Als Ultraschall bezeichnet man Schall mit Frequenzen oberhalb des menschlichen Hörfrequenzbereichs, also ab etwa 16 kHz. Medizintechnik, aber auch Industrie und Forschung nutzen diesen Frequenzbereich in vielerlei Hinsicht. Das Spektrum medizintechnischer Anwendungen reicht vom Pumpen und Dosieren bis hin zur Diagnostik und Therapie. Zum Erzeugen und Detektieren der Ultraschallwellen bieten piezoelektrische Keramiken beste Voraussetzungen. Sie lassen sich praktisch in beliebigen Formen preisgünstig fertigen und bieten so für die unterschiedlichen Anwendungen maßgeschneiderte Lösungen.
Piezoelektrische Materialien können bei Krafteinwirkung eine elektrische Spannung erzeugen (Piezoeffekt) oder anders herum unter dem Einfluss eines elektrischen Feldes ihre Abmessungen verändern (inverser Piezoeffekt). Sie wandeln mechanische in elektrische Energie um und umgekehrt, man spricht hier auch von piezoelektrischen Wandlern oder Transducern.
Während sich der direkte Piezoeffekt für sensorische Anwendungen nutzen lässt, bietet sich der inverse Piezoeffekt für die Realisierung von Aktoren an. Die Bewegung beruht dabei ausschließlich auf Festkörpereffekten, sie ist also reibungs- und verschleißfrei. »Piezos« erzeugen außerdem keine Magnetfelder und werden auch nicht von solchen beeinflusst.
Das Erzeugen und Detektieren von Ultraschall ist die klassische Piezo-Anwendung, denn beim Anlegen einer Wechselspannung beginnt das Piezoelement zu schwingen. Die kurzen Ansprechzeiten und die hohe Dynamik dieser Bewegung kommen der Ultraschallerzeugung natürlich ebenfalls entgegen. Die Piezoelemente von PI Ceramic lassen sich grob klassifizieren in zumeist sensorische Anwendungen für Frequenzen bis 20 MHz und Leistungs-Ultraschall, bei dem die Energiedichten höher sind. Dadurch verrichten die Piezoelemente dann beachtliche mechanische Arbeit, zum Beispiel bei der Nierensteinzertrümmerung oder der Zahnsteinentfernung. Die typischen Frequenzen des Leistungs-Ultraschalls liegen dabei zwischen 20 kHz und 800 kHz.
Bei Piezokomponenten sind neben der auf die jeweilige Applikation bezogene Materialauswahl, unterschiedliche geometrische Varianten und Resonanzfrequenzen realisierbar (Bild 1), Bauelemente wie Dickenschwinger in Scheiben- beziehungsweise Plattenform, Piezo-Ringscheiben, Piezorohre und Scherelemente mit Standardabmessungen können Firmen wie PI Ceramic auf Basis vorrätiger Halbzeuge sehr kurzfristig liefern.
Über die Standardabmessungen hinausgehende Geometrien sind auf Anfrage ebenfalls erhältlich. Außerdem sorgt das Unternehmen für die Integration in das endgültige Produkt. Dazu gehören sowohl die elektrische Kontaktierung der Elemente nach Kundenvorgaben als auch die Montage in bereitgestellte Bauelemente, das Verkleben oder der Verguss der Ultraschallwandler.
Für Durchfluss-, Füllstand- und Kraft- oder Beschleunigungsmessung werden kundenspezifische Sensorkomponenten hergestellt, die sich einfach in die jeweilige Applikation integrieren lassen.
Aerosolerzeugung für die Atemwegstherapie
Die Anwendungsgebiete piezokeramischer Bauelemente in der Medizintechnik sind breit gefächert. Ein typisches Beispiel sind Therapiegeräte. Zur Behandlung von Atemwegserkrankungen werden die Medikamente häufig durch Vernebler direkt verabreicht. Klassischerweise zerstäubt dabei Druckluft die Inhalationslösung in feinste Tröpfchen.
Eine alternative Methode ist die Erzeugung feinster Tröpfchen mit Hilfe der Piezotechnologie. Speziell geformte Piezoscheiben wirken hier als Ultraschallwandler und regen eine mit mehreren tausend Löchern versehene Edelstahlmembran zu Schwingungen mit 35 kHz an (Bild 2). Dadurch werden besonders homogene Aerosole erzeugt. Dies bringt Vorteile für die präzise Dosierung - die hochwertigen Medikamente lassen sich gezielter verabreichen, was den Zugang zu neuen Therapiekonzepten ermöglicht.
Auch das Risiko von Nebenwirkungen wird so reduziert. Zudem verringert die Piezotechnologie die benötigte Zeit für die Verneblung von Medikamenten um bis zu 50% verglichen mit konventionellen Systemen. Gerade für Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen kann dies einen Zugewinn an Lebensqualität bedeuten. Selbst die speziellen Hygiene-anforderungen, die der Einsatz in der Medizintechnik mit sich bringt, meistert die Piezokeramik.
Die Aerosolerzeuger sind für die professionelle Sterilisation in Autoklaven geeignet oder können ausgekocht werden. Der Ultraschallbetrieb ist für den Menschen geräuschlos, und der geringe Energiebedarf der Piezokomponente ermöglicht auch den Batteriebetrieb.
Blasenfreier Durchfluss
Im medizinischen Bereich ist es häufig nötig, einen ungestörten Fluss ohne Luft- oder Gaseinschlüsse sicherzustellen, zum Beispiel in der Dialyse und bei Transfusionspumpen. Dies gelingt mit Hilfe der Ultraschalltechnik in sogenannten Blasendetektoren. In diesen Sensoren erzeugen und empfangen Piezoelemente Ultraschallwellen, wobei das System die Laufzeit des Ultraschallsignals auswertet (Bild 3).
Die Sensoren werden außen an flexiblen Schläuchen angebracht und arbeiten ohne Kontakt zum transportierten Medium; sie beeinträchtigen daher weder die Durchflussmenge noch ist die Gefahr einer Kontamination gegeben. Durch die nichtmagnetische Piezotechnologie ist - bei geeigneter Abschirmung der Elektronik - daher sogar ein Betrieb in extremer Umgebung möglich, wie im Bereich von Magnetresonanztomografen.
Ebenfalls auf dem Prinzip der Laufzeitmessung basiert die Sonografie, deren Vorteil vor allem in der Unschädlichkeit der Schallwellen liegt. Der Schallkopf enthält ein Piezoelement, das Ultraschallwellen erzeugt und auch wieder empfängt. Er sendet kurze und gerichtete Schallwellen-impulse aus, die in den Gewebeschichten unterschiedlich stark reflektiert und gestreut werden. Anhand der Messung von Laufzeit und Stärke der Reflexionen lässt sich dann ein Bild der untersuchten Struktur erzeugen.
Werkzeuge und Therapieverfahren
Neben Laufzeitmessungen finden sich typische Anwendungen von Piezoelementen aber auch beim Pumpen und Dosieren (Bild 4).
Die Dosiermengen reichen vom Mikro- und Nano- bis in den Picoliterbereich. Dabei überzeugen die piezobasierten Mikrodosiersysteme durch ihre minimalen Abmessungen, ihren geringen Energieverbrauch und niedrige Kosten. Weitere interessante Anwendungsgebiete liegen im Bereich des Leistungs-Ultraschalls. Ultraschallgetriebene Werkzeuge ermöglichen heute minimalinvasive Operationstechniken in der Augen- und Kieferchirurgie.
Auch Geräte zur Liposuktion (Fettabsaugung) basieren häufig auf Ultraschalltechnik ebenso wie die Zahnsteinentfernung (Bild 5), bei denen Piezoelemente schon seit Längerem als Ultraschallerzeuger zum Einsatz kommen. Bei Therapieverfahren, die mit Ultraschall arbeiten, wird das Gewebe über einen Schallkopf mit Ultraschallwellen bestrahlt.
Mechanische Längswellen erzeugen mechanische Vibrationen im Gewebe, die beispielsweise Heilungsprozesse fördern. Gleichzeitig wird ein Teil der Ultraschallenergie in Wärme umgewandelt.
Typische Arbeitsfrequenzen der Piezoelemente liegen im Bereich zwischen 0,8 MHz bis über 3 MHz, wobei sowohl Dauer- als auch Impuls-Schallverfahren zum Einsatz kommen. Abhängig vom Energiegehalt der Wellen lassen sich unterschiedliche Effekte erzielen. Hochenergetische Stoßwellen kommen zum Beispiel zur Zertrümmerung von Nierensteinen zum Einsatz.
Stoßwellen niedrigerer Energie bewirken eine Art von Mikromassage und werden unter anderem zur Knochen- und Gewebebehandlung in der Physiotherapie eingesetzt. Im kosmetischen Bereich gewinnt die Ultrasonophorese, also das Einbringen von Wirkstoffen unter die Haut, immer mehr an Bedeutung. Für Piezoelemente bietet sich damit in der Medizintechnik ein immer breiteres Einsatzfeld.
Über die Autoren:
Frank Möller ist im Vertrieb und Marketing bei PI Ceramic, einer Tochtergesellschaft von Physik Instrumente, Ellen-Christine Reiff schreibt für das Redaktionsbüro Stutensee.