»Wir holen den Bewerber dort ab, wo er sich beruflich aufhält«

14. Februar 2008, 9:23 Uhr | Christine Demmer, Markt&Technik
Hans-Christoph Kürn, Siemens

Auf der Homepage werden die tollen Karrierechancen ausgebreitet, in der Online-Stellenbörse reduziert sich die Bewerbung auf ein Kinderspiel. Doch ob diese Instrumente in Zeiten des Mitmach-Web tatsächlich die gesuchten Fachkräfte erreichen, ist fraglicher denn je. Experten raten zur Attacke auf reale und virtuelle Communities.

Hereinspaziert: Weit mehr als 4000 Stellen, davon fast drei Viertel öffentlich ausgeschrieben, standen im zurückliegenden Quartal bei Siemens sperrangelweit offen. Etwa 50 Mal so viele Bewerber haben, übers Jahr verteilt, angeklopft. Das klingt nach Easy Going. Nur passen Topf und Deckel leider selten zueinander. »Wir haben viel zu viele Bewerbungen «, klagt Hans-Christoph Kürn, »und in bestimmten Bereichen und Funktionen haben wir viel zu wenige Bewerber«. Für den Diplom-Soziologen, Herr über 300 Rekrutierer im Münchner Konzern, ist dieses Mismatch nicht nur ärgerlich. Es stellt ihn vor ein Riesenproblem.

Den Personalbedarf mit den richtigen Mitarbeitern zu decken, wird immer schwieriger. Darunter leidet insbesondere die Entwicklung von technischen Innovationen. Die Ursache der Misere ist rasch ausgemacht: Die Wechsellaune der Begehrten geht mit steigendem Alter und sinkenden Wachstumserwartungen in der Wirtschaft zurück. Die Pirsch nach den Jungen wird noch mühsamer. Denn der Nachwuchs dünnt aus.

Im weitläufigen Unterholz des Web 2.0

Die eigentliche Crux des Recruiting ist aber diese: Potenzielle Revierwechsel sind nicht mehr wie früher in Rudeln aufzuspüren. Sie ziehen vereinzelt umher, irgendwo im weitläufigen Unterholz des Web 2.0. In Beziehungsnetzwerken wie YouTube, My- Space, Xing und StudiVZ. In Meinungsportalen wie Yopi, dooyoo und MyMeinung. In Podcasts wie iTunes, in virtuellen Spielwelten wie Second Life und in Millionen von Blogs. Täglich kommen rund 100.000 neue Verstecke dazu. Aber nicht 100.000 Recruiter mit Millionenbudgets für Personalwerbung, die sich in jeder neu auftuenden Community auf die Lauer legen können.

Angesichts dieser Herausforderung suchten unlängst Dutzende von Personalern auf einer Konferenz des Management Forums Starnberg nach einer Antwort auf die drängende Frage: Wo und wie finden wir diejenigen, die künftig den Erfolg unserer Unternehmen sichern? Wie erreicht man möglichst viele und möglichst hervorragende Talente, wenn gerade die sich in den Nischen des Internets einzuigeln versuchen? Noch vor 20 Jahren konnte ein Mitarbeiterbeschaffer getrost davon ausgehen, dass sich jeder Jobsuchende in den gedruckten Stellenmärkten umsah. Vor zehn Jahren kamen die Online-Jobbörsen und die Anwerbung über die firmeneigene Homepage dazu. Des einen Multiple Choice ist des anderen Multiple Chance, dachten die HR-Manager und vertrieben ihre Botschaften über alle verfügbaren Kanäle. Deren Zahl freilich explodiert im Zeitalter des Mitmach-Web, und damit wird die Suche nach Mr. und Mrs. Perfect fast zur Glückssache.


  1. »Wir holen den Bewerber dort ab, wo er sich beruflich aufhält«
  2. Zielgruppenspezifisches Posting<b
  3. Kandidatensuche in Blogs und Beziehungsnetzwerken