. Es ist irreführend, daraus eine Kompatibilität abzuleiten. Aus der Gegenüberstellung der unterschiedlichen Vorgehensweisen und Grundlagen bei Bauart-Zertifizierungen und Einzelprüfungen ist erkennbar, dass die jeweiligen Resultate in Bezug auf die Haftung zu unterscheiden sind. Aufgrund eines Prüfberichts aus einer Einzelprüfung kann keine Aussage über die Sicherheit von Produkten oder Produktfamilien gemacht werden. Es wird lediglich der Zustand des vorliegenden Musters zum Zeitpunkt der jeweiligen Einzelprüfung beurteilt. Im Schadensfall ist die Produkthaftung nicht geregelt, die Verantwortung liegt meist beim Installateur. Sowohl die Hersteller als auch das Prüfinstitut haben einen Haftungsausschluss vermerkt.