Batterien

Primärzelle, Akku oder Kondensator?

29. Mai 2013, 13:15 Uhr | Von Robert Hieber

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Tablet-PC

Bei einem Tablet-Computer ist der Platz ebenfalls äußerst knapp, und der Puffer-Energiespeicher muss klein sein. Während der meisten Zeit wird er nicht benutzt. Leistung wird nur dann entnommen, wenn der Hauptakku des Geräts vollständig entladen ist. In diesem Fall kann es vorkommen, dass der Puffer-Energiespeicher recht lange in Anspruch genommen wird, um wichtige Komponenten des Tablet-PC im Hintergrund am Laufen zu halten, bis der Hauptakku wieder geladen wird. Aus diesen Erwägungen heraus wählen die Hersteller gewöhnlich eine Nennkapazität von 10 bis 40 mAh.

In der Annahme, dass Lithium-Zellen den geringsten Platzbedarf haben, setzen die Computer-Hersteller Lithium-Primärzellen vom Typ CR2032 als Puffer zur Notversorgung ein. Eine Primärzelle entlädt sich durch Leckströme mit der Zeit jedoch selbst, so dass die Zelle überspezifiziert werden muss, um während der gesamten Lebensdauer des Tablet-PC die geforderte Nennkapazität zu gewährleisten.

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Die Grafik zeigt die Überladekurve der NiMH-Zelle V40H mit einer Kapazität von 40 mAh.
Bild 2. Die Grafik zeigt die Überladekurve der NiMH-Zelle V40H mit einer Kapazität von 40 mAh. Die Erhaltungsladung erfolgt mit einem Strom von 1,2 mA bzw. dem Faktor 0,03 CA. Die Zelle kann sehr lange überladen werden, bevor die Kapazität zurückgeht. Nach 60 Monaten hat die Zelle immer noch eine Kapazität von 90 Prozent des Ausgangswertes.
© Varta Micobattery GmbH

Die Frage ist also, ob Lithium-Primärzellen hier die richtige Wahl sind. So hat Varta Microbattery die GCE-Technik entwickelt (Gas Consumption Electrode), mit der NiMH-Akkus gefahrlos überladen werden können. Eine Impulserhaltungsladung der voll geladenen Zelle gleicht die Entladung durch den Leckstrom immer wieder aus und belastet den Hauptakku nur wenig (Bild 2).

Wenn für eine Anwendung eine garantierte Kapazität von 20 mAh während der gesamten Lebensdauer des Geräts gefordert wird, reichen zwei 30-mAh-NiMH-Zellen mit einer Ausgangsspannung von 2,4 V daher aus. Im Gegensatz zur Lithium-Primärzelle müssen die NiMH-Zellen nicht überspezifiziert werden.

Ein weiterer Punkt ist die Temperatur. Im Inneren eines Tablet-PC kann die Temperatur regelmäßig 50 °C überschreiten. Die Lebensdauer von Standard-Lithium-Primärzellen nimmt bei Temperaturen über 45 °C allerdings deutlich ab. Das gilt besonders, wenn sie voll geladen sind. Eine NiMH-Zelle kann hingegen bei Temperaturen bis 70 °C eingesetzt werden, ohne dass ihre Lebensdauer darunter leidet.

Durch ihre Toleranz gegen Überladen bietet die NiMH-Zelle V30H mit einer Höhe von nur 3,8 mm und einem Durchmesser von 11,5 mm eine ausreichende Kapazität zur Notversorgung eines Tablet-PC und erfüllt gleichzeitig die Vorgaben an die Größe. Damit hat die V30H eine niedrigere Kapazität als die V40H (40 mAh), ist aber dünner.

Flash-Laufwerk

Bei der Notversorgung eines Flash-Laufwerks (Solid State Drive; SSD) sind die Vorgaben wiederum anders. Sie muss es dem Laufwerk ermöglichen, alle noch nicht abgeschlossenen Schreibvorgänge zu Ende zu bringen, falls die Hauptstromversorgung unerwartet ausfällt, um zu gewährleisten, dass der Anwender keinen Datenverlust erleidet. Das Schreiben der Daten in einen Flash-Speicher ist ein energieintensiver Vorgang, bei dem Sektoren gelesen, geändert und zurückgeschrieben werden müssen. Daher muss die Notstromversorgung kurzfristig Energie mit hoher Spitzenleistung liefern.

Nach allgemeiner Überzeugung haben Akkus einen vergleichsweise hohen Innenwiderstand und können daher keine hohen Spitzenströme liefern. Die größten Superkondensatoren - auch als Goldcaps bekannt - haben zwar im Vergleich zu den Akkus eine geringere Kapazität, bieten jedoch einen niedrigeren Innenwiderstand. Sie können daher kurzzeitig hohe Spitzenströme liefern, wie sie bei der Notversorgung einer SSD gefordert werden.

Dem steht allerdings entgegen, dass die Speicherkapazität der SSDs ständig zunimmt. Während vor kurzem so ein Laufwerk mit 32 GB noch als groß galt, sind Laufwerke mit 512 GB bereits heute in Konsumgeräten gängig, und die Pläne der Hersteller sehen Ausführungen mit 1 TB und mehr bereits in naher Zukunft vor. Je größer aber die Speicherkapazität der Flash-Speicher ist, desto größer ist auch der Cache-Speicher, in den die Daten bei einem Ausfall der Hauptstromversorgung geschrieben werden müssen. Dadurch wird im Notfall mehr Energie für die Schreibfunktionen benötigt. Heutige SSD-Laufwerke benötigen zum Puffern gewöhnlich eine Kapazität von 1 F. Für einen Akku ist eine Kapazität von 1 F (1 F entspricht 1 As, also 16,67 mAh) geradezu winzig, für einen Kondensator ist es hingegen sehr viel.

Eine Kapazität mit 1 F, aus herkömmlichen Tantal-Kondensatoren aufgebaut, benötigt recht viel Platz auf der Leiterplatte und wird im Betrieb mit Spitzenlast unter Umständen zur Brandgefahr. Alternativ bieten Superkondensatoren zwar Kapazitäten bis 30 F, aber auch sie sind relativ groß. Die Lebensdauer von Superkondensatoren nimmt außerdem ab, wenn sie bei hohen Temperaturen eingesetzt oder bis zur maximal spezifizierten Spannung geladen werden.

Bild 3. Der V-Cap liefert eine stabile Spannung unter hoher Belastung (Not-Schreibbetrieb eines Flash-Laufwerks) für die Dauer von 10 s.
Bild 3. Der V-Cap liefert eine stabile Spannung unter hoher Belastung (Not-Schreibbetrieb eines Flash-Laufwerks) für die Dauer von 10 s. Die Spannung (blau) fällt schnell von 5,6 V auf 4,6 V ab, bleibt dann aber relativ stabil. Der Strom (rot) verläuft recht stabil an der 2-A-Linie.
© Varta Microbattery GmbH

Auch hier könnte die auf den ersten Blick offensichtliche Wahl des Kondensators eine falsche Entscheidung sein. Die Weiterentwicklung des Elektrodenmaterials bei Varta Microbattery hat dazu beigetragen, den Innenwiderstand der Elektroden bei der neusten Akkugeneration erheblich zu senken.

Damit konnte ein neuer Bauteiltyp, der asymmetrische alkalische Doppelschichtkondensator realisiert werden - V-Cap genannt. Er verbindet die hohe Energiedichte eines Akkus - 28 Wh/l, entspricht über 80 F in einer Zelle mit nur 7 mm Höhe - mit den hohen Spitzenströmen, die bei einer Puffer-Versorgung für ein SSD benötigt werden (Bild 3).

In Tests hat der V-Cap gegenüber den Superkondensatoren bei einer Umgebungstemperatur von 70 °C eine bis zu fünfmal längere Lebensdauer erreicht. Und wenn die Speicherkapazität der SSDs weiter steigt, verfügt der V-Cap über ausreichende Reserven, um den höheren Energiebedarf zu decken.

Bewertung einer größeren Auswahl

Lange geltende Annahmen für die Energiespeicherung verlieren in dem Maß ihre Gültigkeit, wie die Auswahl der verfügbaren Möglichkeiten zunimmt. Bei näherer Betrachtung ihrer Anwendungen lässt sich feststellen, dass Parameter wie die Betriebstemperatur, die Lebensdauer, die Anzahl der Ladezyklen und das Ladeprofil die Entscheidung für den Akku oder den Kondensator ebenso sehr beeinflussen wie die offensichtlicheren Faktoren Kosten, Größe und Gewicht. Neue Energiespeicher wie etwa der asymmetrische Alkali-Doppelschichtkondensator V-Cap bieten hier Alternativen.

 

Der Autor:

Dipl.-Ing. Robert Hiebert
hat an der Fachhochschule Augsburg Elektrotechnik studiert. 1986 ging er zu Philips Signetics (später NXP), wo er als „Head of Quality Engineering“ arbeitete. Nach einem Wechsel zu KAM 1991 gelangte er 1995 zur damaligen Varta Batterie AG. Seit 2009 ist er Produktmanager für Akkus bei der Varta Microbattery GmbH.

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