Finanzminister Lindner bezeichnet es als »Anwerbungsprämie«: Hochqualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland sollen durch Steuervergünstigungen nach Deutschland gelockt werden. Wirtschaftsvertreter halten davon wenig.
So spricht sich etwa der Präsident der Arbeitgeber, Rainer Dulger, gegen die von der Bundesregierung geplanten Steuervergünstigungen für ausländische Spitzenkräfte aus. Dulger erklärte der Deutschen Presse-Agentur: »Der Vorschlag widerspricht der Steuergerechtigkeit und sendet ein falsches innenpolitisches Signal. Zudem könnte es vielerorts zu Spannungen im Betriebsfrieden führen. Für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt: mehr Netto vom Brutto für alle. Dann wird auch Deutschland wieder für ausländische Fachkräfte attraktiv.«
Im Rahmen ihrer »Wachstumsinitiative« beabsichtigt die Regierung, steuerliche Anreize für Arbeitsaufnahmen in Deutschland einzuführen, um das Land für ausländische Fachkräfte attraktiver zu machen. Es ist vorgesehen, dass neu zugewanderte Fachkräfte in den ersten drei Jahren 30, 20 und 10 Prozent ihres Bruttolohns steuerfrei stellen können. Für diese Freistellung sollen Unter- und Obergrenzen für den Bruttolohn definiert werden.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erklärte, die Steueranreize sollten für »Spitzenkräfte« aus dem Ausland gelten, die eine steuerliche »Anwerbungsprämie« erhalten könnten. Lindner betonte gleichzeitig, dass die Bundesregierung bemerkt habe, dass der Vorschlag von den Arbeitgebern zurückhaltend aufgenommen wurde. »Deshalb werden wir zunächst das Gespräch suchen. Wir werden nichts einführen, was nicht von den Arbeitgebern auch aktiv genutzt wird.« Auch das Handwerk äußerte sich bereits kritisch zu den geplanten Steueranreizen.
Zurückhaltend äußerte sich auch Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer: »Es ist richtig, sich Gedanken darüber zu machen, wie man den Zuzug ausländischer Fachkräfte attraktiver gestalten kann«, sagte er der dpa. »Dass bei einer Steuervergünstigung sofort Diskussionen über eine Ungleichbehandlung mit den in Deutschland ansässigen Kolleginnen und Kollegen aufkommen, war zu erwarten.«
Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, sagte zu den geplanten Steueranreizen, Deutschland sei derzeit ein Hochsteuerland. »Wir haben eine komplizierte Sprache. Wenn Menschen hierher kommen, finden sie keine Kinderbetreuung, keinen Wohnraum. Das sind die Probleme, an denen wir arbeiten müssen. Wir sind von dem Vorschlag nicht wirklich überzeugt.«
Industriepräsident Siegfried Russwurm äußerte sich gegenüber der dpa zu den Steueranreizen und erklärte, dass dies in anderen europäischen Ländern ein spezifisches Mittel zur gezielten Anwerbung bestimmter Spezialisten aus dem Ausland sei. »Typischerweise handelt es sich um Einzelpersonen, die die Unternehmen den Behörden namentlich benennen. Das Instrument breit anzuwenden, wäre nicht mein Ansatz«, betonte Russwurm.
»Da kommen sofort Fragen nach der Gleichbehandlung auf. Um Fachpersonal aus dem Ausland in größerer Zahl zu gewinnen, wären andere Maßnahmen wichtiger: etwa schnellere Anerkennung ausländischer Abschlüsse und Qualifikationen sowie die Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren bei der Erwerbsmigration.«