Schaltwandler in Computernetzteilen

MOSFETs nach neuer Leistungskennzahl auswählen

24. Mai 2016, 12:01 Uhr | Von Sanjay Havanur und Philip Zuk
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

MOSFETs steueren die Ausgangsspannung bei Dauerstrombetrieb

Definition der Abschaltsequenz und der Schaltladung QSW
Bild 3. Definition der Abschaltsequenz und der Schaltladung QSW.
© Vishay

Bild 3 zeigt das Standard-Gate-Ladungsmodell für den Abschaltvorgang. Im Dauerstrombetrieb schaltet der MOSFET gegen die Ausgangsspannung UDC ständig ein und aus. Die Schaltverluste sind eine Funktion von UDC, IAC und den Schaltzeiten TSWon und TSWoff. Wie in [1] erläutert, überspannt der theoretische Anstieg der Drain-Spannung (blau gezeichnet) das komplette Miller-Plateau, das von QQD dargestellt wird. QSW ist die effektive Schaltladung, eine Kombination von QGS und QGD. Bei einem effektiven Konstantstrom von IGon und IGoff gilt: 

space space left parenthesis 4 right parenthesis space space space space space space space T subscript S W o n end subscript space equals Q subscript S W end subscript over I subscript G o n end subscript

und

space space left parenthesis 5 right parenthesis space space space space space space space T subscript S W o f f end subscript space equals space Q subscript S W end subscript over I subscript G o f f end subscript space

Nun ist die gesamte Schaltzeit Tsw als Funktion eines entsprechenden Gate-Stroms IGEQ darstellbar:

space space left parenthesis 6 right parenthesis space space space space space space space T subscript S W end subscript space equals thin space T subscript S W o n end subscript space plus space T subscript S W o f f end subscript space equals thin space Q subscript S W end subscript over I subscript G E Q end subscript

wobei

space space space left parenthesis 7 right parenthesis space space space space space space space 1 over I subscript G E Q end subscript equals 1 over I subscript G o n end subscript plus 1 over I subscript G o f f end subscript

MOSFET-Datenblätter führen typischerweise QGS und QGD auf, aber nicht in jedem Fall QSW, die effektive Schaltladung. Für Niederspannungs-MOSFETs lässt sich QSW näherungsweise nach der folgenden Gleichung berechnen:

space space space left parenthesis 8 right parenthesis space space space space space space Q subscript S W left parenthesis L V right parenthesis end subscript space equals space Q subscript G S end subscript over 2 plus Q subscript G D end subscript

Für Hochspannungs-MOSFETs funktioniert diese Approximation aber nicht, weil deren Parasitärkapazitäten zu stark variieren. Bild 4 zeigt eine typische Variationsbreite dieser Kapazitäten für Hochspannungs-Superjunction-MOSFETs. Innerhalb der ersten 100 V können CRSS und COSS um einen Faktor 100 variieren.

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Variation der Parasitärkapazitäten bei Superjunction-MOSFETs
Bild 4. Variation der Parasitärkapazitäten bei Superjunction-MOSFETs.
© Vishay

In Bild 3 basiert der blau dargestellte theoretische Anstieg von UDS auf dem Gate-Ladungsmodell eines Niederspannungs-MOSFET. In Wirklichkeit sieht der Anstieg von UDS eher aus wie die gestrichelte rote Linie. Der zugehörige Schaltverlust (roter Bereich) ist also deutlich kleiner als angenommen – wenn man das komplette Miller-Plateau berücksichtigt. Um eine Übereinstimmung zu den tatsächlich beobachteten Anstiegs- und Abfallzeiten zu erzielen, kann man für QSW folgendermaßen schreiben: 

space space space left parenthesis 9 right parenthesis space space space space space space space Q subscript S W end subscript space equals 0 comma 4 times Q subscript G S end subscript space plus space Q subscript G D end subscript over 4

Die Gleichung ist empirisch; sie wurde aufgestellt, damit sie zu den beobachteten Schaltzeiten von Hochspannungs-MOSFETs passt, speziell zu Superjunction-Typen. Sie stimmt recht gut mit den Typen der Familie E überein. Manche Autoren arbeiten im Interesse besserer Ergebnisse in der konventionellen Formel für die Kennzahl mit QGD statt mit QD. Wie gezeigt, hängt keine der beiden Zahlen direkt mit TSW zusammen, der echten Maßzahl für den Schaltverlust.

Mit dieser guten Schätzung für den Durchlassverlust beträgt der Gesamtverlust:

space space left parenthesis 10 right parenthesis space space space space space space P subscript S W end subscript space equals 1 half times I subscript A C end subscript times U subscript D C end subscript times T subscript S W end subscript times F subscript S W end subscript
space space space space space space space space space space space space space equals fraction numerator square root of 2 over denominator straight pi end fraction times P subscript E i n end subscript over U subscript E i n end subscript times U subscript D C end subscript times Q subscript S W end subscript over I subscript G E Q end subscript times F subscript S W end subscript

In einer hart geschalteten Schaltung wie einem CCM-Schaltnetzteil wird die Ausgangskapazität des MOSFET in jedem Zyklus zweimal geladen und entladen, wobei die gespeicherte Energie EOSS jeweils verlorengeht. Die Verluste betragen also:

  space space space left parenthesis 11 right parenthesis space space space space space space P subscript O S S end subscript equals 2 times E subscript O S S end subscript times F subscript S W end subscript approximately equal to space C subscript O E R end subscript space times space U subscript D C end subscript superscript 2 times F subscript S W end subscript

 

Wiederum braucht man aufgrund der nichtlinearen Charakteristik eine andere Berechnung für die Energie, die bei hoher Spannung in Coss gespeichert ist. Die herkömmliche Formel zur Berechnung der in einem Kondensator gespeicherten Energie (nämlich ½ CU²) funktioniert hier nicht. Zur Berechnung der in einem MOSFET gespeicherten Energie geben die Hersteller einen weiteren Parameter namens COER an. Der Parameter ist üblicherweise für 400 V oder 480 V spezifiziert und ist der Kapazitätswert eines Festkondensators, der bei den genannten Spannungen die gleiche Energie speichern kann wie das Coss eines MOSFET. In neuerer Zeit geben die Hersteller sogar die vollständige Eoss-Kurve in den Datenblättern an.

In Schaltreglern spielen die Verluste der Bodydiode keine Rolle; daher können die Parameter UFWD und QRR mit den zugehörigen Verlusten vernachlässigt werden. Die übliche Schaltfrequenz in Schaltreglern im Dauerstrombetrieb liegt mit 65 kHz bis 70 kHz verhältnismäßig niedrig. Diese niedrige Frequenz legt zusammen mit einem niedrigen QG nahe, dass Verluste durch die Ansteuerung des Gate keine große Rolle spielen, somit auch vernachlässigt werden können. Die Gesamtverluste ergeben sich aus der Addition:

space space left parenthesis 12 right parenthesis space space space space P subscript t o t end subscript space equals open parentheses fraction numerator P subscript E i n end subscript over denominator 1 comma 2 times U subscript E i n end subscript end fraction close parentheses squared times T C R times R subscript D S left parenthesis o n right parenthesis space end subscript plus
space space space space space space space space space space space space space fraction numerator square root of 2 over denominator straight pi end fraction times P subscript E i n end subscript over U subscript E i n end subscript times U subscript D C end subscript times Q subscript S W end subscript over I subscript G E Q end subscript times F subscript S W end subscript plus
space space space space space space space space space space space space space C subscript O E R end subscript times U subscript D C end subscript superscript 2 space times F subscript S W end subscript

Diese Gleichung mag recht kompliziert und sperrig erscheinen, aber ein zweiter Blick zeigt, dass die meisten anwendungsbezogenen Werte bereits bekannt sind. Wir ersetzen daher die folgenden, üblicherweise in Schaltreglern verwendeten Werte:

  • UEin = 100 V (AC) minimal
  • UDC = 400 V
  • FSW = 70 kHz
  • TCR = 2 für 600-V-MOSFETs.

Die Verlustgleichung vereinfacht sich somit zu

space space space left parenthesis 13 right parenthesis thin space space space space space P subscript t o t end subscript equals 0 comma 139 times P subscript E i n end subscript superscript 2 times R subscript D S left parenthesis o n right parenthesis end subscript plus
space space space space space space space space space space space space space space space 0 comma 123 times P subscript E i n end subscript times Q subscript S W end subscript over I subscript G E Q end subscript plus 0 comma 012 times C subscript O E R end subscript

wobei PEin in kW angegeben ist, RDS(on) in mΩ und QSW in nC.

Es muss an dieser Stelle nochmals wiederholt werden, dass der Zweck dieser Gleichung keine hochpräzise Berechnung der Verluste ist. Sie dient vielmehr als Werkzeug zum Vergleich verschiedener MOSFET-Typen. Für jeden vorgegebenen Wert PEin und den zugehörigen Gatestrom IGEQ kann man aus dem Datenblatt des MOSFET die entsprechenden Werte von RDS(on), QSW und COER herauslesen und dann die Verluste vergleichen. Verwendet man PTOTAL als verlustbasierte Kennzahl, basiert die Bauteilauswahl nun auf den erwarteten Verlusten bei realistischen Betriebs­bedingungen statt lediglich auf dem Produkt RDS(on) · QG, das allenfalls einen Anhalt gibt. Um dies weiter zu illustrieren, betrachten wir einen Referenz-MOSFET mit 600 V Sperrspannung und den folgenden weiteren Werten:

RDS(on) = 100 mΩ
Qsw = 16 nC
COER = 120 pF bei 400 V.

Leistungsverlust als Funktion von RDS(on)
Bild 5. Leistungsverlust als Funktion von RDS(on).
© Vishay

Wenn wir das gleiche Produkt RDS(on) · QG annehmen und alle Kapazitätswerte umgekehrt proportional zu RDS(on) skalieren, können wir eine hypothetische Familie von MOSFETs definieren, deren RDS(on)-Werte zwischen 50 und 500 mΩ variieren. Bei unterschiedlichen Eingangsleistungen ergibt die Verlustgleichung dann die Kurvenschar in Bild 5, aus der sich unmittelbar zwei Erkenntnisse ergeben:

  • Erstens: „Niedrigster RDS(on)“ führt nicht unter jeder Betriebsbedingung zum geringsten Verlust. Bei jeder Leistung gibt es einen optimalen Wert von RDS(on), bei dem der Wirkungsgrad maximal ist. Verringert man RDS(on) demgegenüber weiter, wird das nicht nur teurer, sondern der Verlust wird sogar wieder größer. Bei 250 W Ausgangsleistung zeigt ein 400-mΩ-MOSFET die gleiche Performance wie ein 70-mΩ-MOSFET, und doch sind beide nicht die beste Lösung für diese Ausgangsleistung. Der optimale RDS(on) für diese Ausgangsleistung liegt zwischen 160 und 170 mΩ.
  • Zweitens ist das Produkt RDS(on) × QG ein schlechter Ratgeber bezüglich der Performance. Alle Typen, die im Graphen verglichen wurden, weisen den gleichen Wert für RDS(on) x QG auf, zeigen aber abhängig von den Betriebsbedingungen eine unterschiedliche Leistung.

  1. MOSFETs nach neuer Leistungskennzahl auswählen
  2. MOSFETs steueren die Ausgangsspannung bei Dauerstrombetrieb
  3. Nutzen der neuen Kennzahl

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