Anwendungen mit SiC-/GaN-Halbleitern

Gate-Widerstände gewissenhaft wählen

16. Dezember 2023, 14:00 Uhr | Von Jorge Lugo und Andrew Mason, Vishay; Redaktion: Kathrin Veigel
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Chips mit GaN und SiC bieten in Schaltungen Vorteile, erfordern aber auch Kompromisse: Zum Beispiel Schaltverluste, die – durch hohe di/dt- und dv/dt-Werte verstärkt – in Rauschen resultieren. Um dies abzumildern und Totzeiten zu vermeiden, müssen die Gate-Widerstände sorgfältig ausgewählt werden.

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Bei der Entwicklung elektronischer Schaltungen, die eine bessere Leistungseffizienz erfordern, bietet sich der Einsatz der neuen Hochleistungstechnologien Galliumnitrid (GaN) und Siliziumkarbid (SiC) an. Diese neuen Halbleiter mit Wide-Bandgap haben deutliche Vorteile gegenüber herkömmlichen Siliziumlösungen: So zeichnen sie sich durch eine geringere Chipgröße, eine bessere Wärmeleitfähigkeit und ein besseres Wärmemanagement sowie wesentlich geringere Schaltverluste aus. Dadurch eignen sie sich ideal für platzbeschränkte Anwendungen wie Stromversorgungen, Antriebe sowie Wechselrichter für industrielle, medizinische, Telekommunikations- und Automobilanwendungen.
 
Allerdings sind beim Design einige Kompromisse nötig, insbesondere hinsichtlich der Schaltverluste. Beispielsweise verstärken die daraus resultierenden höheren di/dt- und dv/dt-Werte sowie der Betrieb bei höheren Geschwindigkeiten die Frequenzschwankungen in der Schaltung, wodurch Rauschen zu einem wichtigen Faktor wird.

Bei einer typischen Schaltung kommen ein High-Side(HS)- und ein Low-Side(LS)-MOSFET als Schaltelemente zur Ansteuerung einer induktiven Last zum Einsatz. Wird HS eingeschaltet und LS ausgeschaltet, fließt der Strom von der Spannungsversorgung VCC zur Spule Lo. Wird hingegen HS ausgeschaltet und LS eingeschaltet, fließt der Induktionsstrom weiterhin synchron von Masse zu Lo. Der Ein/Aus-Zustand wird also durch die Gate-Spannung bestimmt, und Änderungen der Gate-Spannung beeinflussen das Laden und Entladen der Gate-Schleife.

Die Schaltzeiten sowie die damit verbundenen Verluste hängen davon ab, wie schnell sich der Gate-Kondensator durch den Gate-Strom lädt und wieder entlädt. Beeinflusst wird der Gate-Strom dabei von der Treiberspannung, dem Gate-Widerstand und den gesamten intrinsischen parasitären Effekten der Treiberschaltung.

Um ein gleichzeitiges Ein- und Ausschalten zu vermeiden, verwenden Entwickler in der Regel einen sorgfältig ausgewählten Gate-Widerstand, der sich am besten für diese Anwendungen eignet, beispielsweise einen Hochleistungs-Dickschicht-Chip, einen Dünnschicht-MELF- oder einen-Hochleistungs-Back-Contact-Widerstand. Diese Bauteile machen längere Totzeiten, also die Zeit zwischen dem Schalten des HS- und des LS-Schalters, überflüssig, die sich sonst effektiv in Leistungsverlusten niederschlagen.

Wichtig bei der Wahl von Gate-Widerständen

Bei der Auswahl einer Gate-Widerstandstechnologie sollten sich Entwickler auf Impulsleistung, Impulsdauer und Temperatur sowie auf die Stabilität konzentrieren. Bei der Verwendung von zwei Gate-Widerständen empfiehlt es sich, den Wert des On-Gate-Widerstands mindestens doppelt so hoch zu wählen wie den des Off-Gate-Widerstands. Der Wert des Off-Gate-Widerstands ist deshalb wichtig, um ein parasitäres Einschalten zu vermeiden, wenn die Spannung am Drain – beziehungsweise bei IGBTs am Kollektor – ansteigt.

Zu berücksichtigen ist zudem der Widerstandswert des Gate-Widerstands: Bei einem zu hohen Wert treten Verluste auf, bei einem zu niedrigen Schwingungen. Der Gate-Widerstand muss für eine kurze Zeit hohe Spitzenlast bewältigen, und die durchschnittliche Verlustleistung steigt mit der Frequenz und dem Tastverhältnis. Seine Funktion besteht darin, die im Gerät aufgebaute interne Kapazität und die Miller-Ladung zu entladen. Die Verringerung der Spannungsüberschwingung reduziert die Belastung des Bauelements und des Treibers, und durch die Verringerung der parasitären Induk­tivität werden Schwingungen der Gate-Source-Spannung VGS beim Schalten vermieden.

Um das Rauschen in der Schaltung zu minimieren, ist es wichtig, die Länge der Leiterbahnen (parasitäre Induktivitäten) zu verringern. Deshalb werden in der Regel drahtgebundene oder oberflächenmontierte Gate-Widerstände bevorzugt. Bei der drahtgebundenen IGBR-Serie bietet der rückseitige Kontakt eine sehr gute Wärmeleitfähigkeit und minimiert die thermischen Schwankungen zwischen Bauelement und Leiterplatte. Die Kombination aus drahtgebundener Verbindung, physischer Größe und Sinterfähigkeit erlaubt es Entwicklern, den IGBR innerhalb des eigentlichen Hochleistungshalbleitermoduls oder -gehäuses zu sintern. Dies macht eine direkte Nähe zum Schaltelement möglich, wodurch einige der parasitären Elemente verringert werden, was wiederum das Schaltungs­rauschen reduziert.
 

Unterschiedliche Gate-Widerstandstechnologien

Vishay Widerstand
Bild 1. Verschiedene Typen von Gate-Widerständen – deren jeweiliger Einsatz hängt von verschiedenen Faktoren ab.
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Bei Gate-Widerständen gibt es verschiedene Technologien zur Auswahl (Bild 1): Hochleistungs-Dickschicht-Chips (links), Dünnschicht-MELF-Bauelemente (Metal Electrode Leadless Faces, Mitte) und Dünnschicht-Substrattypen (rechts) mit Nennleistungen bis zu 4 W. Faktoren, die bei der Auswahl von Gate-Widerständen zu beachten sind, sind Bauteilgröße, Präzision, Zuverlässigkeit, thermische Leistung zwischen dem Bauelement und der Leiterplatte sowie die parallele parasitäre Induktivität.

Gate-Widerstände (RG) werden üblicherweise zwischen 1 Ω und 100 Ω spezifiziert. Die Auswahl eines niedrigeren Widerstandswerts für RG verringert die Verlustleistung am Bauelement (EOn, EOff), führt allerdings auch zu einem höheren Treiberstrom. Aufgrund der kurzen Anstiegszeiten von Breitband-Halbleitern sind zudem die Hochfrequenzauswirkungen des Gate-Widerstands zu berücksichtigen, wobei ein Kompromiss zwischen Schaltverlusten und EMI-Verhalten (Electromagnetic Interference) gefunden werden muss. Für reduzierte EMI-Emissionen können Widerstände mit höheren Werten verwendet und die Anstiegszeit des Schalters verlängert werden, was aber die Schaltverluste erhöht.

Je nach Induktivität und Last im Stromkreis müssen auch die maximalen Betriebsspannungen der verschiedenen Widerstandstechnologien sorgfältig geprüft werden, da beim Schalten Spannungsspitzen auftreten. Berücksichtigen Entwickler all diese Faktoren, können sie die richtige Gate-Widerstandslösung auswählen, die die spezifischen Anforderungen hinsichtlich Leistungseffizienz, Zuverlässigkeit und Rauschunterdrückung erfüllt.
 
Sind hohe Spitzenströme, die zweistellige Amperewerte erreichen können, und hohe Frequenzen – bei Transienten manchmal sogar im MHz-Bereich – zu verarbeiten, ist es wichtig, die Auswirkungen der Temperatur auf den Widerstand zu berücksichtigen. Höhere Temperaturen können dazu führen, dass der Widerstandswert driftet und mit der Zeit ansteigt. Die Langzeitstabilität des Widerstandswerts hängt dabei von der Konstruktion des Bauelements ab. So haben beispielsweise MELF-Widerstände im Vergleich zur rechteckigen Oberfläche eines einzelnen Chips eine um den Faktor π vergrößerte Zylinderoberfläche, was ihre Leistung deutlich verbessern kann. Darüber hinaus ermöglicht der Einsatz von stabilen Dünnschichtmaterialien wie NiCr eine optimale Impulsbelastbarkeit. Bei platzbeschränkten Designs ist außerdem die relative Position des Leistungsschalters wichtig, da Wärme von diesem in die Leiterplatte fließen kann.

Um die Effizienzvorteile von Wide-Bandgap-Halbleitern voll auszuschöpfen, muss eine optimale Gate-Treiberschaltung die spezifischen Anforderungen an die Gate-Ladung Qx, die Schaltfrequenz, die Spitzenstrombelastbarkeit des Treibers und – bei schnellem Schalten – das genaue Timing und die Stabilität der Schaltungsleistung berücksichtigen. Die Auswahl des richtigen niederohmigen Gate-Widerstands mit der entsprechenden Technologie und Bauelementekonstruktion ist dabei für das Erreichen einer optimalen Schaltungseffizienz entscheidend.

 

Die Autoren

Jorge Lugo
ist Senior Manager Market Development bei Vishay Intertechnology.

Andrew Mason
ist Senior Product Marketing Manager bei Vishay Intertechnology.

 


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