Unternehmen müssen sich baldigst darauf einstellen, ihren Betrieb künftig mit einer älteren Belegschaft zu realisieren – mit allen Vor- und Nachteilen, die das mit sich bringt.
Was heißt „älter“? Noch um die Jahrtausendwende bezeichnete man Ingenieure ab 45 plus als „ältere Ingenieure“. Heute spricht der VDE-Ausschuss „Beruf, Gesellschaft und Technik“ von „55 plus“ für die ältere Generation an Ingenieuren, die nicht mit dem PC groß geworden ist. Dabei handele es sich im Prinzip um die gleiche Personengruppe.
Diese Generation werde angesichts ihrer positiven Eigenschaften unterschätzt: sie sei erfahren in Branche und Produkt und dadurch in hohem Maße innovationsfähig, geschickt in Verhandlung und Akquise, kompetent in Qualitätsfragen. Dabei realistisch genug, was die Machbarkeit von Projekten betreffe, ohne typischen Anfängerfehlern zu unterliegen. Die Liste der Pluspunkte ist noch lang.
Vorurteile, wonach Ältere weniger lernbereit, leistungsbereit und teamfähig seien, haben sich laut VDE nicht bestätigt und auch eine neue Studie des Max-Planck-Instituts weist in diese Richtung. „Sie sind kein Erfolgsrisiko für Unternehmen“ sagt Michael Schanz. Warum halten die Vorurteile sich dann so hartnäckig? Sie sind eine Folge des Personalabbaus und der Möglichkeiten zum Vorruhestand in den vergangenen Jahren. Damit fehlen heute vielen Unternehmen Erfahrungen mit älteren Beschäftigten. In einer wachsenden Zahl von Unternehmen hingegen werden Ältere längst wieder als Leistungsträger wahrgenommen, das sagen verschiedene Experten laut der VDE-Studie.
"Jugendwahn“ könne sich das Gros der Unternehmen in Zukunft schlicht nicht mehr leisten – anders als noch um die Jahrtausendwende, wo Frühverrentung sogar staatlich gefördert worden war.
Warum ist die Personalpolitik in den meisten Unternehmen aber immer noch nicht als „demographiefest“ zu bezeichnen? So werden Ältere zum Beispiel nicht in gleichem Maße wie jüngere weitergebildet: Zwischen 2002 und 2011 ist die Bereitschaft dazu aber laut IAB immerhin um 6 Prozent gestiegen.
Jeder vierte Betrieb hält seine Älteren inzwischen länger im Betrieb, 2007 waren es erst 16 Prozent. Dazu kommt die hohe Nachfrage nach Fachkräften, die geringen Möglichkeiten für Vorruheständler und die zunehmende Nachfrage nach Beratungsdienstleistung, die wie geschaffen ist für die Silver Workers.
Immerhin: Neueinstellungen von älteren Elektroingenieuren werden in Einzelfällen inzwischen vorgenommen, sofern hohe fachliche und methodische Kompetenz und spezifische Erfahrung vorhanden sind und die Persönlichkeit passe, meldet der VDE. „Im Vertrieb treten die Fachkenntnisse sogar hinter die persönliche Eignung und Marktkenntnisse zurück“, weiß Schanz. „Deshalb werden seit wenigen Jahren freigesetzte Ingenieure um 55 plus wieder durch Headhunter vermittelt und ältere Altersteilzeitler wieder zurückgeholt“.
In einem neuen Empfehlungspapier (im Anhang) gibt der VDE Tipps, wie Unternehmen ältere Elektroingenieure in ihre Personalpolitik einbeziehen können.