Die Photovoltaik-Branche gilt als Jobmotor, selbst in der Krise wurden weiterhin qualifizierte Elektroingenieure gesucht und eingestellt. Nun fürchten viele, dass der Regierungswechsel der erfolgsverwöhnten Branche einen Dämpfer verpassen könnte.
Der Bundesverband Solarwirtschaft sorgt sich um Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze. Wir fragten Carsten Körnig, Geschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft e.V., nach seiner Einschätzung.
Herr Körnig, die neue Koalition hat sich auf eine Laufzeitverlängerung von »sicheren« Atomkraftwerken in Deutschland geeinigt. Was bedeutet das für die Photovoltaik-Branche?
Carsten Körnig: Die schwarz-gelbe Koalition hat die Entscheidung getroffen, dass AKWs mit intakten Sicherheitsstandards länger am Netz bleiben können, als vom Atomkonsens vorgesehen. Diese Verlängerung der Atomkraft soll als »Brücke« in eine erneuerbare Zukunft dienen. Nach unseren Erkenntnissen und denen des Bundesverbandes der Erneuerbaren Energien haben die regenerativen Energien die Kraft, bis zum Jahr 2020 knapp die Hälfte der deutschen Energieversorgung zu übernehmen. Eine Verlängerung der Atomkraftlaufzeiten ist demnach nicht notwendig.
Einen direkten Einfluss auf die Solarwirtschaft haben längere Laufzeiten der AKWs aber nicht, solange das Erneuerbare-Energien-Gesetz bestehen bleibt. Es sichert die vorrangige Einspeisung der erneuerbaren Energien in die Stromnetze. Da die Politik einstimmig ihren Willen zum Erhalt des EEGs formuliert hat, ist der BSW-Solar zuversichtlich, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien und speziell der Solarenergie weiterhin Unterstützung erhält.
Kritiker des EEG wünschen eine Senkung der Einspeisevergütung. Die schwarz-gelbe Koalition könnte ab 2010 die Einspeisevergütung im Rahmen des EEG um 30 Prozent senken, warnt die Opposition. Inwieweit würde das die Photovoltaik-Branche beeinflussen?
Eine zu hohe und plötzliche weitere Absenkung der Förderung über das im EEG bereits fixierte Maß hinaus würde die Technologieentwicklung ausbremsen, bis zu 50.000 Arbeitsplätze in Deutschland gefährden, auf Kosten der Anlagenqualität gehen und den Unternehmen der nötigen Investitionsspielräume für Forschung- und Entwicklung berauben, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben.
In diesem Jahr kam es im Bereich der Solarenergie zu Entwicklungen, die zu einem erheblichen Preisrückgang bei Solarstromanlagen geführt haben. Dies hat verschiedene Ursachen. Das unverhoffte Wegbrechen eines starken Absatzmarktes in Spanien und die Verstärkung des Wettbewerbs durch die Finanzkrise führten dazu, dass viele Unternehmen teils sehr nah an oder sogar unter ihren Kosten verkaufen mussten.
Im Zuge der Koalitionsverhandlungen wird derzeit über die Möglichkeiten beraten, diesen Entwicklungen durch eine vorgezogene Anpassung des EEG Rechnung zu tragen. Teile der Branche, und auch ihre Gegner, sehen dabei Spielräume bei der Förderhöhe. Nur über die Größe dieser Spielräume gehen die Meinungen stark auseinander. Während die einen dafür werben, Spielräume der Kostensenkung sorgfältig und mit Augenmaß auszuloten und an die Höhe des Marktwachstums zu koppeln, wollen andere mit Verweis auf die Preisentwicklung der letzten Monate die Branchenentwicklung durch einen Einschnitt der Förderung um 20 - 30 Prozent ausbremsen.
Man kann die starke Preissenkung bei Solaranlagen nicht mit einer Kostensenkung im Produktionsprozess gleichsetzen, da letztere mühsam abgerungene Erfolge der Effizienzsteigerung entlang der gesamten Wertschöpfungskette voraussetzen.
China plant die Installation von 12 Gigawatt Fotovoltaikanlagen im eigenen Land. Damit würde in China in den nächsten Jahren ein wesentlich größerer Binnenmarkt für Fotovoltaik entstehen, als der deutsche Binnenmarkt, der momentan der größte der Welt ist. Ein Hoffnungsschimmer?
Wir sehen das Wachsen des chinesischen Marktes sowie aller anderen internationalen Solarmärkte sehr positiv. Jeder Binnenmarkt weltweit ist ein Absatzmarkt für die deutschen Solarunternehmen. Bereits jetzt exportiert die heimische Branche knapp 50 Prozent ins Ausland, Tendenz steigend. Dennoch – trotz des sich derzeit abzeichnenden Marktwachstum und den damit verbundenen Potenzialen bei der Kostensenkung, kann die Branche eine einmalige Absenkung der Vergütung von 30 Prozent nicht verkraften.