SiC-E-Fuse-Demonstrator

Schaltkreisschutz in E-Fahrzeugen

10. Februar 2025, 8:00 Uhr | Ehab Tarmoom
© Microchip Technology/Componeers GmbH

E-Fuses auf SiC-Basis ersetzen herkömmliche Sicherungen und Relais in 800-V-Systemen für E-Fahrzeuge. Sie bieten schnelle Abschaltung, Rücksetzbarkeit und hohe Zuverlässigkeit, reduzieren Kurzschlussströme und schützen Verkabelung sowie Komponenten.

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Elektrofahrzeuge mit 400-V-Batteriesystemen wurden vor über einem Jahrzehnt eingeführt. Jetzt sehen wir den Übergang zu 800-V-Systemen, hauptsächlich um schnelles DC-Laden zu unterstützen. Mit der erhöhten Spannung und den Erfahrungen aus 400-V-Systemen konzentrieren sich die Entwickler nun darauf, die Leistungsfähigkeit von Schutzschaltungen mit hoher Spannung zu verbessern und die Zuverlässigkeit zu erhöhen. Die derzeitige Lösung mit Sicherung, Schütz oder Relais wird auf reaktionsschnellere, robustere und zuverlässigere Lösungen wie Pyrosicherung und elektronische Sicherung oder E-Fuse umgestellt. Ein führender Ansatz ist eine E-Fuse auf Basis der SiC-Technologie (SiC: Siliziumkarbid). SiC bietet eine hohe Betriebsspannung, hohe Betriebstemperatur, einen niedrigen Einschaltwiderstand, niedrigen Leckstrom im ausgeschalteten Zustand und eine hohe Beständigkeit gegen Überspannungsspitzen. Das Halbleiterdesign der E-Fuse beseitigt Zuverlässigkeitsprobleme im Zusammenhang mit Lichtbögen, mechanischem Verschleiß oder Kontaktprellen. Economizer-Schaltungen zum Ansteuern von Schützspulen werden nicht mehr benötigt. Die E-Fuse verbessert die Leistungsfähigkeit auf Systemebene durch ihre Konfigurierbarkeit, kontrolliertes Ein- und Ausschalten, integrierte Diagnosefunktionen und Widerstandsfähigkeit gegenüber Hochspannungstransienten.

Möglichkeit zurückzusetzen, erübrigt aufwendigen Ersatz

Mit einem vollständig auf SiC basierenden Design verfügt die E-Fuse über eine beispiellose Reaktionszeit bei Kurzschlüssen und reagiert mehrere hundert Mal schneller als selbst eine Pyrosicherung. Dies macht die E-Fuse zu einer natürlichen Ergänzung einer auf Pyrosicherung basierenden Schutzlösung. Eine Pyrosicherung bietet zwar einen robusten und zuverlässigen Schaltkreisschutz, ist jedoch nicht zurücksetzbar. Sie ist ein Einwegbauteil, wie die Pyrosicherung in einem Airbag.

Eine Pyrosicherung wird als ausfallsichere Maßnahme eingesetzt, um das System in kritischen Situationen stromlos zu machen. Nach dem Auslösen muss sie ersetzt werden. Der Austausch einer Komponente in einem Hochspannungssystem ist nicht so einfach wie in einem 12V-System. Bei Systemspannungen von 400 oder 800 V, die weit über der 60V-Grenze liegen, die die Automobilindustrie im Allgemeinen als sicher erachtet, können Reparaturen nur von qualifizierten Servicetechnikern sicher durchgeführt werden. Zum Glück kann eine E-Fuse als Begleitlösung auf Systemebene mit einem konfigurierbaren Auslöseprofil empfindlicher auf Überströme reagieren als eine Pyrosicherung. Die E-Fuse kann somit früher auslösen und das Auslösen der Pyrosicherung verhindern. Ein Vorteil einer E-Fuse gegenüber heutigen Lösungen besteht darin, dass sie zurücksetzbar ist, wodurch der Besitzer eines Elektrofahrzeugs Zeit, Kosten und Aufwand spart, die mit der Wartung eines Fahrzeugs verbunden sind.

Robuster Schutz für den DC-Kreis

Der Schutz von Stromkreisen in DC-Systemen mit hoher Spannung stellt eine einzigartige Herausforderung dar. Im Gegensatz zu AC-Systemen, bei denen der Nulldurchgang das Löschen eines Lichtbogens unterstützt, gibt es bei DC-Systemen keinen solchen Nulldurchgang. Um dies zu kompensieren, verfügen Hochspannungs-EV-Relais und -Schütze über zusätzliche Funktionen, um Lichtbögen sicher zu löschen. Lichtbögen erodieren jedoch immer noch die Kontakte und führen zu Zuverlässigkeitsproblemen wie zum Beispiel einem hohen Kontaktwiderstand.

Die E-Fuse hingegen trennt DC-Kreise sicher, ohne einen Lichtbogen zu erzeugen. Die gleiche Art von induktiver Energie, die für den Lichtbogen in einer relaisbasierten Lösung verantwortlich ist, ist auch in einem mit E-Fuse geschützten Stromkreis vorhanden, sodass eine E-Fuse-Lösung diese Energie absorbieren muss, wenn sie einen Stromkreis unterbricht.

Der Hauptunterschied besteht darin, dass eine E-Fuse eine schnelle Reaktionszeit hat und den Spitzenstrom um Größenordnungen niedriger hält als eine herkömmliche Lösung. Da die induktive Energie proportional zum Quadrat des Stroms ist, führt eine Verringerung des Spitzenkurzschlussstroms zu einer deutlich geringeren Durchlassenergie. Dies führt auch zu einer geringeren Belastung der Verkabelung und einer potenziellen nachgeschalteten fehlerhaften Last.

E-Fuse-Demonstrator mit konfigurierbarem Auslöseprofil

Der in Bild 1 dargestellte E-Fuse-Demonstrator von Microchip steht Entwicklern zur Verfügung, die E-Fuse-Hochspannungs- oder Halbleiterrelais für den Fahrzeugbereich entwickeln. Die sechs Hardware-Varianten bieten 400- und 800-V-Optionen und Stromstärken von 10, 20 und 30 A. Sie ermöglichen die Evaluierung einzelner oder paralleler SiC-MOSFETs mit RDS(on)-Werten von 15 bis 40 mΩ.

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Bild 1
Bild 1: E-Fuse-Demonstrator von Microchip
© Microchip Technology

Die E-Fuse-Steuer- und Schutzschaltungen werden vom 12-V-System mit Strom versorgt. Das Board ist mit einer LIN-Kommunikationsschnittstelle ausgestattet und kann direkt an die 12-V-Batterie angeschlossen werden. Das System kann entweder durch eine LIN-Aktivität aus dem Schlafmodus aufgeweckt werden oder über den geschalteten Batterieausgang eines Steuermoduls aktiviert werden.

Die E-Fuse umfasst drei Überstromerkennungsmethoden, die den Bereich von einem leichten Überstrom bis zu einem sehr hohen Kurzschlussstrom abdecken, wie in der Zeit-Strom-Kennlinie (TCC) in Bild 2 dargestellt. Die Kurve definiert das sicherungsähnliche Verhalten der E-Fuse mit einer langsamen Reaktionszeit auf niedrige Überströme und einer schnellen Reaktion auf hohe Überströme.

Bild 2
Bild 2: Zeit-Strom-Kennlinie für 400V-/20A-E-Fuse-Variante
© Microchip Technology

Die drei Erkennungsmethoden lassen sich einfach über die Software oder über die LIN-Schnittstelle konfigurieren, um Kabel und Lasten zu schützen. Die Erkennungsmethode links (blau) charakterisiert das Auslöseverhalten mithilfe eines Algorithmus zur Schätzung der Sperrschichttemperatur. Der Algorithmus verwendet die Strom- und Umgebungstemperaturmessung, den RDS(on) des SiC-MOSFET und die thermischen Konstruktionsmerkmale, um die Sperrschichttemperatur des SiC-MOSFET zu schätzen.

Die Reaktionszeit variiert je nach Höhe des Überstroms. Das mittlere Segment der Kennlinie steht für die Erkennungsmethode, bei der nur die Strommessung mit einer festen Reaktionszeit verwendet wird. Das rechte Segment (gelb) stellt eine hardwarebasierte, aber per Software konfigurierbare Erkennungsmethode dar. Diese nutzt die Core-Independent-Peripherals (CIPs) der PIC-MCU, insbesondere einen Komparator, eine feste Spannungsreferenz, einen D/A-Wandler und konfigurierbare Logikzellen, die als SR-Latches ausgelegt sind. Dies ermöglicht eine schnelle Signalausbreitung auf unter ein paar 100 ns, wodurch ein Kurzschluss sofort erkannt und das Hochspannungssystem geschützt werden kann.

Zusätzlich zum sicherungsähnlichen Verhalten kann eine E-Fuse die Funktion eines elektromechanischen Relais übernehmen. Genauso wie eine Relaisspule und ihre Hochspannungskontakte galvanisch getrennt sind, enthält eine Hochspannungs-E-Fuse auch eine Isolationsbarriere zwischen den Steuersignalen und den Hochspannungsklemmen. Ähnlich wie ein Relais kann eine E-Fuse flexibel in das System eingebunden werden, entweder als High-Side-Ausgang, der den Pluspol der Hochspannungsbatterie mit einer Last verbindet, oder als Low-Side-Ausgang, der einen Pfad für die Last zum Minuspol der Batterie bereitstellt (Bild 3).

Bild 3
Bild 3: E-Fuse-Konfiguration auf Systemebene
© Microchip Technology

Kurzschlussverhalten bei hohen Spannungen

Um den Unterschied in der Reaktionszeit einer E-Sicherung im Vergleich zu einer herkömmlichen Hochspannungssicherung für Fahrzeuge wirklich einschätzen zu können, wurde jede Sicherung einem Kurzschluss unter ähnlichen Testbedingungen von 450 V und einer Leitungsinduktivität von ca. 3 µH ausgesetzt. Die resultierenden Wellenformen sind in Bild 4 dargestellt. Die Wellenform (schwarz) zeigt den Stromfluss durch die getestete Hochspannungssicherung. Innerhalb von 30 µs erreicht der Strom 3800 A, was die Grenze der Messausrüstung darstellt, und löst 50 µs später die Hochspannungssicherung aus. Basierend auf den Testparametern wird geschätzt, dass der Spitzenstrom 6000 A überschritten hat. Bei einer E-Fuse (blaue Wellenform) erreicht der Strom jedoch nur 128 A, bevor sie auslöst. Dies ist ein erheblich geringerer Durchlassstrom, was die Belastung der Verkabelung und der nachgeschalteten Lasten minimiert.

Bild 4
Bild 4: Stromwellenformen für E-Fuse (blau) im Vergleich zu Hochspannungssicherung (schwarz)
© Microchip Technology

Systementwickler haben so die Möglichkeit, die Verkabelung in Bezug auf Gewicht und Kosten zu optimieren. In einigen Fällen kann der niedrige Durchlassstrom der E-Fuse entscheidend sein: Er kann den Unterschied ausmachen zwischen einem teuren Abschleppfall, bei dem eine hohe Strombelastung die Hardware dauerhaft beschädigt, und einem behebbaren Fehler aus, bei dem sich das System automatisch zurücksetzt und der Fahrer das Fahrzeug weiter nutzen kann.Neben dem Elektrofahrzeug selbst kann auch die unterstützende Infrastruktur, wie DC-Schnellladestationen oder Mikronetze, die die Ladestationen versorgen, von der E-Fuse profitieren. Ihre Vorteile sind nicht nur auf Fahrzeuganwendungen beschränkt.

Anwendungen mit Sicherungen und Schützen profitieren von einigen der hier besprochenen Themen sowie von anderen Vorteilen, wie der integrierten Strommessung. Damit ist eine weitere Integration und Optimierung auf Systemebene möglich. Externe Anwendungen nutzen eine »Common-Source-Anti-Series-SiC-MOSFET«-Konfiguration und erfordern möglicherweise eine höhere Strombelastbarkeit als der Demonstrator bietet. Das Design lässt sich aber leicht skalieren und kann auf die Verwendung von SiC-Leistungsmodule angepasst werden, die in einer Common-Source-Konfiguration erhältlich sind.

Da der Fokus zunehmend auf Leistungsfähigkeit, Sicherheit und Zuverlässigkeit liegt, wird die E-Fuse als Lösung zum Schutz von Schaltkreisen weiter zunehmen und sich als bevorzugte Methode durchsetzen, so wie wir bereits die Verlagerung im 12-V-System von Sicherungen und Relais zu geschützten Halbleitertreibern und in jüngerer Zeit zu Niederspannungs-E-Fuses erlebt haben.

 

Autor:

Ehab Tarmoom ist Technical Application Engineer in der Silicon Carbide Business Unit von Microchip Technology


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