Wireless-Anwendungen ermöglichen ganz neue Geräte, Produkte, Anwendungen und Dienstleistungen im Medizinbereich. Vor allem in den Bereichen Fernüberwachung und M-BAN, aber auch bei medizinischen Apps fürs Smartphone in Kombination mit entsprechender Hardware sowie in anderen Applikationen tun sich ungeahnte Möglichkeiten auf.
Remote-Monitoring ist besonders bei der Nachsorge verbreitet. So ist es bei Patienten, die beispielsweise nach einer Herzoperation zuhause sind und von Pflegepersonal betreut werden, erforderlich, die Vitalparameter zu überwachen. Dieses Remote-Monitoring lässt sich gut implementieren: Über eine Bluetooth-Verbindung erfolgt die Datenübertragung an eine innerhalb der Wohnung aufgestellte Empfangseinheit, die oft auch einen Datenlogger enthält. Diese Empfangseinheit überträgt die Daten online an die Klinik, wo ein Arzt sich täglich die Werte anschaut.
Die Software des Systems prüft im Hintergrund permanent, ob die Vitalparameter des Patienten jenseits vorgegebener Alarmwerte liegen. Bei ungewöhnlichen Entwicklungen löst die Software dann sofort einen Alarm aus. In einem solchen Fall erfolgt zum Beispiel eine Aufforderung an den Patienten, sich kurzfristig in die Klinik fahren zu lassen. Diese Systeme sind sowohl für Reha-Maßnahmen als auch für chronisch Kranke eine echte Erleichterung, aber auch für Patienten, die nach einer Operation genau überwacht werden müssen. Bei manchen Menschen ist eine lebenslange Überwachung mit einem solchen Monitoring-System notwendig.
Körpernahes Netzwerk
M-BAN steht für »Medical Body Area Network« und damit für ein Netzwerk am Körper. Hierbei sind körpernahe Sensoren drahtlos mit einer Zentraleinheit verbunden. Ein gutes Beispiel hierfür ist ein EKG, bei dem ein Patient mit zahlreichen auf die Brust aufgeklebten Elektroden auf einem Fahrrad-Ergometer aktiv ist. Derzeit sind diese Sensoren meist noch über Kabel mit dem Aufzeichnungsgerät verbunden, was für die Patienten ziemlich unbequem ist.
In Zukunft sollen die aufgeklebten Sensoren drahtlos die Daten an die Empfangseinheit übermitteln. Zur Datenübertragung wird hierbei in den meisten Fällen »Bluetooth Low Energy« zum Einsatz kommen, das die Continua Healthcare Alliance im Rahmen der Zertifizierung des Bluetooth-Standards 4.0 durch die Bluetooth-Special-Interest-Group vorantrieb und dann auch für Medizingeräte zertifizierte.
Die Sensoren, die auf den Oberkörper aufgeklebt werden, sind dann als Einwegsensoren realisiert, sodass ein rationelles und hygienisches Arbeiten in der Arztpraxis möglich ist. Das Reinigen und Sterilisieren der Elektronik in den Sensoren würde zu hohe Anforderungen an mehrfach verwendbare Sensoren stellen, sodass die Mehrweglösung bereits unter rein technisch-ökonomischen Gesichtspunkten ausscheidet.
Bei Patienten, die über einen längeren Zeitraum hinweg überwacht werden, können die drahtlosen Sensoren allerdings mehrere Tage lang am Körper ihren Dienst verrichten. Aufgrund des Einwegcharakters herrscht bei diesen Produkten ein immenser Preisdruck. Durch die drahtlosen Sensoren ist die körperliche Tätigkeit während der Untersuchung nicht unbedingt an ein Fahrrad-Ergometer oder ein Laufband gebunden; vielmehr kann der Patient beispielsweise auch im Treppenhaus auf und ab gehen.
Die Flexibilität der Messung erhöht sich somit erheblich. Doch nicht nur EKG-Daten sondern auch die Ergebnisse einer Blutzuckermessung, eines Oximeters (Sauerstoff-Messgerät) und anderer Sensoren lassen sich mit Bluetooth 4.0 effektiv übertragen. Da auch die Mobilfunk-Endgeräte auf Bluetooth-Low-Energy setzen, werden die Preise für Bluetooth-4.0-Systeme aufgrund der hohen Stückzahlen in diesen Consumer-Anwendungen sicherlich noch weiter in den Keller gehen.
M-BAN im Kreißsaal
Eine weitere sehr anschauliche Anwendung von drahtloser M-BAN-Techno-logie ist ein Überwachungsgerät für schwangere Frauen, das den Herzschlag von Mutter und ungeborenem Kind im Kreißsaal überwacht. Durch den Einsatz von drahtlos angebundenen Sensoren können die Frauen sich frei im Raum bewegen, obwohl die Vitalparameter von Mutter und Kind permanent überwacht werden, sodass sich bei Bedarf sofort entsprechende Maßnahmen einleiten lassen
Momentan sind derartige Sensoren noch über Kabel an eine Datenerfassungsbox angebunden, die dann bei neueren Systemen zumindest bereits über eine Bluetooth-Verbindung die gesammelten Daten an die zentrale Überwachungseinheit im Kreißsaal übermittelt. In Zukunft werden die Sensoren ihre Daten drahtlos an die Datenerfassungsbox weiterleiten. Hierfür bieten sich beispielsweise Sub-Gigahertz-Lösungen in den Frequenzbereichen rund um 443 MHz und 886 MHz an, die auch im Consumer-Bereich zum Einsatz kommen.
Da Sub-Gigahertz-Lösungen ihre technischen Eigenheiten haben, arbeiten die Entwickler medizinelektronischer Geräte derzeit an Übertragungssystemen, die Blue-tooth-Low-Energy (Bluetooth 4.0) oder andere Funkprotokolle nutzen. Außerdem laufen derzeit Forschungsprojekte, in denen Betten mit Empfängern ausgerüstet werden, um den Herzschlag von Neugeborenen zu überwachen und so einem eventuellen plötzlichen Kindstod vorzubeugen. Die passende Sensorik übermittelt die Daten zu Herzschlag und Atmung dabei drahtlos an die Empfangseinheit. In kritischen Situationen schlägt das System automatisch Alarm. Derartige Geräte befinden sich derzeit in der klinischen Erprobung, sind aber noch nicht für die Allgemeinheit erhältlich.
Fitness-Sensor mit passenden Apps
Besonders interessant für die Hersteller medizinelektronischer Geräte ist der Fitness-Markt, weil hier hohe Volumina winken. So könnte zum Beispiel jeder hochwertige Sportschuh mit einem drahtlosen Sensor ausgestattet sein. Sehr viele semiprofessionelle Läufer möchten nämlich gerne erheblich mehr über sich wissen als nur die momentane Herzfrequenz.
Auch Parameter wie Sauerstoffsättigung, Körperinnentemperatur beim Training, etc. lassen sich bald massentauglich mit drahtlosen Sensoren erfassen. Schon heute beschweren sich Läufer immer öfter, dass sie der für die Herzfrequenzmessung benötigte Brustgurt stört. Die ideale Lösung für diesen Personenkreis wäre ein am Arm befestigtes Smartphone, das per Funk (beispielsweise Bluetooth) Daten von den (aufgeklebten) Drahtlos-Sensoren erhält. Fitnessgeräte sind allerdings nicht medizintechnisch zertifiziert und nicht für Diagnosezwecke, sondern nur für die reine Datenerfassung geeignet.
In Kombination mit Smartphones ergeben sich hier ganz neue Möglichkeiten und vor allem völlig neue Marktchancen durch medizinisch orientierte Apps. Beim Design der Smartphone-Lösung zum Messen des Blutdrucks per iPhone, die ganz offiziell von Withings über Apples App-Store erhältlich ist, hat EBV Elektronik das französische Unternehmen Withings intensiv unterstützt.
Es gibt sogar einige medizinisch zertifizierte Apps für das iPhone oder Android-Geräte, die über Bluetooth-Low-Energy mit einem Glukose-Messgerät, einer Blutdruckmanschette oder ähnlichem verbunden sind. Die FDA hat bereits einige Medical-Apps zertifiziert. Dadurch sind sowohl die Patienten als auch das medizinische Fachpersonal in der Lage, mit einem Datenerfassungsgerät in der Hand zu arbeiten, das sie gewohnt sind: Smartphone, iPhone, Tablet & Co (Bild 1).
Quer durch die Branche hindurch geht bei den Kundenwünschen ein prinzipieller Trend weg von proprietären Lösungen hin zu Standardsystemen für die Ein- und Ausgabe. Bisher waren proprietäre Systeme zwar Teil der Hersteller-Marktstrategie, um den eigenen Markt zu schützen, aber für die Zukunft ist Interoperabilität gefragt, und bei der Bedienung wollen die Kunden Standardlösungen. Die entsprechende Design-in-Unterstützung für derartige Terminals beziehungsweise HMI-Lösungen liefert ein Medizinspezialist von EBV dann in direkter Kooperation mit einem FAE, der sich mit den relevanten Consumer-Geräten auskennt.
Bilderfassung
In vielen Operationssälen (OPs) befindet sich in der Operationslampe eine hochauflösende Kamera, die das Geschehen aufzeichnet. Auch bei MRT-gestützten (MRT: Magnet-resonanz-Tomograph) Operationen oder bei OP-Robotern, die mit einem hochauflösenden Endoskop arbeiten, kommt das sogenannte High-End-Imaging zum Einsatz.
Momentan leiten diese Kameras ihre Videodaten noch über Kabel an den angeschlossenen Rechner weiter, weil es in diesen Applikation darum geht, relativ große Datenmengen unkomprimiert in Echtzeit zu übertragen. Mit Hilfe der sogenannten Wireless-HD-Technik ist diese Videodatenübertragung auch drahtlos möglich. Derzeit entstehen im Consumer-bereich für das Home-Entertainment die ersten Systeme, die Wireless-HD nutzen, aber im Medizinbereich ist noch nichts spruchreif. Allerdings stellen die Medical-Experten von EBV Elektronik fest, dass praktisch alle Hersteller von medizinelektronischen Geräten daran interessiert sind, sodass Wireless-HD sicherlich eines der nächsten interessanten Themen werden wird.
Momentan zeichnet sich ab, dass die drahtlose Datenübertragung bei Wireless-HD wohl im 5-GHz-Bereich erfolgen wird. Generell zeigt sich ein Trend, die Anzahl der Kabel im Operationssaal auf ein Minimum zu reduzieren - allein schon weil jedes Kabel zusätzlichen Aufwand in puncto Hygiene bedeutet. Auch Geräte jenseits der HD-Kamera, die im Operationssaal zum Einsatz kommen, benötigen nicht immer zwangsweise ein Netzwerkkabel, weil WLAN sogar im OP Einzug hält und inzwischen sehr oft als Option erhältlich ist.