Wie wirkt sich die Transformation zu Industrie 4.0 und die fortlaufende Digitalisierung auf Hartings Arbeitsplätze aus?
Klar ist, dass es zukünftig keine menschenleeren Fabriken geben wird; vielmehr werden administrative Tätigkeiten zunehmend automatisiert. Nicht der Mitarbeiter bedient das System, das System bedient künftig den Mitarbeitenden mit den für ihn notwendigen Informationen. Die Kolleginnen und Kollegen in der Produktion werden mit dem ausgerüstet, was sie tatsächlich benötigen, wie beispielsweise einem Tablet oder RFID Reader. Es findet eine werksübergreifende Vernetzung statt, die gesamte Wertschöpfungskette wird abgedeckt. Fachwissen wird vorausgesetzt; Prozess- bzw. Systemwissen wird entscheidend; d.h., der Mitarbeitende kennt und versteht die vom Kunden »gezogenen« Prozesse. Künftig wird Systemwissen wichtiger: Alle Abläufe werden digital in einen Prozess integriert. Damit verschwimmen auch die klassischen Abteilungsgrenzen.
Auch wenn der exakte Verlauf und die Folgen der Vierten Industriellen Revolution gegenwärtig noch nicht zu prognostizieren sind, erfordern die sich immanent ändernden Herausforderungen, die Komplexität der kognitiven und manuellen Beanspruchungen, die nötigen Qualifikationen und Kompetenzen von den Mitarbeitenden generell ein hohes Maß an Flexibilität, Veränderungs- und Lernbereitschaft, hohe Motivation, eine offene und positive Einstellung zu den Chancen und dem Potenzial der Industrie 4.0.
Führungskräfte sollen heute »inspirieren statt anordnen«, der patriarchalische Führungsstil scheint nicht mehr zeitgemäß. Wie stehen Sie dazu? Ist das eine Herausforderung für Harting als Unternehmen und für Sie persönlich?
Ich denke, der patriarchalische Führungsstil hat ausgedient. Er passt nicht mehr in unsere Zeit. Heute muss eine Führungskraft dem jeweiligen verantwortlichen Manager gut zuhören. Er muss regelrecht in einen bestimmten Markt »hineinhören«. Nur ein Bespiel: Der Markt in China unterscheidet sich für Harting deutlich vom US-Markt. Wir stellen uns im Management folgende Fragen: Welche Trends sind wichtig? Welche Branchen entwickeln sich in welche Richtung? Was genau benötigt der Kunde? Auf alle diese Fragen, benötigt die Führungsmannschaft die richtigen Antworten. Das funktioniert nur im Team.
Haben Sie Vorbilder, denen Sie nachstreben oder von denen Sie lernen?
Mich interessieren Biographien, wie die von Apple-Gründer Steve Jobs oder dem Microsoft-Gründer Bill Gates. Aber auch, wie Elon Musk sein Unternehmen Tesla derzeit vorantreibt. Alle drei haben dieses Unternehmer-Gen; alle drei leiteten disruptive Veränderungen am Markt ein, waren also Game Changer. Insofern faszinieren mich solche Lebensläufe. Ob Tesla langfristig Erfolg haben wird, wird sich allerdings noch zeigen.
Wer ist im Geschäftsalltag Ihr Sparringspartner?
Im operativen Geschäft stimme ich mich eng mit allen Vorstandsmitgliedern ab. Aber ich bin natürlich auch im regelmäßigen Kontakt mit allen Managern der zweiten und dritten Führungsebene. Bei weitreichenden Entscheidungen tausche ich mich natürlich mit meinen Eltern und mit meiner Schwester aus.
Wie halten Sie Balance in Ihrem Führungsalltag?
Ich versuche, viel Zeit mit meinen Kindern zu verbringen. Es ist spannend und herausfordernd zugleich, die Welt mit den Augen der Kinder zu sehen. Das gibt mir einen anderen Blickwinkel, macht Spaß und erdet mich ungemein. Dazu achte ich auf meine Ernährung, lebe bewusst und treibe so oft wie möglich Sport. Abwechslung suche ich auch bei einem Spitzenspiel des Handball-Bundesligisten GWD Minden. Dort sind wir ja Hauptsponsor. Wenn der GWD Minden dann auch noch einen Sieg einfährt, freut es mich umso mehr.
Die Fragen stellte Corinne Schindlbeck