Was bleibt an Wertschöpfung von der Display-Produktion und Systemintegration am Standort Deutschland hängen?
Blankenbach: Die Display-Veredelung. Und das ist ein großer Unterschied zu früher. Damals haben die Distributoren in Deutschland oft nur ein „nacktes“ Display verkauft und das manchmal auch gar nicht über das Distributor-Lager, sondern es ging vom asiatischen Hersteller direkt zum Kunden. Der Distributor trat dann lediglich als Kommissionsverkäufer auf. Heute veredeln die großen Anbieter das Display noch durch eine passende Ansteuerelektronik, durch Optical Bonding und in einigen wenigen Fällen auch durch HMI-Software, die im Kundenauftrag entwickelt wird. Letzteres macht beispielsweise die Firma Ultratronik. Viele Display-Distributoren stellen sich momentan so auf, dass sie kundenspezifisch optimierte Systeme anbieten können, und entwickeln sich so zum Systemkomponenten-Lieferanten mit entsprechend höherer Wertschöpfung.
Auf der Agenda des DFF sind OLEDs hoch angesetzt – welche Aspekte thematisiert das DFF gerade?
Blankenbach: OLEDs waren das Fokusthema unseres letzten Treffens im Oktober. Es fand in Darmstadt bei der Firma Merck statt, die Weltmarktführer bei Flüssigkristallen ist. Wir betrachten die gesamte Wertschöpfung von den Materialien bis zur industriellen Verfügbarkeit und dem Einsatz von OLEDs. Merck nimmt auch bei den OLED-Materialien eine Spitzenstellung ein und die Mitglieder des DFF bekommen so frühzeitig Informationen über beispielsweise die zu erwartenden Lebensdauern künftiger industrietauglicher OLEDs.
Im professionellen Bereich sind OLEDs noch immer kein Thema – woran liegt das? Und in welchem Bereich, denken Sie, wird sich das zuerst ändern?
Blankenbach: Das Problem ist die Verfügbarkeit von verschiedenen Display-Größen. Im professionellen Bereich typische Größen wie 10,1“, 22“ etc. gibt es zur Zeit noch nicht als OLED und das Obsoleszenz-Risiko ist vergleichsweise hoch, weil es zur Zeit nur wenige Anbieter gibt. Man muss aber auch sehen, dass sich OLED-Charakter-Displays durchaus etabliert haben.
Der Einsatz im professionellen Bereich kommt meiner Meinung nach zuerst in Design-getriebenen Anwendungen mit multimedialen Inhalten. Zum Beispiel in den großen Flagship Stores, also den Vorzeige-Verkaufsplätzen, in denen möglichst viele exklusive Merkmale vereint werden sollen und die Betreiber dafür auch entsprechendes Geld in die Hand nehmen. Hier können transparente oder gekrümmte Displays gut zum Einsatz kommen. Auch im Automobilsektor sind die OLED-Displays bereits über das Prototypen-Stadium hinaus.
Preislich liegen die OLED-Displays ja noch immer über den LCDs. Woran liegt das, wo doch ihr Aufbau deutlich simpler als der eines LCD ist?
Blankenbach: Auf den ersten Blick mag das stimmen. Ein LCD benötigt ja zusätzlich ein Backlight. Betrachtet man aber ein einzelnes Subpixel, dann funktioniert ein AMLCD mit nur einem einzigen Schalt-TFT. Ein OLED-Subpixel benötigt aber mindestens zwei, in der Regel aber vier TFTs mit erhöhten Anforderungen. Für die Effizienz des Herstellungsprozesses muss noch beachtet werden, dass jedes TFT ja eine gewisse Produktions-Ausfallrate hat, die sich negativ auf den Yield des gesamten Display-Produktionsprozesses auswirkt. Dieser Effekt ist bei den OLED-Displays auch aufgrund der höheren Anforderungen an die TFTs um mindestens den Faktor zehn höher als bei den LCDs.
Ein weiterer Grund liegt darin, dass OLED-Displays mit einzelnen RGB-Emittern derzeit noch nicht über 20“ skaliert werden können. Für OLED-Fernseher wird daher ein Weißemitter mit RGB-Farbfilter eingesetzt. Hier kann also nicht mehr auf die teuren Farbfilter verzichtet werden. Bei einem Flüssigkristall-Flachbildschirm machen sie etwa 25 Prozent der Kosten für ein Panel aus. Trotz allem kann man aber durch die sich abzeichnende deutliche Produktionsleistungssteigerung der Hersteller in Asien in den nächsten Jahren einen spürbaren Preisverfall erwarten.
Prof. Dr. Karlheinz Blankenbach |
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forscht und lehrt seit 1995 an der Hochschule Pforzheim. Sein Spezialgebiet sind elektronische Displays und (O)LEDs vom Systemdesign über Hard- und Software bis hin zur Messtechnik. Er ist Vorsitzender des Konferenzbeirates der Electronic Displays Conference und Vorstand beim Deutschen Flachdisplay-Forum. |
Nicht vergessen: Am 15. und 16. März 2017 öffnet zum 31. Mal die Electronic Displays Conference ihre Tore. Der Experten-Treff für Forscher, Entwickler und Entscheider findet parallel zur Embedded World auf dem Messegelände in Nürnberg statt. Wer sich bis zum 1. Februar 2017 anmeldet, erhält einen Frühbucherrabatt. Das Konferenzprogramm und die Anmeldung zum Kongress finden Sie auf der Website zur Electronic Displays Conference.