Mehr als jeder Dritte hat seinen Traumberuf gefunden
Wer jedoch die Strapazen des Studiums hinter sich gebracht hat, ist in der Regel zufrieden: »90 Prozent der Ingenieure und Naturwissenschaftler würden ihren Beruf ein zweites Mal wählen. Mehr als jeder Dritte hat sogar seinen Traumberuf gefunden. Ingenieurberufe bieten also offensichtlich mehr, als junge Menschen in Deutschland annehmen. Diese Botschaft müssen wir in die Schulen tragen und dort die Informationsmöglichkeiten stark verbessern«, sagt Projektleiter und acatech-Präsidiumsmitglied Ortwin Renn.
Hat Renn Recht? »Aufstiegschancen gleich Null, die hohe Verantwortung schlägt sich nicht im Gehalt nieder, Schmalspurstudium Bachelor«, solche Kritik ist ebenfalls aus der Ingenieurswelt zu vernehmen. »Erwartet er Respekt, Einkommen, einen sicheren Arbeitsplatz, dann hat er es leichter, wenn er BWLer wird. Das Umfeld stimmt einfach nicht«, ist der Tenor eines kürzlich veröffentlichten Leserbriefs zum Thema in dieser Zeitung. Eine Ausnahme? Ja, glaubt man allein den Industrieverbänden VDI und Co.
Zurück zum anspruchsvollen Studium. Schüler glauben laut Studie – zu Recht –, dass ein technisches Studium schwierig ist. Und ihre Erwartungen werden von der erlebten Realität der Studierenden sogar noch übertroffen – im negativen Sinn, was die hohe Abbrecherquote etwa in Elektrotechnik beweist. Zum Vergleich: 2007 haben sich 16.699 Abiturienten für Elektrotechnik eingeschrieben – die Absolventenzahl aus dem gleichen Jahr: 9226.
Ob Leistungsdruck, Prüfungsstress, Anonymität oder auch Benachteiligungen: All diese negativen Urteile wurden von Studenten noch stärker bestätigt, als sie von Schülern vermutet wurden. Das Nachwuchsbarometer von acatech bestätigt, dass die Hürde eines Studiums junge Menschen von einer technischen Laufbahn abschreckt.
»Bedingungen an Hochschulen müssen verbessert werden«
»Genau hier müssen wir ansetzen«, sagt VDI-Direktor Dr. Willi Fuchs. »Zum einen müssen wir schon in der Schule Grundlagen legen, wodurch der Einstieg ins Ingenieurstudium leichter fällt, beispielsweise durch flächendeckenden Technikunterricht. Zum anderen müssen die Bedingungen an den Hochschulen verbessert werden, etwa durch eine bessere didaktische Vermittlung der Inhalte.«
Große Hoffnung setzt die Industrie seit Jahren auf Frauen. Sie sollen die demografische Lücke auffüllen helfen, indem sie Ingenieurswissenschaften studieren. Bislang sind die Ergebnisse der Bemühungen, die immerhin schon über zehn Jahre laufen, sehr spärlich, zumindest für Elektrotechnik.
Das Nachwuchsbarometer bestätigt, dass Frauen im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich immer noch spezifische Hürden überwinden müssen: Rund zwei Drittel der befragten Frauen gaben an, nach eigener Einschätzung im Studium hin und wieder benachteiligt und diskriminiert worden zu sein. Ähnliches gilt für stereotype Vorstellungen (Frauen und Technik…) und Zuschreibungen eigener Kompetenzen.
Schülerinnen dominieren beispielsweise die Gruppe der Befragten, die sich für eher technisch unbegabt hält. Bei der Gruppe mit hohem Selbstvertrauen in technischen Fragen kehrt sich das Verhältnis um. Die Studie weist einen starken Zusammenhang zwischen diesen Selbstzuschreibungen und der späteren Berufswahl nach. Liegt der schwarze Peter damit etwa schon bei der Familie, die die Weiche stellt und eher Puppen als Fischertechnik heranschafft? Dafür spricht einiges.